"Das ist das Schöne am Jazz: Man weiß nie genau, was einen erwartet."

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 15. Juli 2024

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Gäste eines Jazzkonzerts mit Eva Klesse & Friends im Park von Schloss Bellevue mit einer Ansprache begrüßt.

Der Bundespräsident hält eine Ansprache bei einem Jazzkonzert mit Eva Klesse & Friends.

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Wenn eine Veranstaltung so beginnt, dann ist der richtige Ton für den Abend bereits gesetzt: Vielen Dank, liebe Eva Klesse & Friends, für diesen wunderbaren Auftakt! Ich freue mich, Sie alle hier im Park von Schloss Bellevue begrüßen zu dürfen und bin gespannt, was Sie uns noch mitgebracht haben. Denn das ist ja das Schöne am Jazz: Man weiß nie genau, was einen erwartet. Jeder Abend, jedes Konzert ist anders. Aber, Sie wissen es natürlich, es gibt auch im Jazz ein paar Klassiker: die sogenannten Standards, von denen wir heute sicher noch einige hören werden.

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis: Auch im Repertoire eines Bundespräsidenten gibt es einige Standards, und dazu gehört zu meiner großen Freude auch der Jazz im Präsidentengarten. Bevor ich Ihnen nun gleich unsere Musikerinnen und Musiker auf der Bühne vorstellen darf, möchte ich noch einige ganz besondere Gäste begrüßen – im Wortsinne.

Unter uns sind nämlich einige, die mich als Sondergäste auf unterschiedlichsten Reisen in Länder rund um den Globus begleitet haben. Jede und jeder Einzelne von ihnen hat sozusagen zum Klangbild, zur Komposition dieser Reisen beigetragen. So wie Ihr Lied von der Nelke, liebe Etta Scollo, das uns in Sizilien Tränen in die Augen trieb; Ihre sehr athletischen und zugleich sehr witzigen Tanzeinlagen in Ottawa, lieber Eric Gauthier; Ihre wilden Sprachrhythmen auf der Prager Burg, lieber Jaroslav Rudiš; oder die tief bewegenden Filmszenen über das Leben Ihrer Familie unter den Roten Khmer in Kambodscha, liebe Marina Kem.

Über viele von Ihnen könnte ich eine Geschichte erzählen, über das, was wir gemeinsam erlebt haben. Über Ihre Kreativität und Expertise, über Ihre Leidenschaft für das, was wir gemeinsam auf der Welt entdecken durften: dank Dieter Kosslick und Sung-Hyung Cho die wilde Filmszene von Korea und Japan; dank Jörg Finkbeiner den Hochhaus-Holzbau in Schweden; dank Joachim Sartorius das nahe und doch fremde Zypern; dank Huong Trute die Köstlichkeiten der vietnamesischen Küche; dank Joe Chialo viele Besonderheiten und manche Eigenheit der tansanischen Gesellschaft. Ich freue mich schon jetzt auf die vielen Erinnerungen, in denen wir anschließend noch bei einem kühlen Getränk schwelgen können.

Ich begrüße Sie ebenso herzlich wie unsere Gäste aus der Kultur, aus der Politik, aus der Zivilgesellschaft, die mich hier in Deutschland immer wieder begleiten, beraten, mich mit ihren Projekten begeistern oder mit ihrer Kreativität ermutigen. Sie alle möchte ich ganz herzlich zu diesem besonderen Abend willkommen heißen!

Die Menschen und ihre unterschiedlichen Geschichten sind die Grundlage für alles Kreative, für alles, was neu entsteht. Erst sie machen das Arrangement einer Reise oder auch eines Abends wie diesem komplett.

Auf der Bühne begrüße ich nun eine, man kann sagen: alte Bekannte, die sich mit Standards bestens auskennt. Nicht nur mit denen im Jazz: Eva Klesse hat mich – ebenfalls als Sondergast – in meiner Zeit als Außenminister auf einer meiner Reisen nach New York begleitet. Wenn ich mich richtig erinnere, war das 2016, und Sie haben dort gemeinsam mit anderen Jazzern wie Till Brönner ein Konzert gegeben. 2022 waren Sie mit Ihren Drumsticks im Präsidentengarten; heute nehmen Sie aber nicht nur am Schlagzeug Platz, Sie werden uns auch durch den Abend führen. Eva Klesse ist mit gerade einmal 38 Jahren fast schon ein alter Hase in der Jazzszene. Mit ihrem 2013 gegründeten Quartett erhielt sie den Leipziger Jazznachwuchspreis, 2014 erschien ihr Debütalbum "Xenon", das mit dem Echo Jazz ausgezeichnet wurde. 2017 folgte der Westfalen-Jazz-Preis, 2021 der SWR-Jazzpreis. Wenig andere spielen so unaufdringlich, doch dabei so dynamisch Schlagzeug wie Eva Klesse, so fasste es der Deutschlandfunk einmal treffend zusammen. Davon werden wir uns gleich überzeugen – ich freue mich auf Eva Klesse.

Und Eva Klesse hat mitgebracht: Berivan Luzie Kernich. Sie studierte Jazzgesang und wirkte in unterschiedlichen Bands mit, war über mehrere Jahre als Backgroundsängerin in einer Tina-Turner-Tribute-Show unterwegs. Inzwischen widmet sie sich eigenen Musikprojekten und bietet Workshops für Songwriting und Gesang an. Schön, Sie gleich zu hören, Berivan Luzie Kernich.

Als nächstes begrüße ich Marc Muellbauer. Der deutsch-britische Jazzbassist war Mitglied des Ensembles für Neue Musik United Berlin. Er gehörte zur Begleitband von Klaus Hoffmann und führt aber auch eine Reihe von eigenen Ensembles. Seit diesem Sommer ist er Professor für Jazz-Kontrabass an der Musikhochschule Mainz, heute ist er bei uns: Herzlich willkommen, lieber Marc Muellbauer.

Ein herzliches Willkommen auch an Tino Derado. Er hat sich nicht nur dem Jazz verschrieben, sondern ist auch in der Latin-Szene erfolgreich. Aber nicht nur musikalisch pendelt er zwischen den Welten. Nach einem Studium in Boston und New York und insgesamt dreizehn Jahren in den USA ist er nach Deutschland zurückgekehrt und spielt seither in unterschiedlichen Formationen, unter anderem in der NDR-Bigband. Wir freuen uns, dass Sie heute hier sind, lieber Tino Derado.

Kommen wir nun zu einer weiteren Stimme dieses Abends: Cæcilie Norby. Ihr Jazz-Debüt wurde 1995 als dänisches Jazzalbum des Jahres ausgezeichnet. Auch deshalb gilt sie in Dänemark als die Grande Dame des Jazzgesangs. Wie schön, dass wir Sie heute bei uns begrüßen dürfen: Cæcilie Norby.

Geographisch bleiben wir in Skandinavien und begrüßen Hildegunn Øiseth an der Trompete. Sie ist wie viele unserer Gäste weit gereist, 2001 wechselte sie die Erdhälften sogar ganz und zog von Norwegen nach Südafrika. 2009 veröffentlichte sie ihr Debütalbum "Hildring" und spielte ganz "back to the roots" das traditionelle norwegische Bukkehorn, ein aus dem Gehörn einer Ziege gefertigtes Instrument. Wer sie noch nie gehört hat, hat etwas verpasst, schrieb eine Schweizer Tageszeitung über sie. Wir werden Sie heute garantiert nicht verpassen: Hildegunn Øiseth.

Und wir sehen noch einen weiteren Musiker auf der Bühne: Evgeny Ring am Saxophon. Der Deutschlandfunk nannte ihn einen Romantiker mit Bodenhaftung. 2007 gewann er den Russischen Jazzpreis, es folgten weitere deutsche und internationale Preise. Schön, dass Sie die Runde komplettieren: Evgeny Ring.

Sie sehen es: Unsere Jazzkonzerte sind auch immer eine kleine Reise um die Welt. Die Vielfalt ist der Standard – das gilt für den Jazz genauso wie für unsere Reisen.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Sommerabend, gute Unterhaltung und gute Unterhaltungen!