Staatstrauerakt zu Ehren von Krzysztof Penderecki

Schwerpunktthema: Rede

Krakau/Polen, , 29. März 2022

Bundespräsident Steinmeier hat beim Trauerstaatsakt für Krzysztof Penderecki in Krakau am 29. März seine Ansprache durch den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven, verlesen lassen: "Wenn wir heute auf Jahrzehnte deutsch-polnischer Aussöhnung und Freundschaft zurückblicken, dann können wir das dank des Engagements der Generationen vor uns. Wir gehen über die Brücke, die Frauen und Männer wie Krzysztof Penderecki zwischen unseren Völkern gebaut haben."

Ansprache von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Archiv)

Im Namen der Bundesrepublik Deutschland verneige ich mich vor dem großen polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki. Ich bin dankbar dafür, ihm die letzte Ehre erweisen zu dürfen – gemeinsam mit Ihnen allen, die Sie um ihn trauern.

Vielen in Deutschland geht der Verlust dieses großen Künstlers, der fließend unsere Sprache beherrschte, sehr nahe – so als wäre er einer von uns. Und in der Tat: Krzysztof Penderecki und sein Werk sind auf vielerlei Weise mit Deutschland verbunden.

Schon 1960 wurde er in Deutschland bekannt, als bei den Donaueschinger Musiktagen sein Stück Anaklasis aufgeführt wurde. So begann dort sein internationaler Ruhm. Und immer wieder kam er danach in unser Land, bekam Aufträge zum Komponieren oder Dirigieren. Schon in den sechziger Jahren, also mitten im Kalten Krieg, nahm er eine Dozentur an der berühmten Essener Folkwang-Hochschule wahr.

Seine Musik war beides – und das haben seine Zuhörerinnen und Zuhörer an ihr so geschätzt und schätzen es bis heute: Sie kam aus einem sehr reflektierten, von historischer Kenntnis und philosophischer Überzeugung durchdrungenen Kopf – aber sie kam eben genauso stark, genau so mächtig und hinreißend auch aus einem von Rhythmus, von Klang, ja, auch von Melodie erfüllten Herzen.

Als freier, als unerhört schöpferischer, als im besten Sinne unabhängiger Mensch wurde er zu einem wesentlichen Vermittler zwischen der Kulturnation Polen und der Kulturnation Deutschland. Gerade wenn wir erkennen, was uns eigen ist, was uns am anderen fremd und darum besonders erscheint, gerade dann merken wir, dass wir uns viel zu sagen haben.

Sehr geehrte Frau Penderecka, ich möchte mich auch bei Ihnen ganz persönlich für die Einladung zu dieser Feier bedanken. Sie haben mir geschrieben, dass auch Ihr Mann selber sich immer als Brückenbauer zwischen Deutschland und Polen verstanden hat. Vielleicht ist es Ihnen ein Trost, wenn wir heute feststellen können: Das zu sein ist ihm gelungen. Und die von ihm gebauten Brücken bleiben, über seinen Tod hinaus.

Wenn wir, lieber Andrzej Duda, heute auf Jahrzehnte deutsch-polnischer Aussöhnung und Freundschaft zurückblicken, dann können wir das dank des Engagements der Generationen vor uns. Wir gehen über die Brücke, die Frauen und Männer wie Krzysztof Penderecki zwischen unseren Völkern gebaut haben. Davor verneigen wir uns dankbar. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung, die Brücke zu erhalten und stärker zu machen. Gerade in Zeiten, in denen unser friedliches Zusammenleben in unserer unmittelbaren Nachbarschaft angegriffen wird.

Auch wir Deutsche haben dem großen polnischen Künstler Krzysztof Penderecki viel zu verdanken – und ich bin froh, heute diesen Dank zum Ausdruck bringen zu können.

HINWEIS:
Die Rede des Bundespräsidenten wurde in der St.-Peter-und-Paul-Kirche in Krakau vom Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven, verlesen.