"Die dürfen unsere Angst am Ende nicht bekommen"

Schwerpunktthema: Interview

25. August 2024

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich im ZDF-Sommerinterview unter anderem zum Anschlag in Solingen geäußert. Im Gespräch mit der Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios Diana Zimmermann sagte er: "Wir müssen uns vor solchen Angriffen schützen, vielleicht auch besser schützen, und dazu gehört auch, dass die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden. Das heißt auf der einen Seite Personal, das heißt bei terroristischer Gefahr aber auch möglicherweise Ausweitung der Befugnisse."

ZDF: Herr Bundespräsident!

Bundespräsident Steinmeier: Schönen guten Tag, Frau Zimmermann.

Willkommen zum ZDF-Sommerinterview, schön, dass Sie da sind.

Danke Ihnen sehr für die Einladung. Ich freue mich auf das Gespräch.

Ich mich auch. Wir müssen nachher über Solingen sprechen, das, was dort vorgestern geschehen ist. Aber erstmal möchte ich darüber reden, warum Sie überhaupt hier sind. Wir stehen hier am Kloster Jericho bei Stendal in Sachsen-Anhalt, und Sie beginnen heute Nachmittag Ihre zwölfte "Ortszeit" in Stendal. "Ortszeiten", das sind die Momente, an denen Sie Ihre Amtsgeschäfte ins Land verlegen und dort mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Das haben Sie schon elfmal gemacht. Was bekommen Sie da zu hören? Was ist das drängendste Problem der Deutschen?

Unterschiedliches, ganz Unterschiedliches – darüber werden wir sprechen. Aber ich freue mich zunächst mal auf diese zwölfte "Ortszeit". In der Tat in Stendal, einer schönen alten Hansestadt mitten in der Altmark, nahe an Magdeburg. Ich freue mich darauf und bin gespannt, was die Menschen zu erzählen haben, was sie sorgt, was sie möglicherweise auch freut. Aber nicht Stendal ist der eigentliche Grund für die Erfindung der "Ortszeit", sondern eine Feststellung, die schon mit Sorge getroffen worden ist: Meine Beobachtung jedenfalls war, dass der Ton in unserer Gesellschaft zunehmend unversöhnlicher wird, dass die Bereitschaft zu Kompromissen sinkt, dass damit natürlich auch die Distanz zwischen den Menschen und Politik wächst. Und deshalb habe ich gedacht, wir müssen uns wieder zu den Wurzeln der Politik bewegen. Das heißt: raus aus dem Amtszimmer, raus aus Berlin, hinein in die Region und das tun, was den Kern von Politik eigentlich ausmacht – zuhören, erklären und Botschaften mitnehmen. Und die sind ganz unterschiedlich. Nicht immer unterschiedlich zwischen Ost und West, aber es gibt auch da Unterschiede.

Da sind wir schon mittendrin in unseren Themen. Die Besorgnis, die Unsicherheit im Land, das alles wollen wir jetzt gleich im Klostergarten besprechen. Kommen Sie mit!

Dankeschön.

Herr Bundespräsident, Sie haben es eben angesprochen, die Bürger sind verunsichert. Seit vorgestern Abend gibt es einen neuen Anlass dazu. Drei Menschen wurden auf einem Bürgerfest in Solingen von einem Mann erstochen, fünf weitere sind schwer verletzt. Wir sprechen heute am Sonntagvormittag – der Ermittlungsstand ist der, dass ein 26-jähriger Syrer aus einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen als mutmaßlicher Täter festgenommen wurde. Sie und viele andere Politiker haben Betroffenheit geäußert und gefordert, der Mann müsse zur Rechenschaft gezogen werden – natürlich, das erwartet man ja auch von einem Rechtsstaat. Was aber muss jetzt sonst noch geschehen?

Wir sind jetzt 36 Stunden nach der Tat. Ich glaube, wir können noch nicht alle Antworten geben. Als mich die Nachricht vorgestern Abend erreichte, war ich tief erschüttert, und ich weiß, das sind die Menschen in unserem ganzen Land. Solingen steht unter Schock, und wir müssen leider sagen: erneut unter Schock: Es ist ein Jahr her, als ich gemeinsam mit dem Oberbürgermeister Kurzbach in Solingen war und an die Bluttat vor 30 Jahren, bei der fünf Menschen zum Opfer gefallen sind bei dem Brandanschlag, erinnert habe, wir gemeinsam gedacht haben mit der Familie – und heute erneut eine Bluttat in Solingen. Ich glaube, nach so kurzer Zeit nach der Tat müssen wir in der Tat zunächst einmal der Opfer gedenken, der Familien, die ihre Angehörigen verloren haben. Wir haben denjenigen zu danken, die geholfen haben, das sind die Rettungsdienste, das ist die Seelsorge, und wir müssen uns bedanken bei Polizei und der Staatsanwaltschaft, allen Sicherheitsbehörden, die dazu beigetragen haben, dass der vermutliche Täter so schnell gefasst worden ist. Und in der Tat, ich bleibe dabei, er muss jetzt auch die Härte des Gesetzes spüren.

Sie haben erst vor zwei Monaten ein weiteres Messeropfer betrauert und damals gesagt, wir dürften uns daran nicht gewöhnen. Jetzt sind wir zweieinhalb Monate später, damals war das der Polizist, der in Mannheim ermordet wurde, jetzt sind wir zweieinhalb Monate später und hören wieder ganz ähnliche Sätze von Ihnen und von anderen. Es klingt einfach sehr hilflos, gerade jetzt im Moment, wo ja viele Menschen sehr wütend und auch sehr ohnmächtig sich fühlen. Sind wir so hilflos?

Ich glaube nicht, dass wir hilflos sind. Und in der Tat, wir müssen uns vor solchen Angriffen schützen, vielleicht auch besser schützen, und dazu gehört auch, dass die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden. Das heißt auf der einen Seite Personal, das heißt bei terroristischer Gefahr aber auch möglicherweise Ausweitung der Befugnisse. Es gibt ein Gesetzgebungsvorhaben innerhalb der Bundesregierung, die Zuständigkeiten des BKA bei Terrorismusgefahr zu erweitern. Ich glaube, darüber wird man jetzt beschleunigt beraten müssen. Aber die ganze Wahrheit ist natürlich: Wenn wir eine offene Gesellschaft bleiben wollen, werden wir völligen Schutz nicht garantieren können, denn wir wollen uns ja auch nicht unser Leben diktieren lassen von denjenigen, die solche Bluttaten begehen. Und ich kann nur sagen, was der Oberbürgermeister gestern auch öffentlich gesagt hat: Wir haben unsere Traditionen, wir haben unsere Feiern, wir haben Gemeinschaftserlebnisse, die wir pflegen wollen, und die dürfen wir uns nicht nehmen lassen durch diejenigen, die absichtlich Angst und Terror innerhalb der Gesellschaft verbreiten. Die dürfen unsere Angst am Ende nicht bekommen.

Ja, das ist bei vielen Bürgern, glaube ich, zunehmend schwierig. Viele haben auch den Eindruck, dass unsere Welt Risse bekommen hat, brüchig geworden ist. Und besonders im Osten, das sehen wir ja momentan an den Umfragewerten für die Landtagswahlen heute in einer Woche in Sachsen und Thüringen, erwarten die Bürger andere Antworten, als die etablierten Parteien sie ihnen geben. Was haben Sie dem entgegenzusetzen?

Ich glaube, das, was ich mit dieser "Ortszeit" tue, zu der ich gleich aufbreche, die zwölfte – acht davon übrigens im Osten unseres Landes –, folgt ja schon der Feststellung, dass manches außer Verhältnis geraten ist. Wir leben in einer Zeit, in der so viel kommuniziert wird wie noch nie. Es gibt ein Dauerpalaver in den sozialen Medien, und trotzdem und gleichzeitig fühlen sich immer mehr Menschen entweder nicht gesehen, nicht gehört, mindestens nicht verstanden. Deshalb, glaube ich, reicht es nicht, was wir mit unseren konventionellen Mitteln der Politik machen. Es wird auch nicht genügen, dass wir noch einen Post als Politik mehr in die sozialen Medien geben, sondern, wie ich ganz am Anfang gesagt habe, wir müssen uns, glaube ich, wieder ein bisschen stärker auf die Wurzeln von Politik besinnen und dahin gehen, wo die Menschen ihre Sorgen haben und sie auch äußern wollen. Und dabei stelle ich jedenfalls fest, dass es ein Grundbedenken vor allen Dingen in den ländlichen Regionen gibt, dass die Agenda der Hauptstädte, der Landeshauptstädte, der Bundeshauptstadt nicht immer das erfasst, was vor Ort tatsächlich fehlt, was Ärger macht. Die langen Wege zur Schule, der Arzt, der fehlt, der Laden, das Geschäft, das gerade geschlossen hat, und die Kneipe, die es schon lange nicht mehr gibt, das sind die Dinge, die ich höre bei diesen "Ortszeiten", wenn ich unterwegs im Lande bin, und ganz besonders natürlich im Osten, wo die Infrastruktur eben entsprechend dünner ist. Gleichzeitig, wenn ich das noch sagen darf, gibt es natürlich schöne Erfahrungen, die ich im Osten auch mache. Es gibt wunderbar sanierte Innenstädte, es gibt im Raum Leipzig, es gibt im Raum Jena Investitionen in Wirtschaftsstrukturen, die zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen lassen. Es gibt eine Dichte an Kultureinrichtungen, Theater etwa, die geradezu begeisternd ist, und es gibt eine junge Generation ostdeutscher Schriftsteller, die einen ganz neuen, selbstbewussten Blick auf den Osten unseres Landes werfen und sagen: Wir dürfen uns auf keinen Fall selbst in eine Opferperspektive der ewig nicht Berücksichtigten, der Degradierten hineinreden.

Aber das geht ja ganz offensichtlich, also auch die sanierten Innenstädte, an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Die fühlen sich ja tatsächlich nicht richtig beachtet, nicht wertgeschätzt. Das sind ja tatsächlich fundamentale Probleme. Sie haben natürlich das mit der Infrastruktur angesprochen, aber wie ist es mit dem Thema Migration? Begegnet Ihnen das in Ost und West unterschiedlich? Wird das unterschiedlich diskutiert?

Ich glaube, wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass es den einen tragenden Grund gibt, warum Menschen im Osten, im Augenblick jedenfalls, nach den Umfragen ein etwas anderes Wahlverhalten zeigen als in den westlichen Regionen unseres Landes. Steffen Mau, der Soziologe, der seit Jahren über Ostdeutschland forscht, hat vor Kurzem eine neue Studie, ein neues Buch veröffentlicht, und das Interessante ist ja, dass er sagt, es sind oft nicht die ökonomischen Unterschiede – weil, natürlich gibt es etwa 15 Prozent im Durchschnitt geringere Löhne im Osten. Natürlich gibt es weniger Vermögen, das die Menschen im Osten aufbauen konnten und damit vererben konnten, an die Kinder weiterreichen können. Aber gleichzeitig sagen bei denselben Befragungen die Menschen, wenn sie gefragt werden, wie es ihnen geht, dann sagen sie: Mir persönlich geht es eigentlich ganz gut oder sogar sehr gut. Und dahinter steckt ja etwas anderes: Es sind nicht die ökonomischen Unterschiede im Kern – die auch – , es ist die mangelnde Repräsentanz in Führungspositionen; und es sind natürlich Prägungen in den Biografien, die auch entstanden sind in der Nachwendezeit mit der Entwertung von Qualifikationen, mit der Erfahrung von Arbeitslosigkeit, Qualifizierungsmaßnahmen, wieder Arbeitslosigkeit. Das wird in den Familien auch noch weitergereicht, erzeugt Unzufriedenheit und ist mindestens ein kleiner Teil der Begründung für das Wahlverhalten einiger.

Und das Parteiensystem ist dort nicht besonders fest etabliert. Sie haben es angesprochen: Es gibt natürlich sehr viele Gründe, warum unsere Welt so brüchig geworden ist und die Gesellschaft sehr stark polarisiert ist. Wir sind verschiedenen Anfeindungen ausgesetzt als Demokratie. Dazu gehört der Druck von Islamisten, der wachsende Druck von rechts außen. Wir haben den Krieg in der Ukraine und Druck und auch Cyberaktivitäten aus Russland. Wir haben China als Systemkonkurrenz. Sehen Sie unsere Demokratie in Gefahr? Ich weiß, Sie haben ein Buch veröffentlicht, in dem Sie sich sehr optimistisch über das Wir äußern, das demokratische Wir. Aber ist es nicht vielleicht ein bisschen viel?

Wissen Sie, ich bin immer dagegen, dass wir einzelne Wahlen, wie jetzt die Landtagswahlen, die vor uns liegen, zu Schicksalswahlen hocherklären. Aber es ist völlig richtig, wie Sie sagen: Wir leben in einer Zeit der Bewährungsprobe für die Demokratie, und nicht nur in Deutschland, sondern vielleicht in allen westlichen Demokratien. Wir können aber auch lernen daraus, wie Auseinandersetzungen in einer Demokratie geführt werden müssen. Wenn sie so geführt werden wie gegenwärtig und in den zurückliegenden Monaten in den USA, dann hätte ich schlimmste Befürchtungen.

Aber auf dem Weg dahin sind wir ja ein bisschen, nicht?

Deshalb sollten wir eben genauer hinschauen, was der Grund für die Entfremdung von Menschen von der Politik ist und mit welchen Mitteln dagegen gearbeitet wird. Wenn, und da nimmt ja ein Teil der deutschen Parteienlandschaft Anleihe an Trump, wenn es sozusagen der ständige Kampf von morgens bis abends gegen das Establishment ist, dann sollten wir uns nicht täuschen lassen: Das sind nicht ein paar Millionäre, um die es da geht, sondern gekämpft wird gegen diejenigen, die für das von manchen verhasste System stehen – das ist Politik, das sind politische Institutionen, das sind Gewerkschaften, das sind Parteien, das ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, das sind freie Medien. Das sind ja nicht Angebote, die dieses Land jeden Tag ein Stück besser machen wollen, sondern die ein anderes Land wollen. Und deshalb sage ich noch mal sehr betont: Wer die Grundfesten unserer Demokratie angreift, in dessen Hände darf Macht nicht gelangen.

Das passt sehr gut zu meiner nächsten Frage: Laut einer vergangene Woche von Allensbach veröffentlichten Studie wünschen sich mehr als die Hälfte der Bundesbürger einen starken Politiker an der Spitze, keine endlosen Debatten und Kompromisse. Was sagt Ihnen das?

Das ist ein Grund, weshalb ich unterwegs bin, weil, darin steckt natürlich ein Widerspruch, den Politik gar nicht auflösen kann. Wir sind eine Gesellschaft mit 83 Millionen Menschen. Es ist völlig selbstverständlich, dass wir nicht alle das gleiche Interesse haben, dass wir unterschiedliche Interessen haben und manchmal sogar gegensätzliche. Wo anders als in der Demokratie sollen denn solche Interessenunterschiede ausgeglichen werden? Wo anders als in der Demokratie können Kompromisse gefunden werden, in denen auch Minderheiten zu ihrem Recht kommen? Und das sind manchmal etwas schwerfällige Prozesse, aber sie garantieren eines: dass nicht ganze gesellschaftliche Teile völlig ausgegrenzt werden. Und deshalb plädiere ich dafür, den Weg der Demokratie nicht nur beizubehalten, sondern appelliere auch an die Menschen, sich zu erinnern, was unsere Demokratie geprägt, stabil und widerstandsfähig gemacht hat in diesen letzten Jahrzehnten. Das ist nicht wenig, was da von manchen in Frage gestellt wird, und Gott sei Dank ist die Mehrheit, mit Verlaub, die Mehrheit ist sich bewusst, dass es da etwas zu verteidigen gilt.

Aber sie wird kleiner. Sie haben es gesagt, die Demokratie lebt von Kompromissen. An der Spitze unserer Demokratie steht eine Regierung, die zwar mit viel Mühe zuweilen Kompromisse findet, sie aber dann selten beibehält. Finden Sie, dass es zu Ihrer Jobbeschreibung gehört, dass Sie da mal eingreifen? Denen mal sagen: im Namen unserer Demokratie, des Ansehens unserer Demokratie, Herr Scholz, Herr Habeck, Herr Lindner, bitte, findet Kompromisse und bleibt dabei, als Vorbilder.

Naja, das klingt ja so, als würde der Bundespräsident sich darum nicht kümmern. Selbstverständlich rede ich mit den Beteiligten. Und manchmal, wenn es notwendig ist, sage ich ein öffentliches Wort – zu dem Thema Ukraine-Hilfen ganz zuletzt, das ist ja auch bemerkt worden –, und mein Eindruck ist ja der, dass auch in der Beurteilung der drei Parteien, die die Regierung gegenwärtig stellen, sehr bewusst ist, dass die Uneinigkeit und das öffentliche Gezerre ihnen jedenfalls nicht hilft.

Es hilft nicht nur ihnen …

Es hilft nicht nur ihnen nicht, es hilft dem ganzen Land nicht. Ich sage deshalb, diese Selbstzerknirschtheit, die dann manchmal auch zu sehen ist bei den Beteiligten, das hilft nicht. Weil: Wer sich um Verantwortung bewirbt, der wird am Ende daran gemessen werden, ob er dieser Verantwortung gerecht wird durch seine Taten. Und deshalb ist das, was ich zuletzt in einem Sommerinterview gehört habe von einer "Übergangsregierung" natürlich nicht nur der falsche Begriff, sondern es geht völlig an der Erwartung der Menschen vorbei. Weil die Lage, wie Sie sagen, objektiv …

Ja, der Kanzler hat gesagt, die Verhandlungen in der Ampel seien wie auf dem Schlachtfeld …

Ja, lassen Sie mich den Satz noch sagen, das ist auch das Ende meiner Antwort dazu: Wenn die Lage objektiv schlecht ist, dann erwarten doch die Menschen, dass alles getan wird in der zur Verfügung stehenden Zeit, um sie zu verbessern. Wenn man aber jetzt mit dem Begriff der "Übergangsregierung" signalisiert, wir sind eigentlich schon in der Auslaufstrecke, dann verfehlt man genau diese Erwartung. Und deshalb glaube ich, das, was da jetzt geschehen ist in der letzten Woche mit Spekulationen über neue Konstellationen nach der Bundesregierung, das sollte man tunlichst unterlassen. Anpacken statt spekulieren, und zurück an die Werkbank.

Der CSU-Vorsitzende Martin Huber hat von Ihnen gefordert, in die Ampel-Streitigkeiten einzugreifen als Vermittler. Und wenn das nicht funktioniert, hat er gesagt, wenn auch der Bundespräsident diesen Streit nicht lösen kann, dann ist es auch die Aufgabe des Bundespräsidenten, dem Kanzler klarzumachen: Die Ampel ist am Ende, so kann es nicht weitergehen. Haben Sie das schon mal versucht, so ähnlich angegangen?

Ich rede mit den Beteiligten, und immer wieder. Ansonsten: Was die Befugnisse des Bundespräsidenten angeht, so sind die in der Verfassung geregelt, und ein Blick hinein sagt sehr genau etwas über die Möglichkeiten und Grenzen.

Sie haben den Wahltermin für die Bundestagswahlen 2025 auf den 28. September festgelegt. Glauben Sie, dass die Regierung so lange stehen wird?

Das kann ich nicht beurteilen. Das zu entscheiden liegt auch nicht in meiner Macht. Wir haben jetzt einen Sommer mit vielen Debatten, mit kritischer Würdigung der Haltung der Bundesregierung in entscheidenden Fragen, Nichteinigkeit in der für die Deutschen nun mal so entscheidenden Haushaltsfrage. Ich kann nur hoffen, dass man gemäß meinem Aufruf "zurück an die Werkbank!" daraus die richtigen Schlüsse zieht, sich zusammenrauft. Und bei der Debattenlage, die wir haben, die Sie kurz gekennzeichnet haben mit Ukraine, Russland, mit dem Nahen Osten, mit bevorstehenden Wahlen in den USA, die uns ja je nach Ausgang intensiv berühren werden, dass wir da zurückkommen zu einer regelmäßigen und von der Öffentlichkeit auch wertgeschätzten Arbeit.

Herzlichen Dank, Herr Bundespräsident, für das Gespräch.

Das Gespräch führte: Diana Zimmermann