Interview mit dem tschechischen Fernsehsender Česká televize

Schwerpunktthema: Interview

8. September 2023

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem tschechischen Fernsehsender Česká televize ein Interview gegeben, das am 8. September in Tschechien ausgestrahlt wurde: "Gute Politik ist das, was nötig ist, um Populisten das Heft des Handelns aus der Hand zu nehmen. Das ist kein kurzer Weg, sondern dem werden wir uns in den nächsten Jahren auf allen Ebenen deutlicher, stärker und hoffentlich auch erfolgreicher widmen müssen."


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem tschechischen Fernsehsender Česká televize ein Interview gegeben, das am 8. September in Tschechien ausgestrahlt wurde:

Herr Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. Herzlich willkommen im Tschechischen Fernsehen.

Herzlich willkommen, Herr Polák. Ich freue mich, dass Sie da sind. 

Sie waren 2021 zu Besuch in Prag, und damals haben Sie gesagt, die deutsch-tschechischen Beziehungen, ich würde Sie jetzt zitieren, "könnten kaum besser sein". Und dieses Jahr im März hier in Berlin, hier im Schloss Bellevue, haben Sie neben dem tschechischen Staatspräsidenten gesagt: "Die Beziehungen sind so gut wie nie zuvor." Das sind alles Superlative. Was mich interessiert: Ist das nur diplomatische Höflichkeit?

Nein, ich meine es so, wie ich es sage, und das kann vielleicht eine ältere Generation, der ich angehöre, eher beurteilen als die Jüngeren. Meine Generation hat erlebt, von welchem Stand sich die deutsch-tschechischen Beziehungen entwickelt haben. Und ich kann nur sagen: Mit Blick auf die letzten 25 Jahre hat sich nicht nur viel getan, sondern fast alles in unseren bilateralen Beziehungen zum Besseren gewendet. Wir profitieren davon heute. Und wir haben die Aufgabe, meine Generation hat die Aufgabe, dieses an die nächsten Generationen weiterzutragen.

Und warum ist es so? Warum sind die Beziehungen so gut? Was sind die Gründe? Und warum sind die Beziehungen zum Beispiel zu Polen angespannter als zu Tschechien?

Ich glaube, wir müssen etwas zurückgehen in die Geschichte, 25 Jahre zurück, und uns erinnern an den Mut, den damals viele gehabt haben, die Deutsch-Tschechische Erklärung auf den Weg zu bringen. Denn so wie mit anderen Nachbarn, hat das 20. Jahrhundert ja viele Wunden in den Beziehungen zwischen Deutschland und seinen Nachbarn hinterlassen. Vor allem natürlich aufgrund des Terrors, der von Nazideutschland ausgegangen ist: Besatzung, Verfolgung, Ermordung von Menschen. Der Krieg, der war präsent in allen Nachkriegsgenerationen und hat es schwer gemacht, einen wirklichen Neuanfang in den Beziehungen gerade mit Deutschland zu finden. Und ich spreche von Mut deshalb, weil 1997 bei der Verabredung der Deutsch-Tschechischen Erklärung haben beide Seiten den Willen gehabt, die Vergangenheit nicht zu vergessen, aber eben im Wissen um die Vergangenheit gemeinsam den Blick nach vorn zu richten. Das war damals ein mutiger Schritt, und er war die Voraussetzung dafür, dass in den Folgejahren nicht nur Versöhnung und Annäherung möglich waren, sondern dass dann mit dem Zukunftsfonds auch viele zwischengesellschaftliche Projekte, Initiativen unterstützt werden konnten, die heute das deutsch-tschechische Verhältnis so gut machen, wie ich es beschrieben habe.

Sie haben die Deutsch-Tschechische Erklärung erwähnt: Man wollte programmatisch die Zukunft nicht mit Schuldzuweisungen und mit der grausamen Vergangenheit belasten. Ist die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Ihrer Meinung abgeschlossen?

Das war nicht der Willen derer, die die Deutsch-Tschechische Erklärung damals ausformuliert und unterschrieben haben. Sondern der gemeinsame Wunsch war, dass die tägliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien durch die vorhandenen politischen und rechtlichen Fragen nicht belastet werden sollte. Und wenn man auf die letzten Jahre und Jahrzehnte zurückschaut: Es hat ja in der deutsch-tschechischen Historikerkommission, es hat im Zukunftsfonds, es hat im deutsch-tschechischen Gesprächsforum immer wieder Gespräche über die Vergangenheit gegeben. Insofern sollte die Vergangenheit nicht ausgeschlossen werden. Aber sie sollte der gemeinsamen Zukunft nicht im Wege stehen. Darum, sage ich, war das mutig, 1997 so zu entscheiden und Formate und Instrumente auf den Weg zu bringen, mit denen man sich dieser gemeinsamen Zukunft zuwenden konnte. Und wir wollen nicht kleinreden, was in der Öffentlichkeit vielleicht gar nicht so bekannt ist: Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat unglaublich viel getan, um Menschen zusammenzubringen. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ist ein wirklicher Brückenbauer geworden, mit Hunderten von Projekten, die angestoßen worden sind. Und Projekte heißt ja nichts anderes, als immer wieder Räume zu schaffen, in denen sich Menschen von beiden Seiten der Grenze begegnen können, sich austauschen können. Verständnis füreinander zu entwickeln, darum geht es beim Zukunftsfonds. Und ich bin mir ganz sicher, da ich selbst einige Male dabei gewesen bin, ich bin mir ganz sicher, dass das zur Qualität der deutsch-tschechischen Beziehungen, die wir heute haben, wesentlich beigetragen hat.

Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds feiert 25-jähriges Bestehen. Ist dieser Fonds noch zukunftsfähig? Sollte seine Arbeit fortgesetzt werden?

Zunächst einmal freue ich mich, dass wir nicht nur auf 25 Jahre Zukunftsfonds zurückschauen, sondern dass wir das feiern können. Ich freue mich wirklich, dass ein Land, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, dass Tschechien in diesem Jahr unser Partnerland beim Bürgerfest des Bundespräsidenten hier mitten in Berlin im Park des Schloss Bellevue ist. Und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ist ja nicht nur einfach da, sondern er hat dieses Bürgerfest des deutschen Bundespräsidenten mitgestaltet. Und mitgestaltet hat er es insofern, als wir an vielen Ständen den Gästen aus Deutschland, aus der europäischen Nachbarschaft, die Möglichkeit geben, die ganze Vielfalt der deutsch-tschechischen Beziehungen von heute zu besichtigen – in vielen Projekten und Initiativen, die dort ausgestellt werden. Und ich fand, es passt besonders gut in diesem Jahr, weil wir in diesem Jahr das Bürgerfest-Motto haben "Im Wir verbunden". Das ist mein Wunsch für den Zusammenhalt in der deutschen Gesellschaft. Aber das ist eben auch ein Motto, das man über die deutsch-tschechischen Beziehungen stellen kann. Und wie nah wir uns sind, das lässt sich ja auch daran ablesen, dass der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds es geschafft hat, einen Sonderzug auf die Reise zu schicken mit wahrscheinlich 300 Gästen.

Deutschland wird von seinen Nachbarn, auch von Tschechien, als eine dominante europäische Macht gesehen. Sehen Sie Ihr Land auch so?

Ich bin ja nicht schon jahrzehntelang Bundespräsident, sondern habe in anderen Funktionen für die deutsche Bundesregierung gearbeitet, in vielen Jahren als Außenminister, habe unzählige Europäische Räte mitgestalten dürfen. Und deshalb weiß ich, dass die Größe eines Landes oft nicht allein bestimmend ist für den Einfluss. Das, was Europa ja wirklich auszeichnet, dass jedes Land, ob groß oder klein, ob starke Wirtschaft oder eher schwächere Wirtschaft – jedes Land hat dieselbe Stimme in den Europäischen Räten, ich habe das immer wieder erfahren. Insofern, dominant würde ich so gar nicht bestätigen. Natürlich ist die deutsche Wirtschaft eine der großen europäischen Volkswirtschaften. Aber wenn es darum geht, diese Zukunft in Europa gemeinsam zu gestalten, das Maß an Integration, das wir erreicht haben, an nächste Generationen weiterzureichen, dann hat jedes Land dieselbe Stimme. Und eigentlich sollten wir doch froh darüber sein, dass bei den großen europäischen Entscheidungen, wo wir natürlich auch immer wieder miteinander ringen – was ist der richtige Weg, was ist der nächste richtige Schritt? – eigentlich nach meiner Erfahrung zwischen Deutschland und Tschechien immer gut im Sinne einer gemeinsamen europäischen Zukunft miteinander gearbeitet haben.

Vor fast zehn Jahren, damals als Außenminister, haben Sie gefordert, Deutschland müsse mehr Verantwortung international übernehmen. Ist das geschehen oder fehlt es Deutschland immer noch an Selbstbewusstsein auf der internationalen Bühne?

Zehn Jahre sind jetzt mit Blick auf die Ereignisse, die gerade hinter uns liegen oder in denen wir uns mittendrin befinden, eine lange Zeit. Die Forderung bleibt, glaube ich, richtig, dass Deutschland sich seiner Verantwortung als großer Staat mitten in Europa bewusst sein muss. Aber mit Blick auf zum Beispiel den Krieg Russlands gegen die Ukraine hat sich das Maß und der Inhalt der Verantwortung natürlich konkretisiert. Sie verfolgen in Tschechien ganz sicher die Diskussionen, die es in Deutschland gegeben hat. Es hat nicht nur eine Bezeichnung des Bundeskanzlers für die Veränderung gegeben in Gestalt des Begriffs der Zeitenwende, sondern dahinter stehen ja konkrete Entscheidungen. Es ist eben nicht nur politische und finanzielle Unterstützung, die Deutschland jetzt gegenüber der Ukraine leistet, sondern als Folge dieser Entscheidungen ist Deutschland inzwischen auch der zweitgrößte militärische Unterstützer der Ukraine, weil wir wissen, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf. Deshalb stehen wir solidarisch an der Seite der Ukraine mit den Konsequenzen, die ich eben in den Entscheidungen beschrieben habe.

Die deutsche Russlandpolitik und vor allem auch die Ostseepipelines haben immer wieder in Mittel- und Osteuropa für Unmut gesorgt. Sie selbst haben nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine Fehler eingeräumt. Hätte Deutschland mehr auf seine östlichen EU-Nachbarn hören sollen, die vor Russland gewarnt haben?

Ja. Und wenn ich mich selbst prüfe, so bin ich, glaube ich, auch in meinen Jahren als Außenminister in keiner Region so oft unterwegs gewesen wie gerade in den baltischen Staaten und in anderen Teilen Europas, ich habe mehrere Male auch mit den Visegrád-Staaten zusammengesessen, wir haben uns immer wieder ausgetauscht. Fakt ist allerdings: Der Versuch, den Deutschland betrieben und verantwortet hat, den auch viele andere versucht haben und unterstützt haben, Russland einzubinden in eine europäische Sicherheitsordnung, dieser Versuch ist gescheitert mit der militärischen Invasion Russlands in die Ukraine. Insofern ist neues Denken nicht nur gefragt, sondern dringend vonnöten. Das findet statt, und deshalb kommt es jetzt darauf an, die Ukraine in ihrem Kampf um Souveränität, Unabhängigkeit, territoriale Integrität zu unterstützen, so gut wir das können und so dauerhaft wir das können. Wir dürfen ja nicht vergessen: Putin setzt darauf, dass die westlichen Staaten in ihrer Unterstützungsbereitschaft möglicherweise schwächer werden. Vielleicht setzt er sogar darauf, dass der Westen gespalten wird in seiner Haltung gegenüber der Ukraine und gegenüber diesem Krieg. Das ist ihm nicht gelungen, und wir sollten es dabei belassen.

Und würden Sie dann Ihren früheren Ansatz, den Sie auch erwähnt haben, Russland in ein europäisches Haus zu integrieren, ändern oder neu definieren?

Der Begriff, wie Sie wissen, ist ja kein in Deutschland erfundener, sondern Gorbatschow hat geworben, an dem Bau des Europäischen Hauses mitzuwirken. Und wenn Sie sich an die neunziger Jahre erinnern, waren viele bereit, das zu tun. Dieses europäische Haus ist nie über einige Grundmauern hinausgekommen. Es ist nie entstanden, erst recht kein Dach drauf gekommen, sondern dieses europäische Haus existiert nicht. Insofern konzentrieren wir uns jetzt darauf, sicherzustellen, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt, dass aus seinen militärischen, brutalen Übergriffen, täglichen Übergriffen in der Ukraine, dass Russland nicht belohnt wird dafür.

Und wie sehen Sie die Ukraine heute? Sehen Sie ein baldiges EU-Mitglied?

Die Ukraine ist auf dem Weg in Richtung der Europäischen Union. Sie wissen aus den letzten Europäischen Räten, dass es Übereinstimmung darüber gibt, diesen Weg für die Ukraine zu bereiten, möglichst Hindernisse aus dem Weg zu schaffen. Ich bin jetzt nicht in der Lage, Ihnen zu sagen, wie schnell das geht, aber ich sehe unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union große Bereitschaft für die Aufnahme.

Ich würde gerne wieder zurück zu Deutschland kommen. Was ist mit Deutschland seit dem russischen Angriff auf die Ukraine eigentlich passiert? Wir sehen Doktrinen gebrochen, schwere Waffen in Kriegsgebiete geliefert, die Wirtschaft gedämpft. Wie geht Ihr Land mit der Zeitenwende – der Begriff von Bundeskanzler Scholz – eigentlich um?

Na ja, Sie beobachten das: Die Diskussionen sind lebendig, manchmal aggressiv. Es hat um jede militärische Unterstützung ausweitende, manchmal auch schwierige Diskussionen in Deutschland, in der deutschen Öffentlichkeit gegeben. Nicht nur in der Medienöffentlichkeit; wir wollen nicht vergessen, ich stelle das bei meinen Reisen im ganzen Land immer wieder fest, dass auch fernab der Hauptstadt gestritten wird, wie viel gerade militärische Unterstützung mit Waffen notwendig ist, wie viel möglich ist. Aber die entscheidende Aussage, die ich Ihnen mit auf den Weg geben will: In den Entscheidungen, über die politisch gerungen worden ist, ist am Ende auch nach öffentlichen Diskussionen eine Entscheidung immer zugunsten der Unterstützung der Ukraine ausgefallen. Insofern: Es hat sich etwas verändert in diesem Lande. Es sind Entscheidungen getroffen worden, die wir alle, auch viele in Deutschland, vielleicht vor zehn Jahren, vor fünf Jahren, manche vielleicht noch vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten hätten.

Ist die deutsche Öffentlichkeit mit dieser Zeitenwende überfordert?

Wir haben eine Überforderungssituation. Die hängt aber nach meiner Ansicht nicht nur mit der Zeitenwende, über die wir gerade gesprochen haben, nach dem Februar 2022 zusammen. Wir müssen, glaube ich, ein bisschen länger zurückschauen, um wenigstens nachzuvollziehen, was in manchen europäischen Gesellschaften, auch in Deutschland, stattgefunden hat. Wir kommen aus den letzten zwanzig Jahren auch aus einer krisengeprägten Situation heraus. Wenn ich an Deutschland denke, so hat das Jahrtausend begonnen mit einem Zustand der deutschen Volkswirtschaft von fast 6 Millionen Arbeitslosen. Das ist zwar inzwischen vergessen, aber wir haben 2008/2009 eine große weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise gehabt. Wir haben die Eurokrise, wir haben die Debatten über Migration der Jahre 2016/2017 gehabt. Die Debatte war noch nicht beendet, da haben wir über die Pandemie und Maßnahmen gegen die Pandemie gesprochen. Und dann kam der Krieg 2022. Wir haben überlappende Krisen in einer großen Vielzahl und in einer großen Schärfe gehabt. Das führt zu einer Situation – Sie haben gesagt: Überforderung –, das ist eine Gesellschaft im Stress, vor der wir stehen, und vermutlich nicht nur in Deutschland. Das verlangt der Politik viel ab. Und davon sind auch die öffentlichen Debatten bei uns geprägt. Ich bin selbst viel unterwegs, um im Land immer wieder zu hören: Wie wird Politik verstanden? Wo gibt es besonders starke Gegenbewegung? Insbesondere war ich unterwegs, um zu hören: Wie gehen die Deutschen mit den Unterstützungsleistungen gegenüber der Ukraine, wie mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine um? Da gibt es viel zu erklären, viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Und dieser Überzeugungsarbeit muss sich Politik stellen. Ich tue es jedenfalls auch.

Sind die Dauerkrisen der Grund, warum die Rechtspopulisten in Deutschland an Zuspruch gewinnen?

Na ja, das ist jetzt keine deutsche Weisheit, die ich Ihnen sage, aber: Wenn sich die Menschen Sorgen machen, dann frohlocken die Nationalisten oder Populisten. Nicht weil sie Lösungen anzubieten hätten, sondern weil sie hoffen, von den Sorgen und den noch offenen Fragen zu profitieren. Worauf es jetzt ankommt, ist, dass wir den Verächtern der Demokratie wirklich etwas entgegenhalten und vor allen Dingen aufzeigen, dass dort eher Steine statt Brot gegeben werden, will sagen, keine wirklichen Lösungen angeboten werden. Und wenn wir, da wir eben über Krisen gesprochen haben, ein bisschen zurückschauen, so ist doch aus meiner Sicht jedenfalls eines auffällig: Wenn es Befreiung aus solchen Krisenerscheinungen gegeben hat, wenn Krisen überwunden werden konnten, dann ist das vor allen Dingen in der Zusammenarbeit der Demokratien gelungen. Ich kenne kein Beispiel, in dem autoritäre Systeme in vergleichbarer Art und Weise Krisenmanagement und Krisenbewältigung erfolgreich hinter sich gebracht hätten. Insofern: Wir müssen da auch als Demokraten selbstbewusster auftreten. Und wir sollten vor allen Dingen die Zusammenarbeit der Demokraten in Europa hochhalten und, wo immer möglich, stärken.

Laut Umfragen ist derzeit die zweitstärkste politische Kraft in Deutschland die AfD. Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft der Demokratie in Deutschland?

Ich mache mir Sorgen über die Polarisierung der Gesellschaft. Keine rein deutsche Erscheinung, wie wir wissen. Wir haben lange Zeit als Europäer mit vielleicht etwas Überheblichkeit auf die Entwicklungen in der amerikanischen Gesellschaft geschaut. Inzwischen haben wir in einigen europäischen Ländern erleben können, dass auch liberale Demokratien in Europa davon geprägt und geplagt waren. Eine Erscheinung, die wir inzwischen auch in Deutschland haben. Gute Politik ist das, was nötig ist, um Populisten das Heft des Handelns aus der Hand zu nehmen. Das ist kein kurzer Weg, sondern dem werden wir uns in den nächsten Jahren auf allen Ebenen deutlicher, stärker und hoffentlich auch erfolgreicher widmen müssen.

Sie sehen die Gefahr, aber haben keine Angst?

Ich habe keine Angst, was die Stabilität der deutschen Demokratie angeht. Ich bin auch sicher, dass Umfragesituationen ernstgenommen werden müssen. Aber sie sind ja kein Schicksal und kein Urteil der Geschichte, sondern sie sind ein Hinweis darauf, dass etwas zu tun ist.

Herr Bundespräsident, vielen Dank für das Gespräch.

Ich danke Ihnen!


Die Fragen stellte: Pavel Polák