Interview mit der BILD Zeitung

Schwerpunktthema: Interview

20. Dezember 2014

Daniela Schadt hat der BILD Zeitung ein Interview gegeben, das am 20. Dezember erschienen ist. Darin heißt es zum Thema Flüchtlinge: "Deutschland tut schon eine ganze Menge. Das muss man auch mal anerkennend feststellen. Aber ich möchte unseren Mitbürgern gerne noch näher bringen, dass die Menschen ihre Heimat nicht freiwillig verlassen, sondern auf der Flucht vor Gewalt, Krieg und Tod sind."

Daniela Schadt bei einer Ansprache (Archivbild)

Daniela Schadt hat der BILD Zeitung ein Interview gegeben, das am 20. Dezember erschienen ist.

Sie sind Schirmherrin von UNICEF, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und des Müttergenesungswerks. Gibt es ein Erlebnis, das sich Ihnen dabei besonders eingebrannt hat?

Als Schirmherrin von UNICEF bin ich zum ersten Mal in ein Flüchtlingscamp und zwar in der Wüste Jordaniens gereist. Das war ein sehr prägendes Erlebnis. Dort hat mir ein Mädchen erzählt, wie schön es wäre, wenn sie in ihrem Container nachts Strom hätten. Warum? Dieses Mädchen ist zuckerkrank und muss sich nachts selber im Stockdunkeln eine Insulinspritze setzen.

Müssten wir, Deutschland, da mehr tun?

Deutschland tut schon eine ganze Menge. Das muss man auch mal anerkennend feststellen. Aber ich möchte unseren Mitbürgern gerne noch näher bringen, dass die Menschen ihre Heimat nicht freiwillig verlassen, sondern auf der Flucht vor Gewalt, Krieg und Tod sind. Versuchen Sie sich vorzustellen, was es heißt, um das Leben der eigenen Kinder zu retten, den Heimatort, den Beruf, Freunde und Familie zu verlassen und sich plötzlich in einem Zelt oder Container in der jordanischen Wüste wiederzufinden. Die Heimatstädte in Syrien werden zerstört und ganz viele geliebte Menschen kommen zu Tode.

Als First Lady besuchen Sie Flüchtlinge und haben abends ein prunkvolles Staatsbankett, wie schaffen Sie diese emotionale Spanne?

Ja, das ist manchmal ein ziemlicher Spagat. Wie zum Beispiel nach einem Termin bei einem Projekt für Straßenkinder in Bangalore in Indien. Ein Verantwortlicher erzählte mir, wie einige der Kinder, die allein auf dem Bahnhof der Stadt ankommen, dort weggefangen werden. Sie werden dann teilweise in die Prostitution gezwungen oder als Arbeitssklaven missbraucht. Das ist erschütternd. Ich musste mich erst einmal hinsetzen und tief durchatmen. Der sehr starke Kontrast kann einen an die eigenen Grenzen bringen, auch wenn es natürlich nichts im Vergleich zum schlimmen Schicksal der Betroffenen ist. Manche Eindrücke halten sehr lange an und wirken noch lange nach.

Auch zu Hause in Deutschland?

Ja, wenn man zum Beispiel mit der Familie vorm Adventskranz sitzt, die dritte Kerze wird angezündet. In solchen Situationen denke ich dann schon manchmal – was machen diese Kinder in Bangalore in diesem Moment oder wie geht es den Menschen in den Flüchtlingsheimen jetzt.

Sie waren lange Journalistin. Vermissen Sie das eigentlich?

Ja, klar. Immer mal wieder und dann vor allem meine Kollegen. Meistens habe ich aber gar nicht so furchtbar viel Zeit, um es zu vermissen. Das Schöne ist jetzt, dass ich mich auf verschiedene Dinge anders einlassen kann. Als Journalistin war ich bei vielen Veranstaltungen als Beobachterin dabei und sortierte schon während der Veranstaltung gedanklich, welche Inhalte ich für meinen späteren Artikel verwenden konnte. Jetzt kann ich in Gespräche ganz anders reingehen. Ich kann mich so besser auf die Menschen einlassen. Das ist schön.

Wie begegnen Ihnen die Kollegen von einst, wenn Sie die mal wiedersehen?

Vor einiger Zeit hatten wir einen Termin in der Nähe von Nürnberg und da musste ich natürlich unbedingt in meiner alten Redaktion vorbeischauen. Das ist dann ein großes Johei und Hallo und man umarmt sich. Am liebsten hätte ich mir das Agenturmaterial geschnappt, wäre an den Computer gegangen und hätte gearbeitet. Da bin ich immer wieder gleich drin.

Macht Sie das jetzt gelassener, wenn der Bundespräsident manchmal eine Debatte anstößt, deren Auswirkungen nicht vorhersehbar waren? Sagen sie jetzt: Naja, so müssen die Kollegen ja reagieren?

So furchtbar unvorhersehbar ist es ja nicht. Wenn man Debatten anstoßen will, ist es auch gut, wenn kontrovers diskutiert und manchmal eben auch gestritten wird und die Medien darüber berichten. Das gehört dazu.

Geben Sie dem Bundespräsidenten auch medialen Rat?

Wir unterhalten uns natürlich über das Amt. Wie jedes Paar, das am Abendbrottisch sitzt und sich austauscht, wird auch bei uns gefragt: Was hast du heute gemacht, wie war dein Tag? Und dann erzählen wir uns, was wir erlebt haben, und was uns bewegt.

In Dresden gibt es die rechtspopulistische „PEGIDA”-Gruppierung, die rasanten Zulauf hat, so wie ähnliche Gruppen in Deutschland. Sehen Sie das mit Sorge?

Ich bin – wie viele andere Menschen – besorgt, auch darüber dass es aus dem Blick geraten könnte, dass Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in den meisten Bereichen problemlos und gut zusammenleben. Zwar gibt es auch Probleme und die müssen angegangen werden, aber es wäre zutiefst ungerecht, dafür alle Menschen mit ausländischen Wurzeln, die hier friedliebend und rechtstreu leben, haftbar zu machen.

In der Nürnberger Zeitung haben Sie über ihre Beziehung zu Joachim Gauck gesagt, wir stellen jetzt unsere Beziehung von einer Wochenendbeziehung, auf eine Alltagsbeziehung um. Wie hat sich das ausgewirkt?

Es verlief deswegen ganz unproblematisch, weil ich sofort eine Reihe spannender Aufgaben übernehmen durfte. Es ist daher nicht so, dass ich zuhause sitze und warte, dass der Bundespräsident von seinen Terminen kommt. Das wäre dann ein bisschen schwieriger. Dadurch, dass ich selbst viel Unterschiedliches erlebe, kann man sich austauschen und ergänzen.

Wie feiern Sie Weihnachten?

Ganz traditionell in Berlin. Es ist immer ein Teil der Familie da. Wir haben einen schönen großen Baum, der am Morgen des 24. Dezember geschmückt wird.
Am Nachmittag geht es in die Kirche. Dann gibt es ein nicht so aufwändiges Abendessen. Wenn Kinder da sind, wollen die ja nicht ewig warten. Je nach Hunger kommt die Bescherung vor oder nach dem Essen. Und natürlich singen wir auch Weihnachtslieder.

Ein Tipp für Weihnachten?

Viel Zeit mit der Familie und Freunden verbringen, die besinnlichen Tage genießen und über die Feiertage einfach mal offline sein.

Die Fragen stellten: Béla Anda und Anne Merholz