Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 19. Februar der Tochter von Marian Turski, Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, kondoliert. Der Bundespräsident schreibt:
Noch vor wenigen Wochen, am 27. Januar, durfte ich ihn zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz mit seinem ungebrochenen Willen sprechen und mahnen hören: ‚Unsere Tage, die der Überlebenden, sind gezählt. Aber wir werden nicht verstummen, wenn Sie, Sie alle, nicht schweigen.‘ Nun müssen wir um ihn trauern.
Wir verlieren mit Marian Turski einen wahren Freund und einen großen Kämpfer um Erinnerung – nicht um ihrer selbst willen, sondern damit nicht wieder geschieht, was geschehen ist. Einen Menschen, der uns trotz dessen, was unsere Landsleute ihm und seiner Familie angetan haben, immer wieder die Hand reichte und mit uns gemeinsam für die Erinnerung an die Shoah und gleichzeitig für die Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen warb.
Ich bin Ihrem Vater zutiefst dankbar für viele bewegende Begegnungen. Mit seinem großen persönlichen Charme und seinen prägenden Erfahrungen machte er auf mich immer wieder einen tiefen Eindruck. Gerne erinnere ich mich an unsere vielen ausführlichen Gespräche, sei es beim Gedenken zum 80. Jahrestag des Aufstandes des Warschauer Ghettos im April 2023 oder bei der Übergabe von Fotos für das POLIN-Museum in Schloss Bellevue im Januar 2024. Und an unsere letzte Begegnung am 27. Januar in Auschwitz, an dem Ort, der sein weiteres Leben so tief geprägt hat.
Als Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees war Marian Turski ein unermüdlicher Mahner und Warner. ‚Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen‘ ist eines seiner bekanntesten Zitate. Wir werden die von ihm als elftes Gebot bezeichnete Formulierung ‚Sei nicht gleichgültig!‘ bewahren und uns fortwährend für Vielfalt, gegen Antisemitismus, Rassismus und Populismus einsetzen. Seine Rede vom 27. Januar dieses Jahres zum 80. Gedenktag der Befreiung von Auschwitz kann uns dabei als Leitstern unseres Handelns dienen.
Sein Vermächtnis ist uns Deutschen und mir persönlich eine Verpflichtung auf die Zukunft. Er, der das Ghetto von Lodz und drei deutsche Konzentrationslager, Auschwitz, Buchenwald und Theresienstadt überlebt hat, setzte sich zeitlebens für Verständigung und Versöhnung mit meinem Land ein. Im von ihm entwickelten Museum für die Geschichte der polnischen Juden POLIN wurde auf seine Initiative ein Saal nach einem anderen großen Vorkämpfer für Versöhnung benannt, Willy Brandt. Eine große Geste, für die ich tiefe Dankbarkeit empfinde.
Seien Sie versichert, dass mein Land und ich ihm ein ehrendes Andenken bewahren werden.