Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, zum 75-jährigen Bestehen des Bündnisses gratuliert. Der Bundespräsident schreibt:
Deutschland ist stolzes und engagiertes Mitglied unserer Allianz im Herzen Europas. Ich blicke auf unser Bündnis mit Dankbarkeit für seine Geschichte, mit fester Entschlossenheit angesichts der Herausforderungen der Gegenwart und mit Zuversicht, was unsere gemeinsame Zukunft betrifft.
Zunächst zum gegenwärtigen Moment, dem kritischsten seit dem Kalten Krieg. Während der russische Präsident Putin Krieg und Aggression auf den europäischen Kontinent zurückgebracht hat, steht die NATO bereit, nahezu eine Milliarde Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks zu beschützen. Allein in den zehn Jahren mit Ihnen an der Spitze haben wir vier neue Mitglieder in die NATO aufgenommen, unsere militärische Präsenz von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer gestärkt und vor allem Putin eines Besseren belehrt. Als Russland vor zwei Jahren in die Ukraine einmarschierte, dachte er, der Westen sei schwach und gespalten. Doch das Gegenteil war der Fall: Die NATO ist angesichts von Putins Krieg stärker und geeinter als je zuvor. Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, damit das so bleibt – vor allem, indem wir unseren Verpflichtungen nachkommen und der NATO die militärische Stärke und die militärischen Fähigkeiten verleihen, die sie benötigt.
Nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 hat sich Deutschland ausdrücklich zum Zwei-Prozent-Ziel bei den nationalen Verteidigungsausgaben bekannt – zum ersten Mal in der Geschichte des Bündnisses. Zehn Jahre später bin ich stolz darauf, dass mein Land dieses Versprechen einlöst. Wir haben 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr mobilisiert, und wir sind dabei, eine komplette deutsche Brigade dauerhaft an der Ostflanke in Litauen zu stationieren. Wir werden weiterhin in unser Militär investieren, verlässlich und dauerhaft zwei Prozent für Verteidigung ausgeben, den europäischen Pfeiler in der NATO stärken und der Ukraine so lange zur Seite stehen, wie es nötig ist.
Meiner Ansicht nach gibt es dafür viele gute Gründe – auch jenseits etwaiger Wahlergebnisse hier in Europa oder in den Vereinigten Staaten. Der Hauptgrund ist: Noch nie waren die Stärke und die Geschlossenheit der NATO so wichtig. Noch nie haben wir in Europa, haben wir in Deutschland so unmittelbar gespürt, dass wir die NATO für unsere eigene Sicherheit, für den Schutz unserer Freiheit und Demokratie brauchen.
Als die NATO vor 75 Jahren gegründet wurde, lag Europa infolge des Krieges, den mein Land über die Welt gebracht hatte, in Schutt und Asche. Deutschland war geteilt, und der Kalte Krieg begann. Der Gründungsgedanke der NATO – Sicherheit und Partnerschaft in unserem Bündnis, Frieden und Stabilität in der Welt um uns herum – war mehr als ein militärisches Versprechen. Er war eine politische Vision. Ein Werbeplakat für die NATO aus dem Deutschland der 1960er Jahre zeigt einen Soldaten im Kreis seiner internationalen Kollegen mit dem Spruch: ‘Seine Kameraden – unsere Verbündeten‘. Ich bin froh, dass dies für uns auf so vielen Ebenen wahr geworden ist. Ich bin dankbar, dass Deutschland seit fast siebzig Jahren Mitglied der NATO ist.
Ich möchte Ihnen, lieber Jens Stoltenberg, für all das danken, was Sie für unser Bündnis in den zehn Jahren Ihrer Führung getan haben, und ich war stolz, Ihnen im vergangenen Herbst in Berlin zum Henry-A.-Kissinger-Preis gratulieren zu dürfen.
Sie steuern unser Bündnis durch den Sturm, und ich bin sicher: Wir werden ihn überstehen – stärker denn je.