Bundespräsident Steinmeier kondoliert zum Tod von Jürgen Flimm

Schwerpunktthema: Pressemitteilung

5. Februar 2023


Bundespräsident Steinmeier hat heute Susanne Ottersbach-Flimm und ihrer Familie zum Tod ihres Mannes Jürgen Flimm kondoliert. Der Bundespräsident schreibt:

Die Nachricht vom Tode Ihres Mannes hat mich bestürzt und sehr traurig gemacht. Ich spreche Ihnen und allen Angehörigen mein tief empfundenes Beileid aus.

Jürgen Flimm war ein Großmeister des Theaters und der Oper, ein bekennender Freund des Publikums, ein leidenschaftlicher Streiter für die Kunst. Seine kraftvollen und bildmächtigen Inszenierungen haben unzählige Menschen in unserem Land, in Europa und den Vereinigten Staaten bewegt. Seine Ideen, seine Akribie und seine künstlerische Vielseitigkeit haben ganze Generationen von Regisseurinnen und Intendanten inspiriert. Nicht zuletzt hat es Ihren Mann immer ausgezeichnet, dass er seinen Schauspielerinnen und Sängern die Bühne bereitet hat, auf der sie ihre Kunst strahlend in Szene setzen konnten.

Jürgen Flimm, der begnadete Erzähler, hat Klassiker erneuert, ohne sie zu entkernen und zur Kulisse werden zu lassen. Er war fest davon überzeugt, dass das Theater „seine Legitimation durch den Zuschauer“ braucht. Und es ist ihm gelungen, sein Publikum immer wieder in den Bann zu ziehen, zu bereichern und zu begeistern, in Hamburg und Köln, im Ruhrgebiet und in Salzburg, an den großen Opernhäusern von Mailand, London, New York, Bayreuth oder Berlin. Oft war es ein winziges Detail seiner Inszenierungen – eine Geste, ein Blick, ein Wort, eine gespannte Pause –, das uns als Zuschauer berührt hat, das wir mitgenommen haben aus dem Theater in unser Leben.

Ihr Mann hat sein künstlerisches Talent in den Dienst der Menschen gestellt. Und er hat auch auf der Bühne des öffentlichen Lebens gewirkt. Immer wieder hat er neuen Schwung in die kulturpolitische Debatte unseres Landes gebracht. Wenn es um die Zukunft von Oper und Theater, von Film und Fernsehen ging, hat Jürgen Flimm weithin Gehör gefunden. Seine kritische, unabhängige, verschmitzte und humorvolle Stimme fehlt nun, auch wenn sie noch lange nachhallen wird.

Jürgen Flimm hat für seine Kunst gelebt, er hat für sein Publikum hart gearbeitet, und er hat sich darüber hinaus immer für unser Gemeinwesen eingesetzt, besonders für jene gesellschaftlichen Gruppen, die nicht so sehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Auch mit seinem weitherzigen sozialen Engagement hat er zu einem guten, einem besseren Miteinander in unserem Land beigetragen.

Ich bin Jürgen Flimm oft begegnet, wir waren freundschaftlich verbunden und – wie so viele Theater- und Opernfreunde in unserem Land – habe ich ihn sehr verehrt. Dem großen Theatermann gebührt zum Abschied ein letzter großer Applaus. Wir werden ihn und seine Kunst nicht vergessen.

Liebe Frau Ottersbach-Flimm, in dieser schweren Zeit wünsche ich Ihnen viel Kraft und die Gemeinschaft mit Menschen, die Ihnen mit Trost und Hilfe zur Seite stehen.