Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratuliert Edgar Reitz zum 90. Geburtstag am 1. November. Der Bundespräsident schreibt:
Meine guten Wünsche gelten einem der bedeutendsten Regisseure und Filmemacher des deutschen Kinos.
Bewegte Bilder haben Sie schon als junger Mann fasziniert. Sie waren Teil der Bewegung zur Erneuerung des deutschen Films und einer der Unterzeichner des Oberhausener Manifestes – dem offiziellen Startschuss für eine neue Generation Filmkünstler, die den Aufbruch wollten und ‚Papas Kino‘ für tot erklärten.
Mit der Trilogie ‚Heimat‘ und dem 2013 folgenden Film ‚Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht‘ haben Sie ein Jahrhundertepos geschaffen. Hier öffnet sich uns Zuschauern ein Universum, hier erzählen Sie mit großen Bögen, langem Atem und wechselndem Rhythmus. Hier entfalten die Filme ihr eigenes Gedächtnis: Es gibt keine anderen deutschen Filme, die so entschieden den Anspruch erheben, eine Chronik des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts zu sein. Der Hunsrück, das erfundene Dorf Schabbach wurde zur ‚Mitte der Welt‘, von überall ließen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer mitnehmen auf eine lange Reise durch die deutsche Geschichte.
Ob in der großen Form des epischen Kinos oder in der knappen Szene des Dramas: Hinter den kleinen oder großen Katastrophen, hinter dem Scheitern an der Wirklichkeit steht bei Ihnen die Sehnsucht der Menschen nach einem anderen Leben, danach, herauszutreten aus der Vorläufigkeit und Endlichkeit unserer begrenzten Existenz.
Ihre Bildsprache, Ihre Geschichten, Ihre hohe Kunst des genauen Blicks haben dem deutschen Kino – und auch dem deutschen Fernsehen – weit über unser Land hinaus hohes Ansehen verschafft. Sie und Ihr Wirken haben uns gezeigt: Es sind die Geschichten, die bleiben. Es sind die Geschichten, die uns mit uns selber konfrontieren, die uns zu uns selber Distanz gewinnen lassen – und die uns mit uns selber versöhnen.
Für all das sage ich Ihnen heute meinen großen Dank. Alles Gute zum Neunzigsten!