Bundespräsident Steinmeier gratuliert Gunter Demnig

Schwerpunktthema: Pressemitteilung

26.10.2022 10:40


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratuliert dem Künstler Gunter Demnig zum 75. Geburtstag am 27. Oktober. Der Bundespräsident schreibt:

Zu Ihrem 75. Geburtstag gratuliere ich Ihnen herzlich.

Meine guten Wünsche gelten einem Künstler, dem die historische Aufarbeitung unserer jüngsten Geschichte und das Wachhalten der Erinnerung daran ein wichtiges Anliegen ist. Zeit Ihres Lebens haben Sie sich ausgezeichnet durch Engagement, Zivilcourage und Toleranz.

Bereits Mitte der 1980er Jahre haben Sie mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln auf geschichtliche und aktuelle politische Ereignisse aufmerksam gemacht. Seit nunmehr dreißig Jahren erinnern Sie mit der Verlegung von Stolpersteinen an die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte. Mit knapp 100.000 Stolpersteinen in 1.800 Städten in 28 Ländern haben Sie und Ihr Team ein einmaliges und weltweit vorbildliches Denkmal für die Opfer des NS-Terrors geschaffen. Es ist eine Mahnung gegen das Vergessen und eine Erinnerung daran, was es bedeutet, wenn Menschenrechte und Menschenwürde durch den Staat zerstört werden.

‚Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist‘, dieser Satz aus dem Talmud bildet die Grundlage Ihrer Arbeit. In Zusammenarbeit mit Museen, Archiven, Schulen sowie mit Angehörigen und Hinterbliebenen recherchieren Sie die Daten von Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und deportiert wurden. Auf kleinen, mit einer Messingplatte versehenen Betonquadern, verlegt vor der Haustür zur letzten Wohnung der Ermordeten, finden sich Name, Geburtsdatum, Datum und Zielort der Deportation oder Motiv der Verfolgung und das Todesdatum.

Die Passanten bleiben stehen und lesen diese knappen Informationen über einen Menschen, der Opfer des Nationalsozialismus wurde. Es sind keine anonymen Angaben, jeder Stein erinnert an ein individuelles Schicksal – darin liegt die große Kraft der Stolpersteine. Die Erinnerung an die Menschen, die einst hier wohnten, wird lebendig.

Die Verlegung eines Stolpersteins für Bruno Lüdke, der nach einer Reihe von pseudo-medizinischen Menschenversuchen im Gewahrsam der Nazis gestorben ist, ist mir noch gut in Erinnerung. Es war eine sehr würdevolle und bewegende Veranstaltung, an der ich zusammen mit Ihnen und dem Schauspieler Mario Adorf teilgenommen habe. Bruno Lüdke ist mit der Verlegung seines Stolpersteins Gerechtigkeit und öffentliche Rehabilitierung widerfahren. Zugleich erinnert der Stolperstein auch an all jene Menschen mit Behinderung, die zu Hundertausenden unter der Naziherrschaft für Menschenversuche missbraucht, gequält, deportiert und ermordet wurden.

Mit Ihrer Arbeit führen Sie uns mahnend vor Augen, was passiert, wenn die Würde des Menschen verletzt wird und Menschen aus politischen, rassistischen oder religiösen Gründen verfolgt werden.

Für all das und so vieles mehr sage ich Ihnen heute meinen Dank.

Für die kommenden Jahre wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute.