Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratuliert dem Historiker Götz Aly zu seinem 75. Geburtstag am 3. Mai. Der Bundespräsident schreibt:
Mein Glückwunsch gilt einem großen Historiker, unbequemen Aufklärer und wortmächtigen Publizisten.
Mit Ihren Forschungen zum Nationalsozialismus, die Sie vielfach außerhalb des etablierten Wissenschaftsbetriebs betreiben mussten, haben Sie unermüdlich blinde Flecken der deutschen Geschichte ausgeleuchtet. Ich denke an Ihre Arbeiten zu den ‚Euthanasie‘-Morden, zum Holocaust und zur mangelnden Aufarbeitung, wie die Wissenschaft selbst an den nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt gewesen ist.
Immer wieder haben Sie kontroverse, aber notwendige Debatten angestoßen und unseren Blick für totalitäre Ideologien und für unmenschliche Verhaltensweisen geschärft. ‚Sichtblenden wegschieben‘, so haben Sie Ihre Arbeit einmal umschrieben. Besonders eindringlich ist Ihnen dies mit Ihrem Werk ‚Hitlers Volksstaat‘ gelungen, in dem Sie aufzeigen, wie viele Deutsche vom Nationalsozialismus profitiert und ihn unterstützt haben. Auch mit Ihrem jüngsten Buch, ‚Das Prachtboot‘, haben Sie der erforderlichen Auseinandersetzung mit Deutschlands Vergangenheit als Kolonialmacht und mit unserem Umgang mit kolonialer Raubkunst starke Impulse gegeben.
Mein Dank gilt aber nicht nur dem öffentlich wirkenden Wissenschaftler und Publizisten, sondern ebenso dem klugen und engagierten Ratgeber. Dass Sie rund vierzehn Jahre lang mit Ihrem breiten Wissen, Ihren Ideen und Ihren kritischen Fragen das Kuratorium des Jüdischen Museums Berlin bereichert haben, sehe ich mit großem Respekt.
Sie haben früh erkannt, dass wir nur durch eine lebendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zukünftige Generationen befähigen können, aktiv für eine demokratische und freiheitliche Gesellschaft einzutreten, die die Menschenrechte verwirklicht und Minderheiten schützt. Immer wieder betonen Sie, wie wichtig es ist, den Irrlehren Fakten gegenüberzustellen und gegen extremistische Weltbilder die demokratischen Werte im Alltag zu leben.
Ihr Einsatz für einen ehrlichen und selbstkritischen Umgang mit der deutschen Vergangenheit, für Vernunft und Lernbereitschaft und damit für eine wache, tolerante und aufgeklärte Zivilgesellschaft ist und bleibt wichtig.
Für all das sage ich Ihnen heute meinen Dank. Sie haben sich in besonderer Weise um die Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.