Die Vielfalt und Dichte der deutsch-griechischen Beziehungen spiegeln sich in den Themen des Besuches wider: vom historischen Gedenken über politische Herausforderungen wie Migration und Nachhaltigkeit bis zur Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.
Am 29. Oktober besuchten der Bundespräsident und Elke Büdenbender in Begleitung der griechischen Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou das Gelände des künftigen Holocaust-Museums in Thessaloniki. Während des Zweiten Weltkriegs rollten vom Bahnhof in Thessaloniki aus die Züge in die Vernichtungslager nach Osteuropa. Die Nationalsozialisten pferchten Jüdinnen und Juden in Viehwaggons und deportierten sie. Sie löschten die jüdische Gemeinde der Stadt nahezu vollständig aus. Das Holocaust-Museum, das mit deutscher Unterstützung errichtet wird, soll am ehemaligen Bahnhof ein neuer Ort der Erinnerung und der Aufklärung werden.
Es geht darum, immer wieder zu zeigen, dass hinter den Zahlen Gesichter, Namen, Schicksale und Angehörige stehen, die bis in die zweite und die dritte Generation das Leid ihrer Eltern und Großeltern teilen
, sagte Bundespräsident Steinmeier nach der Besichtigung der Baustelle. Gemeinsam mit der griechischen Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou besuchte er das Gelände des künftigen Museums und sprach vor Ort mit Überlebenden. Es reicht nicht nur zu erinnern und zu gedenken – das ist ohne Zweifel wichtig. Wir müssen ein solches Museum auch als Auftrag begreifen, uns heute für Demokratie zu engagieren.
Anschließend gab es im Goethe-Institut eine Gesprächsrunde zum aktuellen Stand der deutsch-griechischen Beziehungen.
Am Nachmittag reisten Bundespräsident Steinmeier und Elke Büdenbender nach Athen und besichtigten dort den Produktionsstandort von Boehringer Ingelheim. Das deutsche Pharmaunternehmen betreibt hier seit 1975 eine Produktionsanlage mit Fokus auf innovativen Medikamenten gegen Diabetes. Dabei achtet es auf Umweltschutz und Ressourcenschonung: Eine eigene Kläranlage filtriert das genutzte Wasser und der Strom stammt ausschließlich aus erneuerbaren Energien.
Am Abend besuchten sie ein Atelier und tauschten sich mit Künstlerinnen und Künstlern der Athen-Biennale aus – einer der größten zeitgenössischen Kunstausstellungen Griechenlands.
Am 30. Oktober besuchte der Bundespräsident die Feier zum 150. Jubiläum des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen. In einer Ansprache würdigte er die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts als Kulturvermittler. Sie tragen mit Ihrer Arbeit entscheidend zu den guten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern bei.
Am Nachmittag ging es für das Staatsoberhaupt in eine Registrierungs- und Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Malakasa. Das europäische Migrationsproblem beginnt nicht erst an deutschen Grenzen, es beginnt hier am Mittelmeer
, sagte er im Anschluss. Die Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem sei daher ein Ansatz, um zusammen konstruktive, europäische Lösungen auf den Weg zu bringen. Die Regierungen haben vieles richtig gemacht, indem sie darauf gesetzt haben, dass mehr Kooperation und auch mehr Verständnis unter den europäischen Staaten herrscht.
Es bestehe weiterhin Einigkeit, dass die Zahl der irregulären Ankünfte in die Europäische Union verringert werden müsse und dass der Schutz an den Außengrenzen verbessert werden müsse. Es gibt eine Verständigung darüber, dass die Standards der Unterbringung vereinheitlicht werden müssen
, so der Bundespräsident. Wir tun gut daran, dass wir von beiden Seiten, Deutschland und Griechenland, an der Umsetzung mitwirken.
Zuvor hatte der Bundespräsident bereits Gespräche mit Staatspräsidentin Sakellaropoulou sowie Ministerpräsident Mitsotakis geführt und einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten niedergelegt. Am Abend fand ein Cellokonzert und ein Abendessen auf Einladung der griechischen Staatspräsidentin statt.
Am 31. Oktober reiste Bundespräsident Steinmeier als erster Bundespräsident nach Kreta und besuchte die Ortschaft Kandanos. Das Dorf wurde am 3. Juni 1941 während der ersten Tage der deutschen Besatzung der Insel Kreta als Vergeltungsmaßnahme vollständig von der Wehrmacht zerstört. Menschen, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, wurden von deutschen Soldaten ermordet. Die Wehrmacht rächte sich brutal für den Tod von deutschen Fallschirm- und Gebirgsjägern. Bei der Gedenkveranstaltung fanden eine Kranzniederlegung, Ansprachen und Begegnungen mit Zeitzeugen statt.
Bundespräsident Steinmeier wandte sich direkt an die Menschen in Kandanos: Ich bitte um Vergebung dafür, dass mein Land über Jahrzehnte die Ahndung der Verbrechen verschleppt hat. Dass es nach dem Krieg zunächst weggesehen und geschwiegen hat.
Das Leid könne nicht ungeschehen gemacht und wohl niemals aufgerechnet werden, sagte er. Aber wir müssen die Erinnerung daran wachhalten, damit nicht wieder geschieht, was einmal geschehen ist.
Kandanos ist nur einer von vielen Orten, in denen deutsche Soldaten während des Zweiten Weltkriegs auf Kreta wüteten. Die Wehrmacht ermordete auf der Insel tausende Zivilistinnen und Zivilisten.
Zum Abschluss der Reise erhielten der Bundespräsident und Elke Büdenbender Einblicke in Projekte der regenerativen Landwirtschaft auf der Insel. Das Olivenölunternehmen "Terra Creta" ist Partner des Projekts "TUI Field to Fork Greece". Ziel ist es, die Betriebe bei der Umstellung auf eine nachhaltigere Landwirtschaft zu unterstützen und sie mit lokalen Produzenten und der Tourismusindustrie zu vernetzen.
Kurzprogramm
Dienstag, 29. Oktober
- Mittags [MEZ+1]
Ankunft in Thessaloniki, Griechenland - anschließend, Holocaust-Museum
Gemeinsam mit der Staatspräsidentin der Hellenischen Republik, Katerina Sakellaropoulou, Besuch des Geländes für das künftige Museum - Nachmittags, Goethe-Institut Thessaloniki
Gespräch zum aktuellen Stand der deutsch-griechischen Beziehungen mit Thomas Rachel (MdB), Otto Rehhagel, Georgios Pappas (VAP), Aris Kalaizis (Künstler), Maria Nastou (Deutsch-Griechisches Jugendwerk), Vasiliki Frentzou (DAAD) - Anschließend
Flug nach Athen - Anschließend, Koropi
Besuch eines Produktionsstandorts von Boehringer Ingelheim - Abends, Kunstatelier von Theo Triantafyllidis
Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der "Athen Biennale"
Mittwoch, 30. Oktober
- Morgens
Kranzniederlegung am Grabmal des unbekannten Soldaten - Vormittags, Präsidentenpalast
Begrüßung mit militärischen Ehren durch die Staatspräsidentin der Hellenischen Republik, Katerina Sakellaropoulou, und Pavlos Kotsonis - Anschließend
Gespräch mit der Staatspräsidentin der Hellenischen Republik - Anschließend, Sitz des Ministerpräsidenten
Gespräch mit dem Ministerpräsidenten der Hellenischen Republik, Kyriakos Mitsotakis - Anschließend, Numismatisches Museum
Besuch des Schliemann-Wohnhauses im heutigen Numismatischen Museum - Mittags, Deutsches Archäologisches Institut (DAI)
Ansprache bei der Jubiläumsveranstaltung 150 Jahre DAI - Nachmittags, Malakasa
Besuch der Registrierungs- und Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete - Abends, Ausgrabungsstätte Kerameikos
Konzert, gegeben von der Cellistin Tanja Tetzlaff - Anschließend, Präsidentenpalast
Abendessen, gegeben von der Staatspräsidentin der Hellenischen Republik, Katerina Sakellaropoulou, und Pavlos Kotsonis
Donnerstag, 31. Oktober
- Morgens
Flug nach Chania - Vormittags, Kandanos
Kranzniederlegung an der Gedenkstätte für die Opfer der Zerstörung von Kandanos - Mittags, Rathaus von Kandanos
Besichtigung der historischen Sammlung zur Zerstörung von Kandanos und Begegnung mit Überlebenden - Anschließend
Ansprache bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Zerstörung von Kandanos - Anschließend
Gemeinsames Mittagessen - Nachmittags, Kolymbari
Besuch von "Terra Creta" des Projekts "TUI Field to Fork Greece" - Anschließend
Gespräch mit lokalen Teilnehmenden aus Landwirtschaft und Tourismus am Projekt "TUI Field to Fork Greece" - Abends
Flug nach Berlin