Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 17. Oktober im Kloster Frenswegen in Nordhorn sieben Frauen und sieben Männer aus Nordhorn und Umgebung sowie aus Niedersachsen mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Geehrten unterstützen geflüchtete Menschen, fördern die Integration, engagieren sich in der psychosozialen Notfallversorgung, im Berufsverband oder im Sport, sind in der Versorgung Wohnungsloser, in der Kunstförderung und in der Bildungsarbeit aktiv, engagieren sich für Menschen in Tansania und fördern das Zusammenleben vor Ort.
Die Ordensverleihung fand während der "Ortszeit Nordhorn" statt, der dreizehnten Reise des Bundespräsidenten in der Reihe "Ortszeit Deutschland". Das Staatsoberhaupt verlegt dabei seinen Amtssitz für drei Tage in verschiedene Regionen, um mit Menschen im Land in den direkten Austausch zu kommen. Dabei ist es ihm auch ein großes Anliegen, denen zu danken, die sich in herausragender Weise um das Gemeinwohl verdient machen.
Folgende Bürgerinnen und Bürger wurden ausgezeichnet:
Sahap Dag und Telim Tolan, Oldenburg
Sahap Dag und Telim Tolan setzen sich seit mehr als zwei Jahrzehnten selbstlos und mutig für die Jesidinnen und Jesiden in Deutschland ein. Telim Tolan war Vorsitzender des Yezidischen Forums und des Zentralrates der Êzîden in Deutschland. Sahap Dag war Generalsekretär des Zentralrats der Êzîden in Deutschland und ist Vorsitzender des Landesverbands der Êzîden in Niedersachsen. Ihr Engagement ist nicht erst seit der Flucht nach dem Völkermord durch den IS von großer Bedeutung. Schon im Rahmen der sogenannten Gastarbeiterabkommen kamen Jesidinnen und Jesiden aus der Türkei nach Deutschland und bauten sich hier eine neue Heimat auf. Sahap Dag und Telim Tolan ist es gelungen, ein weltoffenes Miteinander in Oldenburg und darüber hinaus zu etablieren und gegenseitige Vorbehalte abzubauen. Heute gilt die jesidische Gemeinde in Oldenburg als bundesweiter Leuchtturm gelungener Integration. Großen Anteil daran haben Sahap Dag und Telim Tolan.
Almut Detert, Bissendorf
Almut Detert engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für die berufsständischen Interessen der Bäuerinnen und die Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Situation von Frauen in der Landwirtschaft. Begonnen hat sie im Landfrauenverein Schledehausen, dessen Vorsitzende sie bis heute ist. Zwischenzeitlich war sie auch in der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen aktiv und ist bis heute Mitglied der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Darüber hinaus ist sie im Evangelischen Dorfhelferinnenwerk Niedersachsen engagiert. Der Verein bietet Seminare für Dorfhelferinnen an und vermittelt diese inzwischen nicht mehr nur in Familien aus der Landwirtschaft als Haushaltshilfe, sondern auch als Unterstützung für Alleinerziehende im städtischen Umfeld. Bei all dem Engagement spüren die Menschen Almut Deterts Liebe zu dem, was auf ihrem Hof produziert wird, etwa wenn sie Grundschulkindern erklärt, wie die Milch auf den Frühstückstisch kommt.
Heinz Dierker, Cloppenburg
Der Rettungseinsatz ist vorbei, aber ein Mensch ist verstorben oder schwer verletzt und die Angehörigen bleiben mit ihrer Trauer und Hilflosigkeit allein zurück. Das erschütterte Heinz Dierker bei seiner Arbeit als Rettungssanitäter jedes Mal aufs Neue. Also begann er, die Psychosoziale Notfallversorgung im Landkreis Cloppenburg aufzubauen. Heute ist sie als „Erste Hilfe der Seele“ eine unverzichtbare Institution in der Stadt und im Landkreis. Mittlerweile garantieren 60 Ehrenamtliche bei jeder Notlage die psychische Betreuung von Angehörigen, Ersthelfenden und Zeugen, an 365 Tagen im Jahr. Heinz Dierker organisiert die Einsätze und übernimmt auch selbst Bereitschaftsdienste. Die Helferinnen und Helfer können sich auf ihn verlassen, er organisiert auch für sie eine persönliche Nachsorge und bietet Möglichkeiten der Supervision. Außerdem bildet er neue Ehrenamtliche aus und wirbt Sach- und Geldspenden ein.
Heiner Hoymann, Nordhorn
Der Nordhorner Heiner Hoymann begann früh, sich für Geflüchtete zu engagieren. Bereits Ende der 80er Jahre gründete er den Arbeitskreis Flüchtlingshilfe Nordhorn und wurde Mitglied des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Im Laufe der Jahre hat er sich zu einem unverzichtbaren Partner in der regionalen Migrationsarbeit entwickelt, der dank seines Netzwerkes mit Kontakten zu verschiedenen Organisationen den Behörden eine hilfreiche Unterstützung ist. Im Mittelpunkt stehen für ihn dabei immer die Menschen, die er bei asylrechtlichen Fragen, der Wohnungssuche, dem Arztbesuch oder bei der Familienzusammenführung unterstützt. Genauso wichtig ist ihm das Miteinander; so entstand das „Fest der Kulturen“. Dieses Fest der Völkerverständigung vor Ort startete in einer Unterkunft für Asylbewerber. Heute ist es aus dem Kulturleben des Landkreises Grafschaft Bentheim nicht mehr wegzudenken und findet im Kloster Frenswegen statt.
Ortrud Kreft, Westerstede
"Abraxas", so heißt die Jugendkreativwerkstatt und Kunstschule in Westerstede, die Ortrud Kreft ins Leben gerufen hat. Eine Besonderheit ist der Ort der Kunstschule: die "Alte Schließerei". Bereits beim Umbau des ehemaligen Gefängnisses hat sie vor allem die Jugendlichen aus dem Ort eingebunden. Sie konnten mit dem Projekt "Kunst im Knast" dazu beitragen, das denkmalgeschützte Gebäude zu einem attraktiven Ort und zu einer Begegnungsstätte zu machen, die fest in der Region verankert ist. Neben Atelierräumen und einem Café gibt es Kunstprojekte mit Jugendlichen, Lesungen, Ausstellungen und Fortbildungen. Darüber hinaus stellt Ortrud Kreft Räume zur Verfügung, z.B. für den Hospizdienst Ammerland. Auch ein internationaler Nähtreff hat sich etabliert. Er bietet den teilnehmenden Frauen regelmäßig einen Anlaufpunkt und die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen Leben in Westerstede.
Allmuth Kuring, Hannover
Allmuth Kuring engagiert sich seit 20 Jahren für Menschen, deren Not in unserer Gesellschaft oft gar nicht wahrgenommen wird. Bei der Straßenambulanz des Caritasverbands Hannover ist sie als ehrenamtliche medizinische Hilfe tätig. Dort werden Menschen medizinisch betreut, die mit der regulären Gesundheitsversorgung nicht zurechtkommen oder keine Krankenversicherung haben. Zusammen mit Ärztinnen und Ärzten werden Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen in den sozialen Brennpunkten der Stadt aufgesucht und medizinisch versorgt. Mit ihrer Empathie gelingt es Allmuth Kuring in besonderem Maße, sich der Sorgen und Nöte der Patientinnen und Patienten anzunehmen und so ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, das eine Behandlung ermöglicht. Insbesondere bei Personen mit Süchten und schweren psychischen Erkrankungen sind ihre menschliche Zuwendung und ihr Einfühlungsvermögen von unschätzbarem Wert.
Mechthild Möllenkamp, Osnabrück
Mechthild Möllenkamp ist mit dem Einzelhandel von Kindesbeinen an vertraut. Nach einer Ausbildung im elterlichen Betrieb entwickelte sie sich zu Osnabrücks bekanntester Lebensmittel-Einzelhändlerin und einer echten Institution. Ihre Supermärkte hat sie stets als soziale Treffpunkte betrachtet und für faire Arbeitsbedingungen gesorgt. Das war ihr aber nicht genug. Als Präsidentin des Handels- und Dienstleistungsverbandes Osnabrück Emsland bietet sie den Mitgliedern Unterstützung und kostenfreie Beratung und setzt sich als Präsidentin des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen ebenfalls für die Belange des Einzelhandels ein. Darüber hinaus engagiert sich Mechthild Möllenkamp im Beirat des Verkehrsvereins Stadt und Land Osnabrück und fördert Selbstbewusstsein und bürgerschaftliches Engagement in der Region. Ihr Herz schlägt auch für den Zoo Osnabrück und sie engagiert sich dort im Präsidium.
Luise Revermann, Wietmarschen
In Wietmarschen, einem Wallfahrtsort in der Nähe von Nordhorn, ist Luise Revermann aktiv. Neben der Leitung des Heimatvereins Wietmarschen ist sie als Gästeführerin im Ort unterwegs. Auf ihren Rundgängen berichtet sie mit herausragendem geschichtlichem und religiösem Wissen über Gebäude, Plätze und Wege der früheren Stiftsdamen, über die Wallfahrtskirche und den Glaubensweg zwischen Lohne und Wietmarschen. Ihre Verbundenheit mit ihrer Heimat zeigt auch ihr Engagement für das Heimatmuseum, dessen Ausstellungsräume sie modernisiert hat. Außerdem ist Luise Revermann Mitglied im Arbeitskreis "Wietmarscher Gedenken" und unterstützt ihn bei Informations-veranstaltungen zu den Emslandlagern ebenso wie bei Führungen zu den Kriegsgräberstätten Dalum und Füchtenfeld. Auch gesellschaftspolitisch ist sie aktiv. So z.B. als plattdeutsche Rednerin für die Initiative "Grafschaft zeigt Gesicht – für die Würde des Menschen und gegen Extremismus und Ausgrenzung".
Kai Schmidt, Nordhorn
Während des Schulunterrichts war noch alles klar, aber kaum sitzen die Schülerinnen und Schüler zu Hause vor ihren Hausaufgaben, scheint das Gelernte wie weggeblasen und niemand ist da, der den Rechenweg noch einmal erklären könnte. Dem wollte der Mathematiklehrer Kai Schmidt abhelfen und begann in seiner Freizeit, Erklärvideos für seine Schulklassen zu produzieren. Diese waren so erfolgreich, dass er den YouTube-Kanal "Lehrerschmidt" startete, um sie allen, die Hilfe brauchen, zur Verfügung zu stellen. So entstand ein einfach zugängliches, kostenloses und didaktisch qualitätvolles Nachhilfetool, das besonders während der Corona-Pandemie zu einer wichtigen Hilfe für Schülerinnen und Schüler wurde. Kai Schmidt vermittelt in seinen Lernvideos Wissen aus den Bereichen Mathematik, Physik und Deutsch, behandelt aber auch allgemeine Fragen, die Kinder und Jugendliche bewegen. In seiner zugewandten Art gelingt es ihm, wichtige Grundlagen für alle leicht verständlich zu machen.
Jacoba und Walter Schulz, Geeste
Hamai ist eine überwiegend muslimisch geprägte Gemeinde in Tansania und der Zielort des Wirkens von Jacoba und Walter Schulz. Dort in der Partnergemeinde der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Dalum unterstützt das Ehepaar Schulz seit 30 Jahren deren Mitglieder und hat auch die anderen Menschen in Hamai im Blick. Ihr Einsatz gilt insbesondere dem Aufbau und der Weiterentwicklung von Bildungseinrichtungen vor Ort. Aber auch die Ausstattung medizinischer Einrichtungen sowie die Verbesserung der Strom- und Trinkwasserversorgung gehören zu ihren Projekten. Dabei achten sie immer auf Nachhaltigkeit und auf Hilfe zur Selbsthilfe. Für die verschiedenen Projekte akquirieren sie Spendengelder und werben um Unterstützung bei anderen Organisationen. Dabei beschränken sich Jacoba und Walter Schulz nicht auf Hilfe aus der Ferne, sondern sind regelmäßig vor Ort und beherbergen auch immer wieder Gäste aus Hamai bei sich zu Hause.
Gisela und Gerhard Snieders, Nordhorn
Wer in Nordhorn Sport treibt, kennt Gisela und Gerhard Snieders. Die beiden haben sich über viele Jahre für die Belange des SV Vorwärts Nordhorn eingesetzt und einen der größten Breitensportvereine Niedersachsens geleitet. Ihnen ist nicht nur die Aufnahme zahlreicher neuer Sportarten in den Verein zu verdanken. Sie haben auch dafür gesorgt, dass Inklusion und Integration wie selbstverständlich mitgedacht werden. Außerdem haben sie die erforderlichen finanziellen Mittel immer wieder eingeworben, um in eine tragfähige und zukunftsweisende Infrastruktur investieren zu können. Dabei haben sie das ehrenamtliche Engagement der vielen Menschen, die einen Sportverein mit Leben füllen, geachtet und gefördert und sich immer gut um "ihre" Leute gekümmert. Dazu gehörten jährliche Zeltlager der Jugend in den Niederlanden ebenso wie ein Silvesterlauf. Gisela Snieders hat sich darüber hinaus auch im Stadtrat und Kreistag für den Sport eingesetzt und ist bis heute im Kreissportbund der Grafschaft Bentheim aktiv.