Digitale Öffentlichkeit – brauchen wir eine neue Aufklärung?

Schwerpunktthema: Bericht

10. Juli 2024

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 10. Juli in der Reihe "Forum Bellevue zur Transformation der Gesellschaft" zu einem Gespräch ins Schloss Bellevue eingeladen. Es diskutierten die Journalistin und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und die Präsidentin der Signal Foundation Meredith Whittaker. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS statt.

Diskussionsrunde mit der philippinischen Friedensnobelpreisträgerin und Journalistin, Maria Ressa, und der US-amerikanischen KI-Forscherin und Präsidentin der Signal Foundation, Meredith Whittaker.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Mittwoch, den 10. Juli um 11.00 Uhr zu einer Diskussion mit dem Thema "Digitale Öffentlichkeit – brauchen wir eine neue Aufklärung?" ins Schloss Bellevue eingeladen. Die Veranstaltung fand in der Reihe "Forum Bellevue zur Transformation der Gesellschaft" in Zusammenarbeit mit der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS statt.

Wir haben die Chance, den Rahmen für KI so zu gestalten, dass sie dem Menschen und dem Gemeinwohl dient, sagte Bundespräsident Steinmeier in seiner einführenden Rede. Mit Blick auf Bestrebungen von außen, demokratische Gesellschaften zu zersetzen, sei gemeinsames europäisches Handeln notwendig: Wenn wir das erfolgreich tun, werden wir weltweit Standards setzen und so das Vertrauen in die neuen Technologien stärken, so der Bundespräsident.

'Made in Europe' kann künftig ein Qualitätssiegel sein – ein Weg jenseits von purem Datenkapitalismus und autokratischer Überwachung.

©: Bundespräsident Steinmeier

Auf dem Podium diskutierten Friedensnobelpreisträgerin und Journalistin Maria Ressa und KI-Forscherin und Präsidentin der Signal Foundation Meredith Whittaker darüber, wie sich der Einsatz von KI und die sozialen Medien auf die politische Debattenkultur und Meinungsbildung auswirken. Wie kann technologische Entwicklung im Einklang mit unseren demokratischen Werten gestaltet werden? Welche Zielvorstellungen und ethischen Prinzipien sollten uns leiten, um zu einer aufgeklärten Öffentlichkeit im digitalen Raum zu gelangen?

Lügen verbreiten sich schneller als Wahrheit, sagte Maria Ressa und erklärte die Anreizstruktur der sozialen Medien, die Unwahrheiten belohnten und süchtig machten. Es sei wichtig, dass wir uns alle dafür einsetzten zu bestimmen, was mit unseren Daten geschieht. Wir müssten uns in die reale Welt begeben und unsere Demokratien durch zivilgesellschaftliches Engagement schützen. Für alle, die in einer Demokratie lebten und dies weiterhin tun wollten, sei jetzt die Zeit zu handeln.

Künstliche Intelligenz ist weder künstlich noch intelligent. Ihre Grundlage sind Überwachung und Datensammeln, äußerte sich Meredith Whittaker zum Wesen der KI. Whittaker ist dafür, den wenigen finanzstarken Big-Tech-Unternehmen, die KI dominieren, mit Regularien und Gesetzen entgegenzutreten, möglichst auf globaler Ebene. Aber genauso wichtig sei es auch, den großen Playern alternative Technologien entgegenzusetzen, die nicht auf dem Überwachungs-Geschäftsmodell basierten. Ihr Appell an jede einzelne Person, die KI für sich nutzt und anwendet: Wir müssen erkennen, wie KI-Instrumente aufgebaut sind und funktionieren. Wir müssen beginnen, mehr echte Mitsprache zu dabei zu verlangen, wie diese Instrumente eingesetzt werden und ob sie überhaupt eingesetzt werden.

Auch der Bundespräsident betonte in seiner Rede, dass wir technologische Entwicklungen verstehen müssten, um sie zu gestalten: Wir müssen ein gemeinsames Verständnis über KI entwickeln, unsere Urteilskraft stärken; Menschen befähigen, auf der Grundlage von verifizierbaren Fakten Quellen kritisch zu hinterfragen, um Fehlurteile zu vermeiden. Es braucht sowohl erweiterte Medienkompetenz als auch verbesserten Schutz vor Missbrauch.

Der Bundespräsident macht zusammen mit vier weiteren Personen ein Selfie, alle lächeln

In die lebhafte Debatte brachten sich auch der Bundespräsident und das Publikum mit ein: Welche Rolle spielen Aufklärung und Bildung, insbesondere bei den Personen, die schon längst dem Schulalter entwachsen sind? Wie kann man dem seriösen Journalismus im Zeitalter von alternativen Fakten den Rücken stärken? Ist es tatsächlich möglich, jenseits von nationalen und regionalen Bestrebungen auf globaler Ebene Regularien und Gesetze abzustimmen? Wie können Lehrkräfte das Dilemma auflösen, ihre Schülerinnen und Schüler einerseits über die Risiken der sozialen Medien aufzuklären und andererseits aber selbst dort aktiv zu sein?

Mit dem "Forum Bellevue zur Transformation der Gesellschaft" will der Bundespräsident einen Diskursraum schaffen für die entscheidenden Fragen, die sich mit Blick auf den gesellschaftlichen Wandel in unserer liberalen Demokratie stellen. Hierfür lädt der Bundespräsident gemeinsam mit der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS regelmäßig deutsche und internationale Gäste aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft ins Schloss Bellevue ein. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie aus der Sorge um unsere Zukunft eine gemeinsame Vorsorge für unsere Zukunft werden kann.