Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Polizistinnen und Polizisten gedankt, die am 29. August bei den Demonstrationen in Berlin im Einsatz waren. Am 31. August empfing er stellvertretend sechs von ihnen zu einem Gespräch in Schloss Bellevue. Im Anschluss an das Zusammentreffen sagte er:
Reichsflaggen, sogar Reichskriegsflaggen darunter, auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, im Herz unserer Demokratie – das ist nicht nur verabscheuungswürdig, sondern angesichts der Geschichte dieses Ortes geradezu unerträglich. Wir dulden keine antidemokratische Hetze und keine Herabwürdigung der Bundesrepublik Deutschland am Bundestag. Rechtsextremistische Pöbeleien und Gewalt bei der Demonstration am vergangenen Samstag in Berlin haben zu Recht viele Menschen erschreckt und empört. Wir werden solche Ausschreitungen nicht hinnehmen.
Wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgert oder ihre Notwendigkeit anzweifelt, kann und darf dagegen demonstrieren. Mein Verständnis endet aber dort, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen. Wer auf den Straßen den Schulterschluss mit Rechtsextremisten sucht, aber auch wer nur gleichgültig neben Neonazis, Fremdenfeinden und Antisemiten herläuft, wer sich nicht eindeutig und aktiv abgrenzt, macht sich mit ihnen gemein.
Die Gewaltausschreitungen am Samstag haben wieder einmal deutlich gezeigt: Der Rechtsextremismus hat tiefgreifende Wurzeln in unserer Gesellschaft. Er ist eine ernste Gefahr. Ihn wirksam zu bekämpfen, seine Umtriebe in den Netzen frühzeitig aufzudecken, das ist eine wichtige und andauernde Aufgabe. Die Sicherheitsbehörden, Polizei wie Verfassungsschutz, müssen für diese fundamental wichtige Arbeit darum die notwendige Unterstützung erhalten und gut ausgestattet sein.
Allerdings, die Verteidigung der freiheitlichen Demokratie obliegt nicht allein der Polizei. Sie ist Aufgabe und Pflicht der gesamten Gesellschaft – und eines jeden Einzelnen. Aktiv, entschieden und mutig müssen wir gemeinsam den Feinden unserer Demokratie die Stirn bieten.
Wer die verstörenden Bilder vom Samstag gesehen hat, der musste noch Schlimmeres befürchten. Dass die Gewalt nicht hingenommen wurde, haben wir Ihnen zu verdanken – der Polizei Berlins, der Polizei anderer Länder und des Bundes. Den vielen tausend Polizeibeamtinnen und -beamten, die am Samstag unter hohem persönlichem Risiko und mit großer Professionalität Recht und Gesetz verteidigt haben.
Unsere Demokratie lebt – und kann sich ihrer Feinde erwehren. Sie, die Polizistinnen und Polizisten, haben dafür gesorgt, dass zehntausende Menschen ihr Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausüben konnten. Wirksam und beherzt, aber ebenso maßvoll und angemessen haben Sie gezeigt, dass unser Rechtsstaat funktioniert. Als aber die Auflagen willentlich und wissentlich missachtet wurden und Demonstranten zur Gewalt aufriefen, haben Sie unter äußerst schwierigen Bedingungen die Demonstration aufgelöst und das Recht durchgesetzt.
Für Ihren Einsatz und Ihr vorbildliches Verhalten gebührt Ihnen, den Polizistinnen und Polizisten, großer Dank, Respekt und Anerkennung.