Laudatio bei der Verleihung der Goldenen Erbse 2024

Schwerpunktthema: Bericht

6. November 2024

Elke Büdenbender hat am 6. November anlässlich der Verleihung der Goldenen Erbse 2024 eine Laudatio auf die Preisträgerin Viola Klein gehalten.

Sehr geehrte Frau Fischer,

liebe Frau Wulff,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Gäste,

und heute ganz besonders … liebe Viola Klein,

„Ich genieße den Trubel, brauche es, gebraucht zu werden.“

Jede und jeder, denen Viola Klein keine Unbekannte ist, stimmt mir wohl zu, dass dieses Zitat nur von ihr stammen kann!

Liebe Viola,

dass Du zwei Leben hast, sagst Du selbst immer wieder.

Das erste war geprägt von Grenzen, das zweite ist geprägt von Grenzüberschreitungen – im positiven Sinne natürlich.

Dieses erste Leben hast Du in der DDR verbracht. Aufgewachsen bist Du in einer sozialistischen Familie. Und so hast Du Dich zunächst auch innerhalb der auferlegten Grenzen bewegt. Reisen führten Dich ins befreundete Ausland. Dein Studienfach hast Du nicht frei wählen können. Also wurdest Du nach Deinem Pädagogik-Studium eine der jüngsten Kindergartenleiterinnen in der DDR.

Nach und nach hast Du, so hast Du es mir einmal erzählt, begriffen, wie die Dinge in der DDR funktionieren und hast angefangen, alles zu hinterfragen und in einem kritischen Licht zu betrachten. Du bist vor der friedlichen Revolution aus der SED ausgetreten – das war vor allem sehr mutig.

Mit dem Mauerfall und der Wiedervereinigung schließlich begann Dein zweites Leben.

Du hast die Chancen genutzt, die sich auftaten. Eingebrannt hat sich bei mir folgende Szene:

Auf dem Arbeitsamt sitzt Du unmittelbar nach der Wende vor einem Beamten aus Bayern.

Mit emanzipierten und arbeitswilligen Frauen konnte dieser offenbar nur wenig anfangen.

Er gab Dir den Rat, Dich um Deine beiden Söhne zu kümmern, anstatt arbeiten zu gehen.

Dass Du mutig bist, hattest Du in Deinem ersten Leben bereits bewiesen. Ebenso, dass Du die Dinge kritisch hinterfragst. Und so hast Du der Empfehlung auf dem Arbeitsamt nicht Folge geleistet. Stattdessen hast Du eines der erfolgreichsten deutschen Softwareunternehmen aufgebaut: Die Saxonia Systems AG, ein Unternehmen für individuelle Softwareentwicklung.

Dein Unternehmen hast Du mal als drittes Kind bezeichnet. Vor ein paar Jahren hast Du es,

wie zuvor bereits Deine beiden Söhne, in die Unabhängigkeit ziehen lassen, als Du es verkauft hast.

Liebe Viola,

wer Dich kennt, weiß, dass Du Dich seitdem nicht in den Ruhestand verabschiedet hast.

Denn im Prinzip hast Du neben Deinem Unternehmen noch einen zweiten Job gehabt:

Dein beeindruckendes ehrenamtliches Engagement im Einsatz für andere – vor allem für Kinder und Frauen. Und diese Aufgaben hast Du nicht losgelassen.

Im Gegenteil!

Seit vielen Jahrzehnten nutzt Du Deine vielen Kontakte aus Wirtschaft, Politik und Kultur weniger für eigene Zwecke, als vielmehr für die Unterstützung von verschiedenen Stiftungen und sozialen Projekten. Wenn man so will, hast Du nicht nur die drei bereits erwähnten Kinder, sondern einen ganzen Kindergarten! Und damit hattest Du ja bereits in deinem ersten Leben Erfahrung.

Da wäre die Hope Kapstadt Stiftung, die sich aidskranken Kindern in Südafrika widmet. Mit der Hope Gala und den dort eingeworbenen Spenden unterstützt Du die wertvolle Arbeit der Stiftung. Du hast den Women Award an innovative Frauen aus der IT-Branche initiiert, coachst junge Unternehmerinnen, investiert in Start-ups. Und neben all dem bist Du auch noch Honorarkonsulin für Finnland in Sachsen.

Der Begriff der Netzwerkerin scheint Dir auf den Leib geschneidert zu sein. Mit einer bewundernswerten Leichtigkeit bringst Du Menschen zusammen. Zahllose Netzwerke würde es ohne Dich nicht geben – vor allem geht es dabei um Frauen-Netzwerke. Am Anfang stand der Weiberstammtisch in Dresden, bei dem Du junge Unternehmerinnen zusammengebracht hast. Du wolltest den Vorsprung, den Männer in Sachen Netzwerke haben, aufholen. Du wolltest ihnen die Dominanz in den Führungsetagen der Unternehmen streitig machen.

Es würde den Rahmen sprengen, wenn ich hier nun jedes einzelne Netzwerk und jede einzelne Initiative aufzählen würde, die Du entweder initiiert hast oder unterstützt. Deshalb belasse ich es bei dem diesem Einblick.

Von Herzen gratuliere ich Dir, liebe Viola, zu der heutigen Auszeichnung mit der Goldenen Erbse 2024!

Ausgezeichnet wird damit eine außergewöhnliche Persönlichkeit, eine Frau, die durch ihren unermüdlichen Einsatz und ihr visionäres Durchsetzungsvermögen, nicht nur die Geschäftswelt, sondern auch das soziale Miteinander nachhaltig geprägt hat.

Du verkörperst das, wofür die Goldene Erbse steht: Mut, Innovation und das Streben nach einer besseren Welt. Dein Engagement hat nicht nur einzelne Leben bereichert und verändert, sondern auch viele künftige weibliche Führungspersönlichkeiten motiviert und inspiriert.

Dein unerschütterlicher Glaube an die Stärke von uns Frauen ist wegweisend und eine große Unterstützung im Kampf gegen Barrieren und Hürden, denen wir noch viel zu oft gegenüberstehen.

Möge dein Weg weiterhin von Erfolg, Inspiration und dem unermüdlichen Streben nach Veränderung geprägt sein. Es ist mir eine große Freude, Dich als Teil Deines Netzwerkes weiterhin dabei zu begleiten!

Herzlichen Glückwunsch!

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier