Elke Büdenbender hat am 2. Oktober in Hamburg ein neues Containerschiff der Reederei Hapag Lloyd getauft. Die "Berlin Express" ist mit 399 Metern Länge und Platz für etwa 24.000 Container nunmehr das größte Schiff unter deutscher Flagge. Der Frachter kann sowohl mit Flüssigerdgas (LNG) als auch mit herkömmlichem Treibstoff betrieben werden. Durch den Einsatz von LNG können bis zu 20 Prozent CO2 eingespart werden.
Ansprache von Elke Büdenbender:
Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
Die "Berlin Express". Das größte Schiff unter deutscher Flagge. Und wie groß es ist! Die Zahlen, die ich vorher gelesen hatte, waren schon beeindruckend. Aber als ich dann eben so daneben stand, war ich wirklich überwältigt. Es ist so groß, so beeindruckend, so faszinierend!
Dass ich dieses Schiff nun heute taufen darf, das empfinde ich als große Ehre. Es macht mich dankbar und ja, auch stolz. Wer kann schon von sich sagen, ein Paten"kind" zu haben, das über die Weltmeere fährt, jedem Sturm trotzt, und das obendrein noch technologisch so fortschrittlich ist?
Diese Taufe ist aber auch aus einem anderen Grund so bedeutend. Sie findet im Vorfeld des Tages der Deutschen Einheit statt, und die Feierlichkeiten stehen in diesem Jahr unter der Überschrift "Horizonte öffnen". Ich finde, eine bessere Maxime könnte es auch für „mein“ Schiff nicht geben. Denn ist es nicht das, was wir alle mit der Schifffahrt verbinden? Das Meer, die Weite, und Schiffe, die sich ihren Weg durch die See bahnen. Der schier unendlichen Kraft des Meeres zu trotzen und dabei zu neuen Ufern aufzubrechen, das ist faszinierend und zutiefst beeindruckend. Wir eröffnen uns hier mit Mut, Verstand und neuer Technologie weitere Horizonte.
Die "Berlin Express" setzt nicht nur von der Größe her neue Maßstäbe. Darüber hinaus macht sie mit ihrem Dual-Fuel-Antrieb einen ersten Schritt in Richtung emissionsfreier Schifffahrt. Weitere Schritte dieser Art müssen folgen, damit die Schifffahrt insgesamt sauberer wird, aber ein Anfang ist gemacht.
Aber auch menschlich und kulturell gesehen, öffnet die "Berlin Express" neue Horizonte. Sie verbindet Menschen, Länder und Kulturen, wenn sie Waren von Hamburg über Rotterdam und Singapur bis nach Ningbo in China transportiert. Über die Distanz kommt sich die Welt näher. Ein fairer Internationaler Handel, der auf Augenhöhe betrieben wird, kann eine Grundlage sein für friedliches Miteinander.
Aber auch das Leben und die Arbeit auf dem Schiff selbst erfordert Offenheit und einen sensiblen Umgang miteinander, der auch augenöffnend sein kann. 2019 besuchte ich die Seemannsmission in Wilhelmshaven und erfuhr mehr über das Leben und Arbeiten an Bord eines großen Containerschiffes. Die Seeleute verbringen teilweise viele Monate am Stück auf engem Raum fern der Heimat und fern der Lieben. Das bedeutet für sie Entbehrungen, aber auch die Notwendigkeit, über kulturelle und sprachliche Barrieren hinweg miteinander auszukommen und miteinander zu arbeiten.
Letzten Endes sendet nicht nur die Stadt Hamburg mit dem diesjährigen Motto der Einheitsfeierlichkeiten, sondern auch die "Berlin Express", die ja quasi im Geiste dieses Leitspruches getauft wird, ein Zeichen in die gesamte Republik: Öffnet Horizonte und öffnet auch Euren eigenen Horizont!
In Zeiten, in denen in unserem Land, aber auch in vielen anderen Ländern weltweit der gesellschaftliche Blick sich zunehmend aufs eigene Land richtet, die eigene Größe betont und das Andere abgewertet bis angefeindet wird, ist es umso wichtiger, den Blick wieder zu öffnen – auf andere und für andere. Nur wenn wir einander ansehen und miteinander reden, können wir als Gemeinschaft die Herausforderungen unserer Zeit bestehen. Und diese Herausforderungen gibt es: Krieg, Klimawandel, Inflation, um nur einige zu nennen. Den Blick dabei nur auf sich zu richten, führt in die Irre. Dann drehen wir uns nur um uns und damit im Kreis.
Ein Schiff kann auch nur vorwärts fahren, wenn wir uns einen Punkt am Horizont suchen, den wir ansteuern wollen. Voran kommt das Schiff dann aber nur, wenn seine Besatzung gemeinsam anpackt. Zwar gibt es einen Kapitän oder die Kapitänin, der oder die steuert, aber voran kommen auch sie auch noch heute nur, wenn sie ihre Seeleute mitnehmen. Und auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung sind es immer noch die Menschen, die die Technik bedienen und die Algorithmen steuern. Deshalb wünsche ich nicht nur meinem Schiff, sondern auch den Menschen in unserem Land: Werdet nicht müde, neue Horizonte zu öffnen! Sie verheißen neue Erfahrungen, inspirierende Begegnungen und ein bereicherndes und gewinnbringendes Miteinander.
Ich danke den beiden Kapitänen Michael Kowitz und Carsten Metzner, dass sie die Verantwortung über die "Berlin Express" und damit auch ihre Crew von 27 Personen übernehmen. Und ich danke allen, die heute zu dieser wunderbaren Tauffeier beigetragen haben.
Ich kann es nun kaum erwarten, mein Schiff zu taufen und es näher kennenzulernen. Ein Schiff von dieser Größe zu betreten, ist auch für mich ein neuer Horizont, auf den ich schon sehr gespannt bin und der mich auf jeden Fall bereichern wird.