Elke Büdenbender hat am 7. Juli am Fachtag Caritas-Bildungsbuddys – am Puls der Zeit
in Berlin teilgenommen.
Bildungsbuddys sind junge Menschen, die Kinder und Jugendliche in der stationären Jugendhilfe in Berlin betreuen, begleiten und fördern. Das Besondere an dem Projekt der Caritas ist der ganzheitliche Ansatz, indem Bildung und Freizeit in einer Person zusammenkommen. Elke Büdenbender hatte die Patenschaft für die Initiative übernommen.
Ansprache von Elke Büdenbender:
Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
Ich freue mich wirklich sehr, heute hier sein zu können. Ich habe die Caritas Bildungsbuddys kurz nach ihrer Gründung kennengelernt und bin sehr überzeugt von dem Konzept und der Idee, die dahinterstehen. Bildungs-Buddys. Das Wort sagt eigentlich schon alles. Es ist genau diese Kombination, die diese Initiative so gut macht. Hier geht es nicht um pure Nachhilfe – die für sich genommen natürlich auch ihren Wert hat. Und es geht auch nicht um das gemeinsame Abhängen mit einem Kumpel, einem Buddy. Nein, es geht darum, beides in einer Person zu vereinen – die Unterstützung bei schulischen Aufgaben mit der persönlichen Bindung.
Jeder Mensch möchte gesehen und gehört werden. Jeder Mensch möchte in seinen Sorgen und Nöten ernst genommen werden. Und jeder Mensch wünscht sich Unterstützung, wenn er merkt, dass er es allein nicht schafft. Das gilt umso mehr für Kinder und Jugendliche aus der Jugendhilfe, die zwar natürlich grundsätzlich gut versorgt sind. Meine Besuche in Einrichtungen der Jugendhilfe haben mir gezeigt, wie unermüdlich sich Heimleitungen und Betreuerinnen und Betreuer um das Wohl der Kinder bemühen, die teilweise schon schlimmste Erfahrungen haben machen müssen und die sich oft nicht gesehen und erst recht nicht geliebt fühlen.
Dennoch ist es doch so, und Sie alle hier im Raum wissen es besser als ich: Der Personalmangel lässt keine Eins-zu-eins-Betreuung zu, es ist schwierig und herausfordernd, jedes Kind immer gleich "voll" im Blick zu haben – mit all den Problemen, mit denen sich Kinder nicht selten herumplagen müssen: schulische Probleme, unter Umständen Mobbing- und Gewalterfahrung, Selbstzweifel, die manchmal in Depression umschlagen.
Kein Kind schafft es allein, damit umzugehen; jedes Kind braucht dann, wem erzähle ich das, Hilfe und Unterstützung, damit Schulleistungen nicht schlechter werden, Freundschaften nicht in die Brüche gehen oder erst gar nicht geschlossen werden. Die Kinder, die schon immer – ganz oft zu Recht – das Gefühl haben, hinterherzuhinken und nicht angenommen zu sein, wie sie sind, erfahren unter Umständen Misserfolge und ein Gefühl der Ausgrenzung. Damit nicht eine Abwärtsspirale in Gang kommt, die unter Umständen zu einem Abbruch der Schulausbildung führen kann, bedarf es der intensiven Begleitung und Unterstützung. Denn jedes Kind hat einen Anspruch darauf, etwas aus seinem Leben machen und seine Chancen wahrnehmen zu können. Das sind wir unseren Kindern schuldig. Kinder sind unsere Zukunft, und sie haben eine Chance auf eine gute Zukunft verdient. Deshalb dürfen wir nicht ein einziges Kind zurücklassen.
Genau hier kommen dann die Bildungsbuddys ins Spiel, die aufgrund ihres Alters und mit ihrer – ich will es mal so sagen – jugendlichen Ansprache eine ganz wertvolle Unterstützung für die Kinder sind.
Bildung ist für mich der Schlüssel zu einem guten und selbstbestimmten Leben. Das habe ich als UNICEF-Schirmherrin in Projekten in vielen Ländern dieser Welt gesehen, und das habe ich bei vielen Schul-, Kindergarten- und Projektbesuchen hier in Deutschland erlebt. Wir müssen unseren jungen Menschen helfen, ihre eigenen Talente und Potenziale zu entdecken, und sie darin bestärken, diesen zu folgen, ihren eigenen Weg zu gehen. Den Weg einzuschlagen, der sie erfüllt und der nicht nur den Erwartungen der Gesellschaft entspricht.
Hier können Bildungsbuddys wunderbar wirken. Im direkten Miteinander mit den jungen Menschen können sie gemeinsam mit ihnen auf Entdeckungstour gehen und schauen, was das Kind interessiert, was es glücklich macht und wie es sich sein Leben, seine Zukunft vorstellt. Aufgrund ihrer eigenen Biographie und oft anderen sozialen "Blase" können sie zudem mitunter den Horizont des Kindes erweitern und Interessen wecken. Und dann können sie das Kind oder den Jugendlichen bestärken, den eigenen Vorstellungen zu folgen, ihm immer wieder Mut zusprechen, an sich zu glauben. Im besten Fall steht der Bildungsbuddy über einen längeren Zeitraum an der Seite des jungen Menschen. Denn gerade Kinder und Jugendliche aus der Jugendhilfe sind oft stark verunsichert, haben aufgrund ihrer Biographie Lerndefizite oder Schwierigkeiten bei der sozialen Integration. Sie brauchen langfristige und nachhaltige Unterstützung und Zuspruch.
Ich wünsche mir deshalb, dass es die Caritas-Bildungsbuddys noch lange gibt und dass das Programm vielleicht sogar deutschlandweit ausgedehnt wird. Denn deutschlandweit gibt es junge Menschen, die unsere Unterstützung brauchen.
Die Bildungsbuddys sind jede Unterstützung wert, denn es hat sich auch gezeigt, dass die Bildungsbuddys nicht wie befürchtet – und was sie auch gar nicht können – unser Fachkraftgebot gefährden. Sie können im Gegenteil eine wichtige Unterstützung für unsere Fachkräfte sein. Und die brauchen diese mehr denn je. Die Platzkapazitäten in der stationären Hilfe werden weniger, aber der Bedarf steigt. Wir brauchen dringend nachhaltige, verlässliche Strukturen, um die Arbeitssituation der Pädagoginnen und Pädagogen zu verbessern und damit wiederum die Lebensbedingungen unserer Kinder und Jugendlichen zu verbessen und ihre Bildungs- und Zukunftschancen zu erhöhen.
Nun habe ich viel über die Kinder und Jugendlichen gesprochen, die natürlich auch im Zentrum unseres Interesses stehen. Aber wissen Sie, was ich noch so großartig an der Initiative finde? Sie ist ja keine Einbahnstraße. Die Bildungsbuddys selbst nehmen doch auch enorm viel mit. Nicht nur erarbeiten sie sich zusätzliche Qualifikationen und Erfahrungen. Mehr noch: Der Austausch mit einem jungen Menschen, der in den meisten Fällen wahrscheinlich ganz anders aufwächst als der Bildungsbuddy selbst, ist doch enorm bereichernd für beide Seiten. Auch die Älteren können von den Jüngeren lernen.
So entsteht aus Bildung vor allem auch eines: Herzensbildung, und von der können wir alle im gesamten Verlauf unseres Lebens nicht genug bekommen.
Es ist eine Beziehung, in der beide Seiten etwas gewinnen. Ich denke, dass die Kinder, die mit einem Bildungsbuddy zusammenkommen, in vielerlei Hinsicht positive Erfahrungen machen. Im besten Fall wird der junge Mensch neben höheren Bildungschancen und einem gesteigerten Selbstwertgefühl auch ein Gefühl der Selbstwirksamkeit erleben und erleben, dass er gesehen und ernst genommen wird. Ich habe nicht selten erlebt, dass Menschen, die solchermaßen Unterstützung erfahren haben, ganz oft auch schon in jungen Jahren etwas von dem zurückgeben wollen. Und das ist doch das, was wir heutzutage mehr denn je brauchen: Menschen, die Verantwortung übernehmen für sich und für andere, die teilhaben an der Gesellschaft und sich für diese und in dieser einsetzen.
So wird aus einem auf den ersten Blick kleinen Projekt eines mit großer Bedeutung nicht nur für den Einzelnen, sondern für unsere gesamte Gesellschaft. Deshalb habe ich damals wirklich gern die Patenschaft übernommen, und deshalb möchte ich Ihnen, der Caritas und allen an der Initiative Beteiligten heute vor allem herzlich dafür danken, dass sie dieses wertvolle Projekt ins Leben gerufen haben. Ich danke zudem allen Bildungsbuddys, dass Sie sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe annehmen. Ich hoffe, dass Sie nicht nur Vorbilder für die Kinder und Jugendlichen sind, die Sie betreuen, sondern auch für andere junge Erwachsene, die sich hoffentlich weiterhin zahlreich bereit erklären, als Bildungsbuddys zu arbeiten.
Vielen Dank und im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen: weiterhin viel Erfolg!