Elke Büdenbender hat am 13. Januar die Partnerinnen und Partner der in Deutschland akkreditierten Diplomatinnen und Diplomaten und die Vertreterinnen und Vertreter der von ihr unterstützten Organisationen und Initiativen zum traditionellen Neujahrsempfang in Schloss Bellevue empfangen.
Ansprache von Elke Büdenbender:
Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
Zwei Jahre habe ich Sie nun nicht zum Neujahrsempfang hier ins Schloss Bellevue einladen können. Die Pandemie hat es leider verhindert. So freue ich mich umso mehr, dass wir heute nun endlich wieder zusammenkommen können. Mir haben diese nun fast drei Jahre Pandemie gezeigt: Die digitalen Medien ermöglichen es uns, trotz räumlicher Trennung in Kontakt zu bleiben, Konferenzen und selbst Veranstaltungen lassen sich auch digital durchführen, und das oft erstaunlich gut und effizient. Dennoch bleibt mir vor allem eine Erkenntnis: wie sehr ich trotz allem die echte
Begegnung und den echten
Austausch mit Menschen schätze und auch brauche. Und ich glaube, das ging den meisten von uns so, nicht wahr?
Das, was mir besonders wichtig ist und was ich meiner Meinung nach in meiner Funktion auch am besten tun kann, ist, Menschen zusammenzubringen. Menschen, die sich über die Dinge, die sie bewegen, austauschen und die sich überlegen, wie sie gemeinsam etwas bewegen können.
Dabei lege ich bewusst die Betonung auf gemeinsam
. Denn wenn uns die Zeit der Pandemie und auch das vergangene Jahr, das vom schrecklichen Krieg in der Ukraine gezeichnet war, eines gezeigt haben, dann doch das: Nur zusammen können wir die Welt zu einer besseren machen. Gemeinsam haben wir uns den Herausforderungen der Pandemie gestellt, und gemeinsam haben wir uns an die Seite der Ukraine gestellt, die im Februar vergangenen Jahres heimtückisch von Russland überfallen wurde.
Dadurch, dass wir zusammengerückt sind, dass wir uns solidarisiert haben – mit unseren Mitmenschen im eigenen Land, mit Menschen, die bei uns Zuflucht gesucht haben, und mit Menschen in anderen Ländern –, haben wir uns den vielen, ja schier nicht enden wollenden Krisen und Herausforderungen stellen können. Denn ist es nicht so: Man hat doch das Gefühl, dass die Welt, wo immer man hinblickt, aus den Fugen ist.
Mein Mann bezeichnete den 24. Februar des vergangenen Jahres in seiner Rede im Oktober hier in Bellevue als Epochenbruch. Die Jahre des Rückenwindes sind vorbei, wir leben nun in einer Epoche im Gegenwind. Das stimmt. Alles, was wir uns über Jahrzehnte geschaffen haben und was wir für sicher oder mindestens erreichbar hielten – Frieden, Freiheit, Wohlstand, das Bemühen um Gerechtigkeit –, scheint fragil und wird in Frage gestellt.
Und doch möchte ich Ihnen an diesem Tag kurz nach Beginn des neuen Jahres vor allem eines sagen: Es gibt trotz allem viele Gründe, zuversichtlich zu sein – zuversichtlich und, ja, auch optimistisch.
Denn, meine lieben Damen und Herren, lassen Sie mich hier Louisa May Alcott, eine amerikanische Schriftstellerin, Frauenrechtlerin und Gegnerin der Sklaverei zitieren: Ich habe keine Angst vor Stürmen, denn ich lerne, wie ich mein Schiff steuern muss.
Das heißt, vieles liegt in unserer Hand, jede und jeder Einzelne trägt Verantwortung für sich und andere.
Weise Sätze wie diese sind sicherlich keine Allheilmittel und wirken in manchen Situationen geradezu deplatziert. Aber mir sind sie doch oft Ermutigung und Ansporn, auch wenn ich noch keine Antworten oder Lösungen habe. Ich weiß aber: Es gibt sie, die Lösungen, und wir müssen uns gemeinsam darum bemühen. Wenn ich mich hier im Saal umschaue, dann sehe ich mit Freude so viele Menschen, die das selbstverständlich und unermüdlich bereits seit vielen Jahren machen; die sich dem Wind entgegenstellen, die Segel setzen, damit das Schiff in die richtige Richtung steuern kann, hin zu mehr Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für möglichst alle Menschen auf der Welt.
Wir werden immer nur gemeinsam erfolgreich sein. Deshalb ist es für mich auch so wichtig, dass alle Menschen einer Gemeinschaft die Möglichkeit haben, an dieser teilzuhaben und sich selbstbestimmt einzubringen. Sie alle hier im Saal leisten auf Ihre je eigene Weise einen großen Beitrag dazu.
Sie, liebe Partnerinnen und Partner der Angehörigen des Diplomatischen Korps, tragen wesentlich zur Völkerverständigung bei, indem Sie uns Ihre jeweilige Kultur und Ihre Bräuche näherbringen. In einer Zeit, in der wir das Gefühl haben, dass in immer mehr Ländern populistische Tendenzen erstarken und sich diese Länder abschotten, statt in Gemeinschaft mit anderen Ländern zu handeln, ist der Austausch von Menschen verschiedener Nationen wichtiger denn je.
Viele von Ihnen engagieren sich im Bereich der Bildung, für gleiche Bildungschancen für alle – und zwar schon ab dem Kindergartenalter. Alle Menschen müssen die gleichen Chancen haben, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts, egal wo sie leben und egal ob sie körperliche oder geistige Beeinträchtigungen haben. Bildung bleibt für mich der wichtigste Schlüssel für Teilhabe und somit ein selbstbestimmtes Leben.
Andere setzen sich für unsere Mütter, Väter und pflegenden Angehörigen ein und stärken somit die Familien unseres Landes. Sie ermöglichen Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Wieder andere helfen Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, auf verschiedenste Art und Weise dabei, sich hier zu Hause zu fühlen. Das waren im vergangenen Jahr natürlich vor allem Menschen aus der Ukraine, und die spontane Hilfsbereitschaft und Solidarität hat mich wirklich beeindruckt. Sie war grenzenlos und ist ungebrochen.
Ihnen allen, auch denen, die darüber berichten und die gute Sache zum Thema machen, danke ich von Herzen für Ihr Engagement und dafür, dass ich mit Ihnen zusammenarbeiten durfte und darf. Schon das, was Sie alles leisten, füttert meinen Optimismus.
Bei all dem schrecklichen Leid, das sich direkt vor unserer Haustür in Europa abspielt, wünsche ich mir dennoch, dass wir auch die anderen Krisenherde nicht aus den Augen verlieren. Was gerade mit den Frauen in Afghanistan passiert, zerreißt mir das Herz und macht mich so zornig. Ich kann in keiner Weise nachvollziehen, wie Männer Frauen das antun können. Frauen aus dem öffentlichen Leben auszuschließen, ihnen die Bildung zu versagen und sie mit Gewalt zu strafen, dürfen wir nicht einfach hinnehmen!
Im Iran gehen die Frauen, aber auch Männer für die Freiheit der Frauen und aller Menschen dort auf die Straße. Sie riskieren dabei ihr Leben. Sie sind so unglaublich mutig, und ich finde: Wir müssen sie unterstützen!
Die Hungersnot zum Beispiel am Horn von Afrika nimmt unter anderem als Folge des Krieges in der Ukraine dramatische Ausmaße an. Ich bin froh, dass es Organisationen wie UNICEF gibt, die hier unermüdlich für eine Verbesserung der Lebensumstände der Menschen kämpfen. Ein Besuch in der UNICEF Supply Division in Kopenhagen im Oktober hat mir gezeigt, wie extrem gut organisiert die Logistik ist. Von hier aus werden Hilfsmittel in die ganze Welt geschickt.
Aber auch die Menschen in unserem eigenen Land dürfen wir nicht übersehen. Steigende Lebenshaltungskosten sind für viele Menschen existenzbedrohend. Sie brauchen eine gute und sinnvolle Unterstützung und das Gefühl, im Anblick der weltweiten Krisen nicht übersehen zu werden.
Und natürlich gehört auch der Klimawandel ganz oben auf unsere Agenda: Dessen Folgen spüren wir alle mittlerweile deutlich. Hier muss schnell gehandelt werden. Das sind wir unseren Kindern und Jugendlichen schuldig – und das fordern sie auch zu Recht von uns ein.
Wir haben nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt – und das ist ein Grund für meinen optimistischen Blick auf unsere Zukunft – ganz großartige junge Menschen, die bereit sind, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Sie erheben ihre Stimme und haben klare Forderungen an uns Erwachsene.
Um auf das anfängliche Bild zurückzukommen: Wir können ihnen zeigen, dass und wie sie die Segel setzen können, aber wir sollten auch zuhören, wenn sie ihre eigene Technik und eigene Ideen entwickeln möchten. Vor allem sollten wir eines lassen: ihnen ihre Route zu diktieren. Die werden sie schon selber finden, und wir können unsere Erfahrungen mit ihnen teilen.
Nun freue ich mich, mich endlich wieder mit Ihnen austauschen zu können. Ich bin gespannt, wie es Ihnen ergangen ist, und bin gespannt, welche neuen Ideen Sie haben. Und ich freue mich, wenn Sie sich vor allem auch untereinander austauschen – und neue Ideen aushecken.
Bevor wir das tun, hören wir aber noch ein Stück der jungen Musikerinnen und Musiker des Jazz-Institut Berlin. Ich danke Ihnen für Ihre wunderbare musikalische Begleitung und Ihnen allen für Ihr Kommen!
Vielen Dank und Ihnen allen ein frohes, gesundes und friedliches neues Jahr!