Ansprache beim 2. Kiewer Summit of First Ladies and Gentlemen

Schwerpunktthema: Bericht

23. Juli 2022

Elke Büdenbender hat am 23. Juli mit einer digitalen Ansprache am 2. Kiewer "Summit of First Ladies and Gentlemen" teilgenommen, zu dem Olena Selenska, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky eingeladen hatte.

Elke Büdenbender hält eine digitale Ansprache beim 2. Kiewer Summit of First Ladies and Gentlemen, veranstaltet von Olena Selenska, der Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky

Elke Büdenbender hat am 23. Juli mit einer Ansprache am 2. Kiewer Summit of First Ladies and Gentlemen teilgenommen. Olena Selenska, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky, hatte zu der Veranstaltung mit dem Thema Die Ukraine und die Welt – die Zukunft, die wir gemeinsam (wieder) aufbauen werden eingeladen.

Rede von Elke Büdenbender

Wo Bomben fallen, hört Kindheit auf. Seit dem 24. Februar müssen Kinder in der Ukraine um ihr Leben bangen – um ihres und das ihrer Mütter, Väter, Geschwister und Großeltern. Sie erleben Gewalt, sehen Bomben einschlagen, müssen Schutz in U-Bahnschächten suchen oder gar fliehen – aus ihrer Heimat, dem Ort, an dem sie sich bis vor Kurzem geborgen fühlten, an dem sie in die Schule gingen, in den Sportverein oder zum Klavierunterricht, Freundinnen und Freunde trafen, Spaß hatten und lachten.

Die Unbeschwertheit ist von einem Tag auf den anderen der Angst und der Sorge gewichen. Neben der eigenen Angst spüren sie die der Menschen um sie herum. Das belastet und macht krank.

In den heftig umkämpften Gebieten fehlt es an allem: an Lebensmitteln, Medikamenten, sanitären Einrichtungen und Trinkwasser. Rund drei Millionen Kinder innerhalb der Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zwei Drittel der ukrainischen Kinder mussten bereits ihr Zuhause verlassen, Millionen Familien haben ihre Lebensgrundlagen verloren.

Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt handeln, um alles dafür zu tun, dass die Kinder in den Kriegsgebieten, aber auch die, die in anderen Ländern Zuflucht gesucht haben, nicht weiter traumatisiert werden. Dass sie, soweit das geht, Normalität leben können. Sie brauchen jetzt vor allem Sicherheit und psychosoziale Unterstützung. Seit gut fünf Jahren bin ich Schirmherrin von UNICEF Deutschland, und was ich bei meinen UNICEF-Projektbesuchen in verschiedenen Ländern der Welt immer wieder beobachten konnte: Kinder sind meist erstaunlich widerstandsfähig. Trotz schlimmer Erfahrungen können sie Halt finden, wenn sie Unterstützung erhalten und sichere Zufluchtsorte haben, wo sie spielen und lernen können.

Gerade Schulen spielen hier eine zentrale Rolle. Nicht nur ist Bildung wichtig, um den Kindern die Perspektive auf ein gutes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Schulen sind vor allem auch ein sicherer Ort, der ihnen Halt gibt und eine gewisse Form von Normalität erlaubt.

UNICEF leistet hier einen unverzichtbaren Beitrag mit lebensrettenden Hilfsgütern. Die Lieferungen umfassen medizinische Ausrüstung und Medikamente sowie Decken und warme Kleidung, aber eben auch Spiel- und Lernmaterialien für Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF sogenannte Spilno-Kinderzentren aufgebaut. In diesen Rückzugsorten erhalten Kinder und ihre Begleitpersonen Unterstützung. Mobile Teams leisten an Hotspots, Sammelpunkten für vertriebene Familien und Grenzübergängen psychosoziale Hilfe für Kinder.

Auch in den Nachbarländern der Ukraine unterstützt das Kinderhilfswerk Behörden dabei, geflüchteten Familien den Zugang zu Kinder- und Jugendhilfe oder Bildung zu ermöglichen. An einigen Orten wurden sogenannte Blue-Dot-Anlaufstellen eingerichtet – sichere Orte, an denen Kinder und ihre Familien Hilfe und Unterstützung erhalten.

Was mich in all dem Leid immer wieder zuversichtlich stimmt, ist die Solidarität und die Hilfsbereitschaft der Menschen in den Ländern, in denen die ukrainischen Kinder und ihre Familien ein vorübergehendes Zuhause finden. Hier packen alle an, um den Menschen, die alles verloren haben, möglichst viel zurückzugeben, Wohnraum, Nahrung, Kleidung und auch hier ganz wichtig: Bildung – schulisch oder frühkindlich im Kindergarten.

In Deutschland zum Beispiel sind viele Kinder ganz selbstverständlich in deutschen Schulen und Kindergärten aufgenommen worden. Es gab sogenannte Willkommensklassen, aber viele sind inzwischen in die herkömmlichen Klassen gekommen – lernen also Deutsch, bekommen aber, wo immer möglich, zusätzlich Unterricht in ukrainischer Sprache. Oder sie nehmen an digitalen Unterrichtsangeboten in ukrainischer Sprache und auf Grundlage der ukrainischen Curricula teil.

Diese schnelle Hilfe ist jetzt enorm wichtig, aber wir alle hoffen natürlich, dass sie bald nicht mehr gebraucht wird und die geflüchteten Menschen in ihre Heimat zurückkehren können. Das ist ihr eigener größter Wunsch – verständlicherweise.

Aber auch andere Kinder in der ganzen Welt leiden unter diesem Krieg Russlands in der Ukraine. Der Krieg hat Versorgungsketten und die Nahrungsmittelproduktion empfindlich gestört. Das trägt zum globalen Anstieg der Lebensmittelpreise bei – was besonders Kinder treffen wird. Mangelernährung hat bereits zugenommen, zum Beispiel am Horn von Afrika. Der Klimawandel tut ein Übriges.

Es ist deshalb wichtig, dass die Regierungen anderer Geberländer die Ukraine unterstützen – jetzt und auch langfristig. Es wird zusätzliche Unterstützung benötigt, keine Umwidmung von Mitteln, um nicht andere Kinder in Not weiter ins Elend zu treiben.

Es sind doch die Kinder, die weltweit am meisten unter den Konflikten und dem Klimawandel leiden und daher unsere Unterstützung am nötigsten haben.

Als Schirmherrin möchte ich für UNICEF und im Namen der Kinder dieser Welt sagen: Es ist Zeit, sich für Kinder stark zu machen. Für Kinder, unsere Zukunft. Für eine sichere, gerechte und nachhaltige Zukunft. Eine, in der alle Kinder besser leben können: Mädchen, Jungen, Kinder mit Beeinträchtigungen und Kinder auf der Flucht. Wir alle tragen Verantwortung, für Kinderrechte einzutreten und in den Bereichen zu unterstützen, die zur Verwirklichung einer gerechten Welt unabdingbar sind.

Wir alle schließt auch uns Partnerinnen und Partner der Staatsoberhäupter ein. Gerade wir können humanitär so viel bewirken. Ich weiß, dass viele von Ihnen da schon sehr viel tun. Lassen Sie uns nicht müde werden, uns auch weiter für unsere Kinder und somit unser aller Zukunft einzusetzen. Und lassen Sie uns gerade in Zeiten wie diesen und an Tagen wie diesem schauen, ob und wie wir gemeinsam noch mehr erreichen können. Ich jedenfalls stehe für gemeinsame Aktionen bereit. Denn ich möchte es noch einmal sagen: Globale Krisen können wir nur gemeinsam bewältigen, jede und jeder von uns.

Danke für Ihren großen Beitrag dazu. Ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit!