Einweihung des Audioguides für das Schloss Charlottenburg in ukrainischer Sprache und Videogespräch mit Olena Selenska

Schwerpunktthema: Bericht

14. Juli 2022

Elke Büdenbender hat am 14. Juli an der Einweihung des Audioguides für das Schloss Charlottenburg in ukrainischer Sprache teilgenommen. Anschließend führte sie ein Videogespräch mit Initiatorin Olena Selenska, der Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky.

Elke Büdenbender im Videogespräch mit Olena Selenska, der Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky

Elke Büdenbender hat am 14. Juli gemeinsam mit Olena Selenska, der Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky, einen ukrainisch-deutschen Multimedia-Guide für das Museum im Schloss Charlottenburg in Berlin vorgestellt.

Olena Selenska hatte bereits im vergangenen Jahr eine Initiative gestartet, damit Multimedia-Guides in europäischen Kultureinrichtungen künftig auch Ukrainisch in der Sprachauswahl anbieten. Ein Service, der sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs auch an die zahlreichen Ukrainerinnen und Ukrainer richtet, die seitdem nach Deutschland geflohen sind.

Olena Selenska konnte aufgrund der politischen Situation nicht persönlich in Berlin dabei sein, sondern war per Videokonferenz zugeschaltet.

Rede von Elke Büdenbender

Eigentlich hatten wir, liebe Frau Selenska, uns im vergangenen Jahr verabredet, diesen ukrainisch-deutschen Multimedia-Guide gemeinsam hier in Schloss Charlottenburg ins Leben zu rufen.

Es war letztes Jahr im Oktober, als wir darüber sprachen. Wir entschieden, den Audioguide im Naturkundemuseum, der zuvor starten sollte, digital zu launchen – eine Entscheidung, die wir mit Blick auf die Pandemie so fällten. Am Ende haben wir sogar den digitalen Launch abgesagt, weil die Kriegsbedrohung täglich wuchs und einen Tag später ihr Land brutal angegriffen wurde.

Seit dem 24. Februar sterben in Ihrem Land tagtäglich Menschen – Kinder, Frauen und Männer –, werden Häuser zerbombt. Millionen von Ukrainerinnen und Ukrainern haben ihre Heimat verlassen und ihr ganzes Hab und Gut zurückgelassen, vor allem aber ihnen nahestehende Menschen. Frauen und Kinder haben ihre Ehemänner und Väter zurückgelassen, die seitdem für Ihr Land kämpfen, um es gegen den russischen Aggressor zu verteidigen. Sie kämpfen für ihr Land und seine Menschen – für ihre Freiheit, für Frieden, Demokratie und Selbstbestimmung.

So können wir beide, liebe Frau Selenska, heute wieder nicht an einem Ort stehen. Sie sind in Kiew, und ich stehe hier nun – neben Ihrem Herrn Botschafter und Herrn Professor Vogtherr – im Schloss Charlottenburg in Berlin.

Der Kontrast könnte nicht größer sein, und manch einer mag im ersten Moment denken: Warum einen Multimedia-Guide in einem fernen Schloss launchen, wenn das eigene Land unter Beschuss steht?

Aber, liebe Frau Selenska, wir sind überzeugt: Gerade jetzt ist es wichtig, ein Zeichen zu setzen – gegen den Krieg und die Verheerungen, gegen Entwurzelung und Verlust.

Nach Schätzungen des UNHCR sind rund neun Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aus ihrem Heimatland geflohen, über 800.000 davon sind mittlerweile in Deutschland angekommen. Viele konnten nichts mitnehmen, was sie mit ihrer Heimat verbindet – keine Bücher in ukrainischer Sprache zum Beispiel. Was ihnen im Moment bleibt, sind ihre Sprache und die Erinnerungen, die sie im Herzen tragen.

Deshalb darf die Bedeutung von Sprache und auch die von Kultur nicht unterschätzt werden. Beide schaffen eine enge Verbindung zum Heimatland. Und deshalb ist es wichtig, dass den ukrainischen Menschen in Deutschland die Möglichkeit gegeben wird, Kunstwerke, historische Gebäude, die Kultur in ihrer Sprache zu sehen und zu erleben. So bleibt die Verbindung zum Heimatland lebendig, und so werden auch die Erinnerungen an dieses erhalten.

Ich selbst habe noch nie in einer Situation gestanden wie die Ukrainerinnen und Ukrainer heute. Dennoch kann ich mir vorstellen, wie elementar gerade jetzt die eigene Sprache ist – in ihr Heimat zu bewahren, in ihr zu denken, zu fühlen und zu leben. Alles, was wir dafür tun können, damit sie diese Möglichkeit auch weiter haben, wollen wir tun.

Ukrainische Kultur ist ein Teil der Vielfalt der europäischen Kulturen. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass deutsche Kultureinrichtungen derzeit ukrainische Kultureinrichtungen unterstützen und praktische Hilfe vor Ort leisten. Auf ihrem europäischen Weg ist die Ukraine durch die Vergabe des EU-Kandidatenstatus‘ gerade einen großen Schritt weitergekommen. Daher freut es mich, dass wir heute einen weiteren Beitrag zur Verbindung unserer beiden Länder leisten und mit Ihnen den Multimedia-Guide in Schloss Charlottenburg ins Leben rufen.

Ich hoffe, dass auf diese Weise für viele ukrainische Menschen hier in Deutschland eine Brücke zur Heimat Ukraine gebaut wird. Kunst, Kultur und Geschichte verbinden – Menschen und Nationen. Und deshalb sind sie gerade in Zeiten von Konflikten, Krisen und Kriegen von enormer Bedeutung.

So danke ich Ihnen, liebe Frau Selenska, für diese europaweite Initiative, der ukrainischen Botschaft für die Unterstützung und Ihnen, sehr geehrter Herr Professor Vogtherr, dass Sie der ukrainischen Sprache im Schloss Charlottenburg Raum zum Leben geben.

Vielen Dank.