Elke Büdenbender hat am 19. Mai als UNICEF-Schirmherrin und Ehrengast am Abendessen der G7-Finanzministerinnen und -minister sowie Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure in der Villa Hammerschmidt in Bonn teilgenommen und eine Rede gehalten.
Anlass war ein dreitägiges Treffen in Bonn und Königswinter auf Einladung von Bundesfinanzminister Christian Lindner im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft.
Rede von Elke Büdenbender
Es ist mir eine große Ehre, heute hier in der Villa Hammerschmidt, dem zweiten Amtssitz des Bundespräsidenten, zu Ihnen sprechen zu dürfen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Kommen und Ihnen, lieber Herr Finanzminister Lindner, und Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Nagel, für die Einladung.
Seit fünf Jahren bin ich Schirmherrin von UNICEF Deutschland. Seit fünf Jahren darf ich die Arbeit dieser großartigen Organisation begleiten und unterstützen. Eine Organisation, die sich für das Kostbarste einsetzt, das wir haben: unsere Kinder. Unsere Kinder sind unsere Zukunft, und es ist unsere Verantwortung, ihnen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Jedes Kind hat das Recht auf eine Kindheit
Seit gut 75 Jahren setzt sich UNICEF unermüdlich genau dafür ein – in 190 Ländern sorgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hilfswerkes der Vereinten Nationen dafür, dass Kinder ihr Recht auf Überleben, Lernen, Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, eine saubere Umwelt und Chancengerechtigkeit verwirklichen können. 45% aller Kinder unter fünf Jahren weltweit versorgen wir gemeinsam mit Partnern mit Impfstoffen, Schulen werden ausgestattet, Voraussetzungen für sauberes Trinkwasser und ausreichend Ernährung geschaffen.
In diesen fünf Jahren als Schirmherrin bin ich vielen Kindern und Jugendlichen in UNICEF-Programmen weltweit begegnet.
Straßenkinder im südindischen Chennai haben mir erzählt, wie sie sich gegenseitig stärken, um es in ein Leben jenseits der Straße und der Müllhalden, auf den sie arbeiteten, zu schaffen. So wächst Hoffnung.
Junge Frauen aus Townships in Südafrika berichteten mir, wie sie es aus der Perspektivlosigkeit geschafft haben: Sie haben in technischen Berufen Fuß gefasst, verdienen sich ihren Lebensunterhalt selbst, gehen selbstbewusst und selbstbestimmt durchs Leben. So wächst Anerkennung.
Jane Masisi, die Ehefrau des botswanischen Staatspräsidenten, und ich haben HIV-positive Kinder und Jugendliche in Gaborone besucht. Wir erlebten selbstbewusste junge Menschen, die dank der Entwicklung wirklich wirksamer Medikamente gut und ohne Stigmatisierung mit ihrer Krankheit leben konnten. So wächst die Perspektive auf ein langes, gesundes Leben.
Und kurz vor Ausbruch der Pandemie besuchte ich eines der ärmsten Länder der Welt: Nepal. Noch heute sehe ich die strahlenden Augen der Mädchen vor mir. Sie waren die ersten in ihrer Familie, die nicht jung zwangsverheiratet wurden, sondern zur Schule gehen durften und denen damit die Aussicht auf ein unabhängiges Leben gegeben wurde. Sie hatten alle so große Pläne, was sie werden und aus ihrem Leben machen wollten. Ja, da waren auch stolze Väter.
Ich denke, wir alle ahnen, was die Pandemie aus den Träumen dieser Mädchen gemacht hat.
Was all diese jungen Menschen verbindet, ist der starke Wille, etwas aus dem eigenen Leben zu machen, selbstbestimmt. Diese jungen Menschen haben mir gezeigt: Menschen, die die notwendige Unterstützung bekommen, haben große Chancen, den widrigen Umständen, in denen sie leben, zu trotzen.
Diese, unsere gemeinsame und einzige Welt ist sehr herausfordernd und die Probleme – wem sage ich das – vielfältig: Hunger, Kriege, Krankheiten, die Auswirkungen des Klimawandels. Wenn wir heute und jetzt darauf schauen, können wir nur feststellen, es ist natürlich nicht einfacher geworden: Wohl wie noch nie zuvor bedrohen so viele globale Krisen das Leben von Kindern. Alles zur gleichen Zeit: fortdauernde blutige Konflikte in Syrien, Afghanistan, im Jemen, humanitäre Notlagen die Folgen des Klimawandels, Umweltgefahren, zweieinhalb Jahre Covid-19-Pandemie – und jetzt in Europa der Krieg in der Ukraine. All das hat sich zu einer mehrdimensionalen Krise verdichtet.
Einer derart komplexen und globalen Krise muss in meinen Augen ebenso global begegnet werden. Hier müssen alle anpacken, die Weltgemeinschaft muss schnell und gemeinsam handeln, damit die Welt von morgen eine Chance hat, eine friedlichere und gerechte zu werden. Das ist der Grund dafür, meine Damen und Herren, warum Sie, warum wir hier zusammen sind.
Wenn wir auf die Ukraine schauen, sehen wir: Das Tempo und Ausmaß der humanitären Krise dort sind enorm. Im April benötigten bereits mehr als zwei Millionen Kinder dringend humanitäre Hilfe. Mehr als fünf Millionen Menschen haben das Land bereits verlassen, UNICEF schätzt, dass knapp die Hälfte davon Kinder sind.
In unserer globalisierten Welt aber bleiben Krisen meist nicht regional. Schon jetzt können wir vorhersehen, dass der Krieg Auswirkungen auf die Leben von Kindern weltweit haben wird. Der Krieg hat Versorgungsketten und die Nahrungsmittelproduktion zum Stillstand gebracht. Das führt zu einem globalen Anstieg der Lebensmittelpreise – was besonders Kinder treffen wird. Mangelernährung wird zunehmen, z.B. am Horn von Afrika.
Es ist deshalb wichtig, dass die Regierungen der G7-Staaten die Ukraine unterstützen – jetzt und auch langfristig. Diese Unterstützung darf aber nicht mit Ressourcen und Geldern aus den Töpfen genommen werden, die andere Kinder in Not benötigen. Nein, es muss sich vielmehr um eine zusätzliche Unterstützung handeln. Und die können wir, können Sie schaffen. Es sind doch die Kinder, die weltweit am meisten unter der Pandemie, dem Klimawandel und den Konflikten leiden und daher unsere Unterstützung am nötigsten haben.
Als Schirmherrin möchte ich für UNICEF und im Namen der Kinder dieser Welt sagen: Es ist Zeit, sich für Kinder stark zu machen. Für Kinder und eine sichere, gerechte und nachhaltige Zukunft. Eine, in der alle Kinder besser leben können. Die G7-Staaten tragen die Verantwortung, für Kinderrechte einzutreten und in den Bereichen zu unterstützen, die zur Verwirklichung einer gerechten Welt unabdingbar sind. Wir brauchen Sie!
Drei Bereiche verdienen da unsere besondere Aufmerksamkeit: Bildung, Gesundheit und Klima.
Bildung ist für mich der Schlüssel zu einem besseren und selbstbestimmten Leben. Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft. Deshalb müssen wir allen Kindern den Zugang zu Bildung ermöglichen, vor allem auch den Mädchen.
Die G7-Staaten sind seit jeher große Unterstützer der Bildung gewesen, und dafür danke ich Ihnen herzlich. Gerade jetzt nach zweieinhalb Jahren Pandemie ist es wichtig, die Kinder wieder in die Schulen zurückzubringen. Auch hier gilt: vor allem die Mädchen müssen zurückkehren. Sonst riskieren wir, eine ganze Generation Mädchen wieder an Armut, Zwangsverheiratung und frühe Mutterschaft zu verlieren. Zahlen, die UNICEF vorliegen, besagen: Durch die pandemiebedingten Schulschließungen könnten 20 Millionen Mädchen dauerhaft der Schule fernbleiben. 10 Millionen sind von früher Zwangsverheiratung bedroht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich denke, dass wir neben der großen Not der Menschen in der Ukraine und trotz unserer Angst vor einer Eskalation und Ausweitung des Krieges auch die anderen Krisenregionen der Welt nicht vergessen dürfen. Der globale Süden braucht weiter jede Unterstützung in der Bekämpfung der Armut. Denn Armut macht besonders verwundbar – im Kampf gegen Krankheiten, Hunger, Klimawandel und gegen Gewalt und Ausbeutung.
Wir müssen weiter investieren in den Gesundheitssektor, weltweit. Pandemiebedingt wurden wichtige Impfungen versäumt, Krankheiten wie z.B. die Masern haben wieder enorm zugenommen. Dabei müssen wir noch stärker die Gesundheit von Kindern in den Blick nehmen und ihre primäre Versorgung gewährleisten. Und was die Pandemie und der Ukraine-Krieg nun noch einmal deutlich zeigen: Wir müssen dringend mehr in die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen investieren. Denn: Alle Krisen, egal ob menschengemacht oder natürlichen Ursprungs, belasten vor allem unsere Kinder und Jugendlichen.
Auch die globale Covax-Initiative verdient weitere Unterstützung. UNICEF hat hier eine zentrale Rolle gespielt.
Der Klimawandel hat bereits jetzt unbestreitbare Auswirkungen auf die Lebensbedingen sehr vieler Kinder in der Welt. Dieser Klimawandel betrifft uns alle. Und ich denke, auch da wird niemand widersprechen können, der Umbau der Energieversorgung unserer weltweiten Wirtschaft ist dringend nötig! Ich weiß, es klingt wie die Quadratur des Kreises, ein ressourcenschonender, das Klima schützender Umbau, ohne zugleich neue Abhängigkeiten zu schaffen. Aber das ist eben die Aufgabe einer global denkenden und handelnden Politik.
Ein Ziel von UNICEF in diesem Bereich ist nun: Familien klimaresilienter machen. Ich freue mich, dass die neue Executive Direktorin Catherine Russell Ihnen sowie den G7-Gesundheitsminister:innen morgen bei Ihrem Working Lunch mehr dazu sagen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen sagen, dass ich trotz aller Herausforderungen optimistisch bin. Es liegt an uns allen, diese Welt zu einer guten Welt für Kindern zu machen. Wir sollten mutig und zuversichtlich sein, die richtigen Wege zu finden,
Jedes Kind zählt, jedes Kind verdient unsere Liebe, jedes Kind braucht unseren Schutz. Sie, die Sie hier für Ihre Länder, die Menschen, Nationen und Organisationen stehen, auf Sie kommt es an. Sie, wir alle, können einen Unterschied machen.
Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und noch viel mehr für Ihre große Unterstützung für die Menschen dieser Welt – den großen wie den kleinen.
Address by Elke Büdenbender
at the dinner for the G7 Finance Ministers and Central Bank Governors
It is a great honour for me to speak to you this evening here in Villa Hammerschmidt, the Federal President’s second residence. I would like to thank you most sincerely for coming. And I would also like to express my thanks to you, Finance Minister Lindner, and to you, Dr Nagel, for this invitation.
For five years, I have been the patroness of UNICEF Germany. For five years, I have been following and supporting the work of this wonderful organisation, an organisation which champions those most precious to us: our children.
Our children are our future and it is our responsibility to enable them to lead lives worth living. Every child has the right to a childhood.
For more than 75 years now, UNICEF has been working tirelessly for precisely that – in 190 countries, the staff of this UN organisation ensure that children can realise their right to survival, learning, protection from violence and exploitation, a clean environment and equal opportunities. Together with our partners, we provide 45 percent of all children under the age of five worldwide with vaccines.
We equip schools and ensure that the right conditions are in place for safe drinking water and sufficient food.
During my five years as patroness, I have met many children and young people in UNICEF programmes around the world. Street children in Chennai in southern India told me how they help each other to achieve a life away from the streets and the rubbish dumps where they work. That is how hope is fostered.
Young women from townships in South Africa told me how they managed to escape a life without prospects: they have established themselves in technical professions, earn their own living and lead self-determined lives with self-assurance. That is how respect is fostered.
I visited HIV-positive children and young people in Gaborone with Jane Masisi, the wife of Botswana’s President. We saw self-confident young people who, thanks to the development of truly effective medicines, were able to lead good lives and were not stigmatised on account of their illness. That is how a long and healthy life is fostered.
And just before the outbreak of the pandemic, I visited one of the world’s poorest countries: Nepal. To this very day, I can see the girls’ shining eyes before me. They were the first in their families not to be forced to marry young but, instead, were allowed to go to school and thus had the prospect of leading independent lives.
They all had such big plans for the future and what they wanted to do with their lives. And yes, there were also proud fathers there.
I think we all know what impact the pandemic will have had on these girls’ dreams.
What all these young people have in common is their strong will to make something of their lives, to make their own choices. These young people have shown me that individuals who get the support they need stand a good chance of overcoming the adverse circumstances in which they live.
This, our shared and our only world is very challenging and – but I don’t need to tell you that – its problems are manifold: hunger, wars, diseases, the impact of climate change. If we look at all of this here and now, we can only conclude that life has certainly not got any easier: never before have so many global crises posed a threat to the lives of children.
And all at the same time: the ongoing brutal conflicts in Syria, Afghanistan, Yemen, humanitarian emergencies, the effects of climate change, environmental hazards, two and half years of the COVID-19 pandemic – and now here in Europe the war in Ukraine. All of this has come together to create a multidimensional crisis.
I believe that such a complex global crisis must be tackled globally. All of us have to play our part.
The international community has to take quick and concerted action if there is to be any hope that tomorrow’s world will be more peaceful and just. That is the reason why, ladies and gentlemen, why you, why we are gathered here together.
When we look at Ukraine we see that the pace and scale of the humanitarian crisis in that country are immense. More than two million children were in urgent need of humanitarian assistance in April. More than five million people have already left the country and UNICEF estimates that just under half of them are children.
In our globalised world, however, crises usually do not remain regional. Even now, we can predict that the war will have an impact on the lives of children around the world. The war has brought supply chains and food production to a halt. That is leading to a rise in food prices around the globe – that will hit children hard. Malnutrition will increase, for example in the Horn of Africa.
It is therefore important that the governments of the G7 countries support Ukraine – now and on a long-term basis. However, this support must not take the form of resources and funds earmarked for other children in need. No, this must be additional support. And we can – you can – find it.
After all, it is children who are suffering most around the world from the pandemic, climate change and the conflicts. They are therefore most in need of our support. As patroness, I would like to say on behalf of UNICEF and the children of this world: it is time to stand up for children and a safe, just and sustainable future. One in which all children can have better lives. The G7 countries have a responsibility to stand up for the rights of children and to support them in areas absolutely crucial for creating a just world. We need you!
Three areas deserve our special attention: education, healthcare and the climate. I believe that education is the key to a better and self-determined life. Education is the key to the future. That is why we have to ensure that all children have access to education, especially girls. The G7 countries have long since provided great support for education and I would like to thank you most sincerely for that.
Especially now, after two and a half years of the pandemic, it is important to get children back to school. Here, too, the focus should be on girls, on enabling them to go back to school. Otherwise we risk losing another whole generation of girls to poverty, forced marriage and early motherhood. Figures available to UNICEF show that 20 million girls could stay away from school on a permanent basis because of school closures. Ten million are at risk of an early forced marriage.
I think that despite the great hardship suffered by people in Ukraine and despite our fear of escalation and of the war spreading, we must not forget the world’s other crisis regions. The global South continues to need all the support we can give in the struggle to combat poverty. For poverty makes people especially vulnerable – in the fight against disease, hunger, climate change and against violence and exploitation.
We must continue to invest in the healthcare sector, all over the world. As a result of the pandemic, key vaccinations were missed, and cases of diseases such as measles have increased dramatically once more. We must focus even more on the health of children and ensure that they receive primary healthcare.
What is more, the pandemic and the Ukraine war have made it clear once more that we have to urgently invest more in the mental health of children and young people. For all crises, whether they be human-induced or of natural origin, have the biggest impact on our children and young people. The global COVAX initiative also deserves our continued support, and UNICEF has played a central role here.
Climate change is already having an undeniable impact on the living conditions of countless children around the world. This climate change affects us all. And I believe, and no one can deny this either, that we urgently need to transform our global economy’s energy supply. I know that a resource-efficient transformation which protects the climate without creating new dependencies sounds like trying to square the circle. However, that is simply the task of a political class which thinks and acts globally.
One of UNICEF’s goals in this field now is: making families more climate-resilient. I am pleased that the new UNICEF Executive Director, Catherine Russell, will have an opportunity to say more about this at your working lunch tomorrow with the G7 Health Ministers.
Ladies and gentlemen, I would like to say to you that, despite all the challenges, I am optimistic. It is up to us to make this world a better world for children. We should be courageous and confident of finding the right ways forward.
Every child counts, every child deserves our love, every child needs our protection. It is up to you – you, who are representing your countries, people, nations and organisations here. You, all of us, can make a difference.
Thank you very much for your attention and even more for your tremendous support for the people of this world – both big and small.