Videogrußwort beim 12. dbb bundesfrauenkongress "Zurück in die Zukunft – Frauenpolitik gestern, heute, morgen"

Schwerpunktthema: Bericht

13. April 2021

Elke Büdenbender hat am 13. April mit einem Videogrußwort am 12. dbb bundesfrauenkongress teilgenommen. Das höchste Gremium der Bundesfrauenvertretung des dbb Beamtenbund und Tarifunion fand unter dem Motto "Zurück in die Zukunft – Frauenpolitik gestern, heute, morgen" coronabedingt im digitalen Format statt.

Elke Büdenbender in einem Videogrußwort für den 12. dbb Bundesfrauenkongress

Elke Büdenbender hat am 13. April mit einem Videogrußwort am 12. dbb bundesfrauenkongress teilgenommen. Das höchste Gremium der Bundesfrauenvertretung des dbb Beamtenbund und Tarifunion fand unter dem Motto Zurück in die Zukunft – Frauenpolitik gestern, heute, morgen coronabedingt im digitalen Format statt.

Ansprache von Elke Büdenbender

Zurück in die Zukunft – Frauenpolitik gestern, heute, morgen – so der Titel Ihres zwölften Bundesfrauenkongresses.

Bevor Sie später noch in weiteren Wortbeiträgen und Diskussionen ausführlich das Heute und das Morgen der Frauenpolitik beleuchten, möchte ich mich dem Gestern widmen. Woher rühren Geschlechterklischees, die wir oft als tradierte Rollen bezeichnen? Führt uns die Pandemie tatsächlich in die Strukturen der Blütezeit dieser Geschlechterrollen zurück?

Die Gesellschaft teilte sich in zwei Sphären – eine öffentlich männliche und eine nicht-öffentliche weibliche –, als sich mit der zunehmenden Industrialisierung das Bürgertum als neue Schicht herausbildete. Sowohl für Männer als auch für Frauen festigten sich klare Rollenvorstellungen mit einer klar abgesteckten Aufgabenverteilung.

Männern stand jede Tür in die große öffentliche Welt der Wirtschaft, des Erwerbslebens, der Politik und der Wissenschaft offen. Frauen hingegen konnten nicht durch diese Tür hindurchgehen – ihr Betätigungsfeld beschränkte sich auf den eigenen Hausstand: Fürsorge für Mann und Kinder, Organisation des Haushaltes – ggf. mithilfe von Angestellten – und die Bewirtung der Gäste des Mannes. Es waren nicht nur Wertvorstellungen, die diese Zweiteilung förderten. Sondern auch die Rechtsordnung ließ eine öffentliche Teilhabe der Frauen am gesellschaftlichen Leben nicht zu.

Nicht alle nahmen diese Schieflage einfach hin. Es gab auch jene, die sich zusammenschlossen und dagegen ankämpften.

Das Recht zur Teilhabe am (männlichen) öffentlichen Leben war verwehrt. Durch das Wirken von Frauenvereinen wurde eine neue, weibliche Öffentlichkeit geschaffen: Fürsorge, Krankenpflege, Wohltätigkeit, Bildung. Mit der Zeit wurde ihr Wirken politischer – neue, weibliche politische Betätigungsfelder entstanden. Zunehmend ging es um das Einstehen für Rechte und Freiheiten der Frauen.

Gipfel und Wendepunkt sind für mich – nicht nur als Juristin – die gesetzliche Fixierung des Frauenwahlrechts im Jahr 1918 – denn in einer Gesellschaft müssen alle am Gestaltungsprozess teilhaben können – und die Aufnahme der ausnahmslosen Gleichberechtigung von Frauen und Männern in das Grundgesetz 1949 – sie führte dazu, dass zahlreiche familienrechtliche Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches geändert werden mussten. Sie widersprachen dem Gleichheitsgrundsatz und zementierten die Wertvorstellungen der klassischen bürgerlichen Rollenverteilung.

Der Ursprung der tradierten Rollen liegt weit in der Vergangenheit. Der Weg für die Beseitigung rechtlicher Hürden im Familienrecht wurde vor mehr als siebzig Jahren geebnet; tatsächliche Gesetzesänderungen brauchten teils jedoch noch viele Jahrzehnte, wenn wir an die Regelungen im Namensrecht denken.

Die gesellschaftliche Gleichstellung hinkt der rechtlichen hinterher.

Sehr deutlich wird dies derzeit durch die Corona-Pandemie. Wie durch ein Brennglas betrachtet legt sie offen, dass wir Frauen und Männer zwar nicht mehr in zwei voneinander getrennten Sphären leben und wirken, Männer jedoch die öffentliche immer noch zu sehr dominieren und Frauen die Belastungen in der nicht-öffentlichen weiterhin mehrheitlich allein stemmen. Oft auch neben Job und Karriere. Und das muss sich ändern!

Das Gestern ist weiterhin Teil unserer Kultur und unserer Wertvorstellungen, sei es bewusst oder unbewusst – und vereinzelt leider immer noch gewollt. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht aufhören zu kämpfen! Und zwar nicht wir Frauen gegen die Männer – sondern wir mit ihnen und sie mit uns. Am gesellschaftlichen Wandel müssen sich alle beteiligen. Alle müssen umdenken.

Die dbb Bundesfrauenvertretung ist eine gewichtige und öffentliche Stimme in diesem Kampf.

Als gewerkschaftliche Spitzenorganisation vertreten Sie die arbeits-, gewerkschafts- und gesellschaftspolitischen Interessen von mehr als 400.000 Frauen im Beamtenbund. Und Sie sprechen im Sinne aller Frauen im öffentlichen Dienst. Über den Wirkungsbereich Ihrer Arbeitgeber in Politik und Verwaltung hinaus haben Sie, hat die Gestaltung von Arbeitsstrukturen frei von Geschlechterklischees nicht nur eine Vorbildfunktion, sondern großes Gewicht, gesellschaftliches Umdenken nachdrücklich einzufordern und zu fördern!

Ich danke Ihnen für Ihr unverzichtbares Engagement und wünsche Ihnen einen erfolgreichen Kongress.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier