Elke Büdenbender hat am 10. Februar, dem bundesweiten Tag der Kinderhospizarbeit, in der Urania Berlin die Ausstellung der Björn Schulz Stiftung Für eine Zeit voller Leben – Menschen im Kinderhospiz
eröffnet, deren Schirmherrin sie ist.
Die Björn Schulz Stiftung begleitet Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern ab Diagnosestellung und über den Tod hinaus. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die Bedürfnisse der Familien und ihre Entlastung. Die Ausstellung in der Urania stellt 12 Menschen vor, die sich für die Kinderhospizarbeit in Berlin und Brandenburg engagieren.
Ansprache von Elke Büdenbender:
Für eine Zeit voller Leben
– so lautet der Titel der Ausstellung, die wir heute hier eröffnen.
Besser kann man das Ziel der Kinderhospizarbeit der Björn Schulz Stiftung gar nicht beschreiben. Denn genau darum geht es: den jungen Patientinnen und Patienten und ihren Familien eine Zeit voller Leben und voller positiver Erlebnisse zu ermöglichen. Eine Zeit, in der sie einmal verschnaufen können vom kräftezehrenden Alltag. Eine Zeit, in der die jungen Patientinnen und Patienten in einem der drei Kinderhospize der Björn Schulz Stiftung gut betreut und durch geschultes Personal gepflegt werden und in der die Eltern sich einmal ausgiebig um die Geschwisterkinder, aber auch um sich selbst kümmern. Endlich mal ausschlafen, Zeit für sich oder den Partner haben. Das ist wichtig, um weitermachen zu können.
Denn wenn ein Kind lebensverkürzend erkrankt ist, betrifft das nicht nur das Kind selbst. Eine ganze Familie leidet unter der Krankheit und mit dem kranken Kind. Jeden einzelnen Tag des Jahres. Jeden einzelnen Tag muss eine Familie es schaffen, sich um das kranke Kind zu kümmern und trotzdem den Alltag zu meistern, trotzdem für alle da zu sein. 50.000 Familien stehen in Deutschland vor dieser großen Aufgabe. Weltweit haben rund 21 Millionen Kinder eine lebensverkürzende Krankheit.
Welch‘ Riesenbelastung und zugleich Riesenleistung das ist, können wir nur erahnen.
Wie gut, dass es da die Björn Schulz Stiftung gibt. Sie kümmert sich nicht nur um die kranken Kinder, sondern ist für die ganze Familie da. Während der Zeit der Krankheit, aber auch danach, nach dem Tod des geliebten Kindes. Sie schenkt Familien buchstäblich eine Zeit voll Leben
. Davon konnte ich mich vor knapp zwei Jahren bei meinem Besuch im Sonnenhof
in Berlin-Pankow überzeugen.
Es hat mich sehr beeindruckt, wie lebensbejahend die Arbeit im Sonnenhof ist. Es ist ein Ort zum Leben und Lachen – aber natürlich auch zum Sterben und Trauern. Der Sonnenhof ist ein stationäres Kinderhospiz, und er leistet wirklich Großartiges. Hier werden ganz junge Menschen und auch Heranwachsende im Teenageralter oder in ihren Zwanzigern im gesamten Verlauf der Krankheit betreut. Bereits direkt nach der Diagnose können sich Eltern an den Sonnenhof wenden. Ihre ersten drängenden Fragen werden hier direkt beantwortet, andere Ansprechpartner und Anlaufstellen genannt. Der Sonnenhof ist auch ein Netzwerk. Familien können sich im Sonnenhof ambulant Hilfe holen oder aber auch für eine Weile dort wohnen.
Neben dem Sonnenhof gibt es aber auch noch das Rosemarie-Fuchs-Haus an der Nordsee, das in den Sommermonaten für Familien und ihre Kinder da ist – u.a. auch dann, wenn ein Kind verstorben ist. Und dann ist da noch der Irmengard-Hof in Gstadt am Chiemsee, den ich mit meinem Mann 2017 besuchte und der uns beide sehr beeindruckt hat.
Dieses breite Angebot der Björn Schulz Stiftung ist deutschlandweit einzigartig. Eine Vorreiterrolle übernahm die Stiftung schon 1997, als sie den ersten ambulanten Kinderhospizdienst in Deutschland gründete. Mit der Eröffnung des Sonnenhofs folgte 2002 das deutschlandweit zweite Kinderhospiz.
Viele von Ihnen hier im Raum werden das vielleicht schon wissen. Aber ich finde, heute, am bundesweiten Tag der Kinderhospizarbeit, kann man das ruhig noch einmal erwähnen.
Ermöglicht wird das vor allem durch Menschen, die anpacken wollen und es auch tun. 171 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten für die Björn Schulz Stiftung und darüber hinaus 326 Ehrenamtliche! Sie helfen, wo immer sie können. Sie waschen und bügeln, helfen in der Küche und im Garten. Im Sonnenhof zum Beispiel wird nichts an externe Dienstleister übergeben. Viele bringen ihren Beruf mit ein. Dann werden Haare geschnitten, erschöpfte Eltern massiert, Nähkurse für Groß und Klein angeboten.
Und genau um diese Menschen geht es heute. Diese Menschen werden uns in der Ausstellung, die wir heute hier eröffnen, nähergebracht. Ihre Bilder erzählen vom Alltag im Kinderhospiz – von den Herausforderungen und den schönen Momenten.
Da ist zum Beispiel Uta. Seit 16 Jahren bügelt und faltet sie die Bettwäsche der Kinder. Und da kommt bis zum Ende der Woche eine Menge zusammen! Uta ist nun schon 81, aber aufhören kommt für sie nicht in Frage! Sie sagt, der Austausch mit den jungen Menschen bereichere ihr Leben sehr.
Auch Heide – sie ist 76 – ist bereits zehn Jahre ehrenamtlich dabei. Sie zählt das gespendete Kleingeld – bis zu 10.000 Münzen am Tag! Danach sind ihre Hände oft schwarz, aber sie ist einfach glücklich, mit ihrer freien Zeit helfen zu können.
Dass der Sonnenhof einen wunderschönen Garten hat, das habe ich selbst gesehen. Seit heute weiß ich, wer dafür unter anderem verantwortlich ist: Bodo. Seit über zehn Jahren pflegt er den Garten ehrenamtlich und wacht auch über den Erinnerungsteich – eine ganz besondere und sehr bewegende Stätte der Erinnerung.
Alle drei eint, dass sie gerne helfen. Sie alle lieben den Austausch mit den jungen Patienten und deren Familien. Ihre Schicksale gehen ihnen nahe, aber sie machen sie auch demütig und dankbar für das, was sie selbst haben. Und sie alle wissen: Auch der Tod gehört zum Leben dazu. Und sie alle helfen, den Weg dorthin für alle erträglicher zu machen – ihn mit Leben zu füllen.
Dafür können wir diesen drei Menschen und allen anderen, die genauso mit anpacken, nicht genug danken
. All den anderen, die wir ebenfalls hier in der Ausstellung kennenlernen dürfen und für die die drei Erwähnten stellvertretend stehen, ebenso wie die vielen anderen Helfer, die nicht auf den Fotos abgebildet sind, aber die es zum Glück zahlreich gibt. Ihnen allen möchte ich von Herzen danke
sagen für alles, was sie für diese so geprüften, aber ebenso starken Familien tun.
Und bevor wir nun zum Rundgang starten und die Bilder endlich bewundern können, möchte ich nicht versäumen, Isabella zu erwähnen. Isabella ist neun Jahre alt und hat in der Kunsttherapie in der Björn Schulz Stiftung ganz wundervolle Bilder gemalt. Ihre Ausstellung heißt Lichtinseln auf dem Weg ins Vergessen. Von Meeren und Paradieswiesen
. Ihre Kunstwerke geben ihre Erinnerungen aus der Zeit, in der sie noch sehen konnte, wieder. Wir werden das Meer sehen, Muscheln, Blumenwiesen, Schmetterlinge. All das Schöne in der Welt, das Isabella in sich trägt. Isabella, ich freue mich darauf und danke Dir, dass Du Deine Kunst mit uns teilst!
Eine Zeit voll Leben will die Björn Schulz Stiftung den jungen Patienten und ihren Familien schenken. Mir scheint aber: Umgekehrt ist es genauso. Es ist ein Geben und Nehmen aller Beteiligten, und ich wünsche mir, dass das noch viel mehr Menschen erkennen.
Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen ihre Scheu vor dem Thema Tod von Kindern verlieren und offen und ohne Scheu – so der Titel der wunderbaren Veranstaltung, bei der ich im vergangenen Jahr ebenfalls die Schirmherrschaft übernehmen durfte – auf Familien mit einem sterbenskranken Kind zugehen. Diese Familien brauchen vor allem eines: so viel Normalität wie möglich und so viel Unterstützung wie möglich – unaufgeregt und selbstverständlich.
Deshalb ist es wichtig, dass über die Themen Krankheit, Tod und Sterben in der Gesellschaft mehr gesprochen wird. Dass über den Umgang damit offen aufgeklärt wird, in der Gesellschaft und auf politischer Ebene. Dabei muss es auch speziell um die Kinderhospizarbeit gehen, denn das Thema ist in der öffentlichen Debatte und in der aktuellen Diskussion um Pflege und Betreuung – nach meinen Beobachtungen – noch nicht wirklich angekommen.
Auch in dieser Hinsicht ist es die Björn Schulz Stiftung, die Wertvolles leistet. Sie bringt diese Themen in die Öffentlichkeit, informiert und klärt auf und vertritt so die betroffenen, oft stillen und damit fast unsichtbaren Familien und ihre Bedürfnisse. Dafür möchte ich ihr – Ihnen – ganz herzlich danken. Und deshalb habe ich die Schirmherrschaft für diese Ausstellung von Herzen gern übernommen.
Ich finde es toll, dass sie nun hier in der Urania zu sehen ist und im April dann auch am Berliner Hauptbahnhof. Mögen viele Menschen darauf aufmerksam werden!
Nun bin ich gespannt auf die Fotos und Isabellas Kunstwerke, und ich freue mich auf unsere Gespräche im Anschluss – es wird ganz gewiss eine Zeit voller Leben.
Vielen Dank.