Impulsvortrag beim Feminist Fringe Festival - an evening of music, poetry and talks

Schwerpunktthema: Bericht

20. Januar 2020

Elke Büdenbender hat am 20. Januar am Feminist Fringe Festival - an evening of music, poetry and talks in der Britischen Botschaft teilgenommen und einen Impulsvortrag gehalten.

Elke Büdenbender hält einen Vortrag beim "Feminist Fringe Festival"  in der Britischen Botschaft


Elke Büdenbender hat am 20. Januar am Feminist Fringe Festival - an evening of music, poetry and talks in der Britischen Botschaft teilgenommen und einen Impulsvortrag gehalten.

Ansprache von Elke Büdenbender:

In the future, there will be no female leaders. There will just be leaders.

Das hat Sheryl Sandberg, Co-Geschäftsführerin bei Facebook, vor 7 Jahren gesagt. Danach hat diese Zukunft also schon begonnen. Grund genug zu prüfen, wie es um diese Zukunft heute bestellt ist.

Frauen stehen in Deutschland an der Spitze von Regierungen, Unternehmen, Universitäten, Gerichten, Redaktionen, Medienunternehmen. Deutschland hat weltweit anerkannte Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen oder Ökonominnen vorzuweisen. Eine Entwicklung, zu der in besonderem Maße auch die Frauen in und aus Ostdeutschland beigetragen haben. In Deutschland stehen Frauen die Türen grundsätzlich offen.

Gleichzeitig belegen die Zahlen aber auch: Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland beim Thema Frauen in Führung hinterher. In Deutschland werden rund 28 Prozent der Jobs im mittleren und höheren Management von Frauen besetzt. In den skandinavischen, baltischen und osteuropäischen Ländern liegt der Anteil der weiblichen Führungskräfte teilweise bei über 40 Prozent. In den USA sind vier von zehn Managern weiblich.

Und viele von Ihnen werden es auch in ihrer täglichen Arbeit erfahren: Gleichberechtigung haben wir erreicht, ja. Gleiche Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen aber nicht.

Somit steht fest: Es ist viel passiert, und wir sind auf einem guten Weg. Aber: Der Weg ist nicht das Ziel. Das genügt nicht.

Ich habe es jetzt schon häufig gesagt: Ja, ich bin für die Quote! Weil ich glaube, dass sich Unternehmen, Parteien, ja, die Gesellschaft insgesamt nur dann wirklich verpflichtet fühlt, gleiche Teilhabe sicherzustellen. Aber ich glaube auch: Die Quote allein reicht nicht. Es geht nicht nur darum, so und so viele Frauen auf bestimmte obere Positionen zu befördern. Zum einen müssen es auch die Positionen sein, in denen wirklich Entscheidungen getroffen werden. Und zum anderen muss der Quotenregelung auch wirklich eine Änderung in den Köpfen folgen.

Frauen, die es geschafft haben, dürfen nicht mehr als Exotinnen gelten. Es dürfen gar nicht mehr diese Gedanken aufkommen: Wie hat die das wohl geschafft?, Wie macht sie das wohl mit der Familie?, Sie muss ein tough cookie sein, wenn sie es so weit gebracht hat!, Bestimmt sehen ihre Kinder sie nie!

Es muss selbstverständlich werden, dass Frauen diesen Weg einschlagen. Und es muss selbstverständlich sein, dass ihnen auch ihre Partner das ermöglichen. Ja, wir brauchen auch zu Hause endlich volle Gleichberechtigung. Auch dort geht es darum, dass sich Frauen und Männer, Mütter und Väter in gleichem Umfang am Familienleben und der Haushaltsführung beteiligen. Es kann nicht sein, dass Frauen nun berufstätig sind – immerhin sind es mittlerweile 75 Prozent der Frauen – und die volle Last der Familienorganisation weiter ihnen überlassen bleibt. Das ist nicht nur ein mental overload – ein Begriff, der gerade floriert. Es ist auch ein physical overload und damit a complete overload.

So ist es kein Wunder, dass immer noch viel zu viele Frauen in Teilzeitmodellen hängenbleiben, wo sie weder ihren eigenen Ambitionen gerecht werden, meistens nicht gut verdienen und sich finanziell nicht ausreichend für das Alter absichern können. Zugleich haben sie das Gefühl, auch zu Hause nicht zu genügen, weil sie den Haushalt der Arbeit wegen nicht so perfekt führen können, wie es das traditionelle Bild vorgibt, das immer noch in den Köpfen ist und auch nicht selten zum Beispiel in der Werbung transportiert wird: das Bild der strahlenden Mutter im blitzblanken Haus, die ihre Kinder gutgelaunt nach der Schule mit einem selbstgekochten Mittagessen empfängt.

Ich glaube fest daran: Frauen können alles, was Männer können. Und Männer können alles, was Frauen können. Wir mögen verschiedene Ansätze wählen, um zum Ziel zu kommen, aber grundsätzlich ist das so. Wir müssen endlich anerkennen, dass die Unterschiedlichkeit auch ein großer Gewinn sein kann. Dabei ist es egal, ob es um die Führung eines Unternehmens, um die Arbeit in einer Partei oder auch das Familienleben geht: Diversität im Ansatz und bei den Ideen ist in jedem Fall und in jeder Hinsicht ein Gewinn!

Ich las neulich, dass es vor allem junge Männer und Männer im Top-Management sind, die sich vor der Quote fürchten. Aber mein Eindruck ist auch, dass es sehr viele Männer gibt, die gerne mehr Zeit mit ihren Familien verbringen würden. Und ich sage: Holt Frauen in die Führung Eurer Unternehmen, und wir geben sie Euch!

Wir brauchen also Offenheit im Denken und Handeln. Wir müssen es schaffen, von herkömmlichen Denkmustern abzurücken. In Unternehmen, in Verwaltungen, politischen Entscheidungsgremien. Fachlich kompetente Menschen – Männer, Frauen, diverse Menschen, Junge, Alte, verschiedene Nationen, Kulturen und Religionen – alle müssen die Chance haben, sich einzubringen.

Die Unterschiedlichkeit der Ideen kann natürlich auch anstrengend sein. Aber in erster Linie bereichert Vielfältigkeit und bringt die Sache voran. In der Demokratie gehört das Ringen um Kompromisse zum Finden guter Ergebnisse, in denen sich möglichst viele wiederfinden, unabdingbar dazu. So werden auch in Unternehmen unterschiedliche Perspektiven zu besseren Lösungen führen.

Mit der Offenheit in den Köpfen muss aber auch eine Offenheit bezüglich der Strukturen einhergehen. Wir können uns dem Ziel der vollen Gleichberechtigung nur nähern, wenn sich die Arbeitskultur in Unternehmen, öffentlichen und privaten Institutionen oder auch in Parteien ändert.

Als Verwaltungsrichterin habe ich beispielsweise enorm davon profitiert, dass ich flexibel arbeiten konnte. Natürlich hatte ich feste Termine – meine Verhandlungen vor Gericht zum Beispiel. Aber die Zeit drum herum konnte ich mir ziemlich frei einteilen. Das stand auch der Teamarbeit nicht im Wege. Ich habe trotzdem regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten und mich austauschen können – und sehr davon profitiert, denn regelmäßiger fachlicher Austausch auch von unterschiedlichen Rechtsstandpunkten macht die Arbeit am Ende besser. So kann ich Ihnen versichern: Die Arbeit hat rein gar nicht unter meinem flexiblen Arbeitsmodell gelitten.

Ob Führungspositionen im Job Sharing möglich sind, vermag ich nicht wirklich zu beurteilen. Ich weiß nur: In der Berliner Justiz können Vorsitzende Richter oder Richterinnen am Verwaltungsgericht auch in Teilzeit arbeiten. Aber ich würde mir wünschen, dass sich jedes Unternehmen prüft, ob es in seinem spezielle Fall bzw. Aufgabengebiet eben doch möglich ist. Einziges Kriterium sollte dabei in meinen Augen sein, ob die Arbeitsergebnisse stimmen.

Deshalb sieht meine Zukunft so aus: Arbeitsergebnisse und messbare Erfolge stehen vor unproduktiver Anwesenheit und auch vor dem Geschlecht. Am Ende sind wir alle Menschen, und wir sollten auch so behandelt werden. Wir alle haben ein Recht darauf, in unserer Einzigartigkeit gesehen zu werden und eine Chance zu bekommen, die unseren individuellen Stärken und Interessen entspricht.

Und dann wird es auch genauso sein: There will be no female leaders. There will just be leaders.

Ihnen allen hier danke ich für alles, was Sie dafür tun, dass diese Zukunft bald beginnt. Denn ohne starke Frauen, die vorangehen, wird es nicht gehen. Genauso wenig ohne die Unterstützung von Männern. Deshalb erwarte ich, dass es gerade unter den Männern immer mehr werden, die Parität und Gleichberechtigung tatsächlich auch zu ihrer Sache machen!

Und nun bin ich gespannt auf die Impulse der drei starken Frauen, die nun ebenfalls zu Ihnen sprechen werden, auf das Panel und auf unseren Austausch im Anschluss an diese Veranstaltung. Dass wir uns vernetzen und gemeinsame Sache machen, ist unabdingbar für unseren Erfolg – für eine Zukunft, in der das Geschlecht keine Rolle mehr spielt.

Vielen Dank.