Pressekonferenz zur Preisverleihung des UNICEF-Fotos des Jahres 2019

Schwerpunktthema: Bericht

19. Dezember 2019

Elke Büdenbender hat am 19. Dezember an der Pressekonferenz  zur Preisverleihung des UNICEF-Fotos des Jahres 2019 an Hartmut Schwarzbach teilgenommen und eine Ansprache gehalten.

Elke Büdenbender bei der Pressekonferenz zur Preisverleihung des UNICEF-Fotos des Jahres 2019 an Hartmut Schwarzbach, gemeinsam mit dem Jury-Vorsitzenden Klaus Honnef

Elke Büdenbender hat am 19. Dezember an der Pressekonferenz  zur Preisverleihung des UNICEF-Fotos des Jahres 2019 an Hartmut Schwarzbach teilgenommen. Mit der Auszeichnung prämiert UNICEF Deutschland einmal im Jahr Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren.

In seinem mit dem Hauptpreis ausgezeichneten Foto, einem Porträt der 13-jährigen Wenie Mahiya, die im Hafenbecken der philippinischen Hauptstadt Manila nach Müll fischt, dokumentiert Hartmut Schwarzbach eindringlich das Zusammentreffen gleich dreier Katastrophen: Armut, Kinderarbeit und Umweltverschmutzung.

Ansprache von Elke Büdenbender:

Was macht Ihnen Hoffnung? Das hat mich vor einiger Zeit eine Journalistin gefragt. Ich habe spontan gesagt: Kinder! Kinder machen mir Hoffnung. Ihr Lebenswille und ihre Anpassungsfähigkeit sind unglaublich. Auch wenn sie schlechte Karten haben, wenn sie das Schicksal an die schlimmsten Orte der Welt geworfen hat, sie geben gezwungenermaßen nicht auf.

Ihre Lebensumstände können die Kinder oft nicht ändern. Aber sie machen selbst aus den schwierigsten Situationen etwas und trotzen den äußeren Gegebenheiten, so gut es eben geht. Das habe ich immer wieder auch selbst erlebt, zum Beispiel in Flüchtlingslagern im Libanon, wo die Kinder trotz aller Tristesse spielten und lachten und vor allem lernten. Ich denke auch an die Energie in den Augen von Straßenkindern, die ich in Indien traf, oder an den Lerneifer von Mädchen in einem Township in Südafrika.

Kinder geben nicht auf – nicht so schnell jedenfalls. Sie kämpfen für ein besseres Leben für sich und oft auch für andere. Davon, von dieser Stärke erzählt das UNICEF-Fotos des Jahres 2019.

Hartmut Schwarzbach hat mit seinem Foto wie in einem Brennglas verschiedene Geschichten eingefangen. Sie haben sich mir beim Betrachten erst nach und nach erschlossen. Im Zentrum steht die 13-jährige Wenie. Wir sehen sie inmitten eines Meers aus Müll im Hafen von Manila. Zielsicher streckt sie den Arm aus, um eine Plastikflasche aus dem Wasser zu ziehen und in den halb gefüllten gelben Sack zu stopfen.

Wenie wirkt routiniert, sie entscheidet offensichtlich nicht zum ersten Mal, was wertvoll genug ist, um in ihrem Beutel zu landen. An ihrem Handgelenk trägt sie zwei kleine Armbänder mit bunten Kugeln. Armbänder oder Freundschaftsbänder, wie Mädchen überall auf der Welt sie lieben. Sie scheint ein ganz normales Kind zu sein, das sich gern schmückt. Und das an einem Ort lebt, an dem Kinder nie sein sollten.

Mit Respekt schauen ihr jüngere Kinder von einer abenteuerlichen Hüttenkonstruktion zu. Die Latten sind wackelig, und das Ganze ragt schwindelerregend wie Strandgut über das Wasser. Wenie beweist in ihren Augen offensichtlich Mut, wenn sie ihre Beute aus dem Wasser zieht. Die harte Bruchkante der verrotteten Hafenmauer, vor der der Unrat im Wasser schwappt, lässt ahnen, dass dort unten ein gefährlicher Bereich ist.

Das Mädchen arbeitet auch nicht allein. Ein Junge hinter ihr sammelt ebenfalls Dosen, Flaschen und Deckel ein, ein anderer schiebt schwimmend wertvolle Müllreste heran. Ein dritter setzt an, sich zurück ins Wasser gleiten zu lassen. Im Hintergrund ragen Kräne über große Containerschiffe – vielleicht bringen sie ihre Güter auch zu uns nach Europa.

Ich lese in Wenies Gesicht Entschlossenheit und Stärke. Sie tut, was sie meint, eben tun zu müssen, um das Beste aus der Situation zu machen. Irgendwie muss sie Geld verdienen. Gleichzeitig weiß ich, wissen wir natürlich: So darf kein Kind der Welt leben müssen!

Lieber Herr Schwarzbach, Sie sind in den vergangenen Jahren immer wieder in Tondo, dem größten Slum der Philippinen, in der Hauptstadt Manila gewesen. Sie begleiten einige dieser Kinder und ihre Familien seit Langem und unterstützen diese auch ganz persönlich, damit die Kinder eine Schule besuchen können.

Das Leben in den informellen Siedlungen aus Wellblech, Pappe und Restholz, ohne sauberes Wasser, Strom und Toiletten ist sehr hart – besonders für die Kinder. Viele leiden an Krankheiten wie Dengue-Fieber oder Durchfall. Vor einigen Monaten traten in Tondo Fälle von Kinderlähmung auf, obwohl die Philippinen viele Jahre als poliofrei galten. Viele Kinder sind nicht geimpft. Durch die unhygienischen Verhältnisse kann sich das Polio-Virus wieder ausbreiten. Der häufige Kontakt mit den verschmutzen Gewässern im Slum von Tondo trägt seinen Teil dazu bei. UNICEF hat deshalb auf den Philippinen zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation und den Gesundheitsbehörden eine Polio-Impfkampagne für rund vier Millionen Kinder gestartet.

Zum 20. Mal zeichnet UNICEF das Foto des Jahres aus. Ihr Portrait von Wenie erfüllt auf großartige Weise, was sich dieser Wettbewerb zum Ziel gesetzt hat: die Lebensumstände und die Lebenswirklichkeit von Kindern zu dokumentieren. Mit ihrem Foto stellen Sie Nähe her. Nähe zu den Kindern im Hafen von Manila. Sie erzählen von ihrem mutigen Überlebenskampf, von Armut, Urbanisierung, Umweltverschmutzung und Kinderarbeit.

Die Botschaft des UNICEF-Fotos des Jahres ist: Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Sie sind unsere Zukunft. Das Foto mahnt uns alle: Kinderrechte dürfen kein leeres Versprechen sein. Sie sind eine Aufgabe für uns alle. Wir müssen sie umsetzen.

Ich gratuliere Ihnen herzlich! Vielen Dank.