Elke Büdenbender hat am 12. November als Ehrengast bei der Benefizmatinee der Rudolf Pichlmayr Stiftung anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Ederhofes sowie des 20. Todestages des Arztes, Rudolf Pichlmayr, in Hannover teilgenommen.
Rudolf Pichlmayr war der erste Arzt in Europa, der Patienten bereits im Kindesalter erfolgreich transplantierte. Seine Forschung im Bereich der Immunsuppression trug maßgeblich dazu bei, die Abstoßung des neuen Organs zu verhindern. Er und seine Frau Ina gründeten 1987 die Rudolf Pichlmayr Stiftung, denn sie hatten früh erkannt, dass Kinder weitaus mehr Zuwendung brauchen als nur die medizinische Behandlung ihrer Grunderkrankung.
1992 eröffnete das Ehepaar den Ederhof in Osttirol, ein europaweit einzigartiges Rehabilitationszentrum für Kinder, Jugendliche und ihre Familien vor und nach einer Organtransplantation. Hier sammeln die kleinen Patienten mit ihren Familien gemeinsam Kräfte und werden medizinisch wie psychologisch betreut. Ob beim Fußballspielen, Klettern oder Ski- und Wildwasserfahren – auf dem Ederhof in Osttirol gewinnen die Kinder neues Selbstvertrauen und Lebensmut, während ihre Eltern Zeit haben, zur Ruhe zu kommen und Kraft zu schöpfen.
Ansprache von Elke Büdenbender:
Es gilt das gesprochene Wort.
Ein Lieblingsort, ein Sehnsuchtsort, ein kleines Paradies – einfach ein besonderer Ort, an dem man den Alltag und alle Sorgen einfach mal zur Seite schieben kann. Wer wünscht sich das nicht?
Vor 25 Jahren hat das Ehepaar Pichlmayr den Startschuss gegeben, um einen solchen Ort für viele Kinder und Jugendliche sowie auch ihre Familien zu schaffen, die in ihren noch jungen Jahren bereits viel Kraft und Mut erweisen mussten und sich einen solchen Ort umso mehr verdient haben.
Bevor sie ins Rehabilitationszentrum Ederhof kommen, verbringen diese tapferen Menschen oft lange Zeit mit Warten auf die so sehr ersehnte Nachricht, dass es eine geeignete Organspende für sie gibt. Ein Krankenhausaufenthalt wird meist eher nicht mit positiven Attributen assoziiert, in manchen Fällen bedeutet er jedoch einen zweiten Geburtstag und ein großes Geschenk.
Dass die Zeit davor oft vielerlei Einschränkungen bis hin zur Unselbstständigkeit bedeutete und nicht zuletzt viel Kraft rauben kann, muss ich hier sicher niemandem weiter erläutern. Aber auch in der Zeit danach muss man lernen erneut Verantwortung zu übernehmen, und auch mit der neuen Lebenssituation umzugehen.
Nach einem Unfall bekommen Menschen eine Reha. Die ganz überwiegende Mehrheit, nicht hier im Saal wohlgemerkt, dürfte nun ein Bild von jemandem mit Gipsbein und Krücken vor Augen haben. Bei den Kindern und Jugendlichen vom Ederhof geht es aber um viel mehr!
Kraft und Mut tanken, Inspirationen sammeln und einfach mal den Alltag zu Hause vergessen. Stattdessen beim Klettern in den Bergen, beim Rafting, beim Schwimmen oder beim Bolzen auf dem Fußballplatz neue Grenzen austesten, Spaß haben, das Leben genießen – gut und zwischendurch vielleicht mal ein bisschen den versäumten Unterrichtsstoff aus der Schule aufholen. Glauben Sie mir, langfristig kann man auch dem etwas Positives abgewinnen!
Eltern und Familie können dank vieler guter Geister im Hintergrund ihre Sorgen ausschalten und ihre Kinder endlich mal wieder lachen sehen. Mit einer Krankheit leben lernen, aber nicht mehr ständig darüber reden zu müssen ist doch eine große Befreiung, oder nicht?
Lachen, Normalität und dass es allen gut geht - das sind doch die schönsten Geschenke, die man sich innerhalb einer Familie machen kann. Und sicher hilft es, wenn man auf dem Ederhof auf andere Familien trifft, denen es genauso erging und geht. Die Kinder und Jugendlichen schließen neue Freundschaften und die Eltern knüpfen neue Kontakte, die auch über den Sommer in Osttirol hinaus halten.
Liebe Frau Pichlmayr, Ihr Mann und Sie haben da etwas ganz Großartiges geschaffen und dieses Engagement bedarf wirklich einer ganz besonderen Würdigung.
Rudolf Pichlmayr war ein ganz besonderer Arzt und Forscher, der schon damals vor vielen Jahren vorausgesehen und vorangetrieben hat, was heute fast selbstverständlich ist: die enge Zusammenarbeit mit den benachbarten Fachdisziplinen. Damals war das alles andere als übliche Praxis. So richtete er seinen Blick nicht nur auf die Frage danach, ob eine Operation gelingen möge, sondern überlegte sich auch, was dem Patienten über die OP hinaus helfen würde. Für ihn war Gesundheit nicht nur die Abwesenheit von akuter Erkrankung. Sein Blick war auf den Menschen als Ganzes gerichtet, und für ihn war es die Aufgabe der Medizin, Fürsorge für den betroffenen Menschen in seiner ganzen Entwicklung zu übernehmen. So konnte er die Kinderärzte seiner Zeit davon überzeugen, ein gemeinsames Projekt wie den Ederhof zu realisieren.
Lange hatte sich Rudolf Pichlmayr überwinden müssen, Kinder zu operieren, da er in diesem Gebiet nicht speziell ausgebildet war. Mit der gleichen Sorgfalt, die seine Patientenbegleitung auszeichnete, erarbeitete er sich jedoch die nötige Fachkenntnis und schuf damit die Grundlage für die heutige Organtransplantation bei Kindern weltweit.
Rudolf Pichlmayr war zudem einer der Pioniere in der Transplantationsmedizin, weil seine Arbeiten wegweisend für die Entwicklung früher immunsuppressiver Methoden gewesen sind. Seine Forschung war die Voraussetzung für die Transplantation durch Organspende. Die Organspendebereitschaft ist leider in den vergangenen Jahren aufgrund diverser Skandale um mindestens intransparente Vergabeverfahren in einigen Kliniken bei der Organspende stark zurückgegangen. Nachdem diese Vorgänge mittlerweile aufgeklärt worden sind, hoffe ich sehr – und ich denke ich habe hier im Saal alle auf meiner Seite – dass die Spendenbereitschaft wieder zunimmt. Wir hier wissen, wie dringend Organspenden benötigt werden, weil sie Leben retten. Ich möchte deshalb an dieser Stelle nochmals ausdrücklich alle Menschen bitten, über ihre Bereitschaft zur Organspende nachzudenken und eine bewusste Entscheidung hierüber zu treffen.
Der Einladung heute hierher nach Hannover bin ich aus all diesen Gründen sehr gern gefolgt, denn danken kann man Ihnen, liebe Frau Pichlmayr, Ihrem Mann und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pichlmayr-Stiftung und des Ederhofs nicht genug.
Möge dieser besondere Ort, das kleine Paradies in Osttirol noch für viele eine Quelle der Kraft, Orientierung und Inspiration sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute und spreche meinen herzlichen Dank aus!