Der Bonner Amtssitz
Die Villa Hammerschmidt in Bonn ist seit 1950 Amtssitz des Bundespräsidenten. Am Rheinufer und in direkter Nachbarschaft zum Palais Schaumburg, dem Bonner Amtssitz des Bundeskanzlers, liegt sie im Zentrum der alten Bundeshauptstadt. In ihrer über 40-jährigen Geschichte als erster Amtssitz des Bundespräsidenten wurde die Villa Hammerschmidt zu einem Symbol für die junge Demokratie in der Bundesrepublik. Staatsgäste, Politiker, Künstler, Schriftsteller und Vertreter aus allen gesellschaftlichen Bereichen trafen dort zusammen.
Seit der Entscheidung von Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1994, den Amtssitz des Staatsoberhauptes ins Schloss Bellevue nach Berlin zu verlegen, ist die Villa Hammerschmidt der Bonner Amtssitz des Bundespräsidenten. Wenn sich der Bundespräsident dort aufhält, wird die Standarte auf dem Dach des Gebäudes gehisst.
Geschichte
Das Gebäude wurde um 1860 im Auftrag des Kaufmanns Albrecht Troost nach den Plänen des Bonner Architekten und Universitätsbauinspektors August Dieckhoff im klassizistischen Stil erbaut. Troost verkaufte das Gebäude 1868 an den Kaiserlichen Russischen Staatsrat Leopold Koenig. In dessen Auftrag wurde das Anwesen 1878 durch den Architekten Otto Penner umgebaut und erweitert. Bis heute ist dieses Erscheinungsbild im Wesentlichen erhalten geblieben. Der umgebende 50.000 Quadratmeter große Landschaftspark wurde 1888 von dem Hamburger Gartendirektor Rudolph Philipp Christian Jürgens angelegt.
Im Jahr 1899 erwarb der Geheime Kommerzienrat Rudolf Hammerschmidt, der in St. Petersburg in der Baumwollindustrie zu einem Vermögen gekommen war, das Haus mit Grundstück und bezog die Villa zwei Jahre später. Seinerzeit galt die Villa Hammerschmidt als ein gesellschaftlicher Mittelpunkt Bonns. Nach dem Tod Hammerschmidts kaufte sein Schwiegersohn, Ernst Poensgen, 1928 das Anwesen und ließ die Villa verpachten und in Wohnungen aufteilen. Der Name "Hammerschmidt" blieb erhalten, doch die gesamte Kunstsammlung und das Mobiliar wurden versteigert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Villa Hammerschmidt unbeschadet überstand, wurde sie 1945 von den alliierten Besatzungsmächten beschlagnahmt.
Amtssitz des Bundespräsidenten
Am 5. April 1950 erwarb die Bundesrepublik Deutschland den Grundbesitz, bestehend aus der Villa, den Nebengebäuden und dem Park, von den Erben Rudolf Hammerschmidts. Der Deutsche Bundestag bestimmte die Villa Hammerschmidt zum Amtssitz des deutschen Staatsoberhauptes.
Ende 1950 bezog Theodor Heuss als erster Bundespräsident seinen Amts- und Wohnsitz in der Villa, und am 4. Januar 1951 fand dort der erste Neujahrsempfang des Bundespräsidenten statt. Heuss ließ die Villa Hammerschmidt gründlich renovieren. Dabei verschwanden die beiden auffälligen Turmaufbauten. Während sich die Aufteilung der Innenräume kaum verändert hat, ist von der ursprünglichen Einrichtung wenig erhalten geblieben. Auch in den folgenden Jahrzehnten wurde das Gebäude mehrfach umgebaut und restauriert.
Nach Bundespräsident Heuss nutzten auch die Bundespräsidenten Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel, Karl Carstens, Richard von Weizsäcker und Roman Herzog die Villa Hammerschmidt als Amts- und teilweise auch als Wohnsitz.
Seit 1994 ist die Villa Hammerschmidt der Bonner Amtssitz des Bundespräsidenten. Heute ist die Villa in Bonn Ort für Begegnungen, Veranstaltungen und Gespräche des Bundespräsidenten mit Gästen aus dem In- und Ausland.
Kurzfilm "Die Villa Hammerschmidt: Geschichte(n) vom Weißen Haus am Rhein"
© Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln, für das Werk von: August Sander; © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, für die Werke von: Karl Otto Götz, Bernhard Heiliger, August Sander und Bernard Schultze
Räume
Im Erdgeschoss der Villa Hammerschmidt befinden sich die Repräsentationsräume. Einrichtung und Kunst sind größtenteils Eigentum des Bundes, bestehen aber auch aus Leihgaben deutscher Museen sowie des Künstlers Karl Otto Götz (1914–2017).
Götz‘ Gemälde sind in der Eingangshalle zu sehen. Im Speisesaal und im Empfangssaal hängen Werke von Bernard Schultze (1915–2005). Die beiden Maler, die mit dem Rheinland eng verbunden sind, gehörten 1952 zu den Gründungsmitgliedern der Künstlergruppe "Quadriga". Als Vertreter der "informellen Kunst" verbanden sie Elemente der abstrakten Malerei und des Expressionismus. Mit ausdrucksstarken Farben, Bewegung und Abstraktion in ihren Werken prägten sie die deutsche Kunstszene nachhaltig und trugen zu ihrer internationalen Öffnung nach dem Zweiten Weltkrieg bei.
Die markanten Porträts großer deutscher Persönlichkeiten, wie Ernst Haeckel, Mary Wigman oder Richard Strauss, bestimmen das Kaminzimmer und die Galerie. Die Aufnahmen stammen von dem Künstler Hugo Erfurth (1874–1948). Ebenfalls im Kaminzimmer sind Bilder aus dem Werk "Menschen des 20. Jahrhunderts" des deutschen Fotografen August Sander (1876–1964) zu sehen. Sie zeigen Menschen in der Weimarer Republik, zum Beispiel eine Bauernfamilie oder einen Konditor. Damit leistete der Künstler einen wesentlichen Beitrag zur Anerkennung der Fotografie als künstlerisches Medium.
Das Obergeschoss beherbergt die Privaträume des Bundespräsidenten sowie Kaminzimmer und Balkonzimmer, die für Besprechungen genutzt werden. Die Aufteilung der Räume in der Villa Hammerschmidt wurde trotz mehrfacher Umbauten nicht verändert.
Das Kaminzimmer im Obergeschoss wird von dem Bild "Talbo" (1986) von Karl Otto Götz geprägt. Zuvor war an dieser Stelle Götz‘ Gemälde "60 Jahre" zu sehen, das er zum 60. Geburtstag des Grundgesetzes im Mai 2009 anfertigte. Ein weiteres Gemälde des Künstlers, "Nova Neige II" (2000), befindet sich im Treppenhaus.
Das Mobiliar in der Villa Hammerschmidt – im Stile des französischen Empire von 1830 – stammt aus Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel. Bundespräsident Richard von Weizsäcker initiierte den Austausch von Gemälden und Möbeln mit deutschen Museen, um den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern der Villa moderne deutsche Kunst zu präsentieren.
360-Grad-Rundgang
Adresse
Villa Hammerschmidt
Adresse
Kaiser-Friedrich-Straße 1653113 Bonn