Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
Herr Präsident,
verehrte Frau Nujoma,
Exzellenzen,
meine Damen und Herren,
ich danke Ihnen, Herr Präsident, für Ihre freundschaftlichen Begrüßungsworte. Meine Frau und ich sind bewegt von der großen Gastfreundschaft, mit der wir in Ihrem Land empfangen wurden.
Dank sagen möchte ich Ihnen gleich zu Beginn auch für die uneingeschränkte Hilfe, die Sie gewährten, als eine Transportmaschine der Bundeswehr vor der Küste Ihres Landes abstürzte. Namibia hat die deutschen Soldaten und Rettungsmannschaften in jeder Weise vorbildlich unterstützt. Wir fühlen uns von der Freundschaft, die Sie uns auch auf diese Weise gezeigt haben, tief berührt.
Vor noch nicht zwei Jahren besuchten Sie Deutschland als erster Präsident eines neuen unabhängigen Namibias, nun komme ich in Ihr Land als Präsident eines neuen, vereinten Deutschlands. Unsere beiden Länder haben die Fesseln der Vergangenheit abgestreift. Mit Recht können wir von einer Zäsur in der deutsch-namibischen Geschichte und von neuen Gemeinsamkeiten sprechen, die unseren Beziehungen auch eine neue Dimension verleihen können.
Ihr Land hat sich den Ruf erworben, eine der stabilsten Demokratien in Afrika zu sein, mit gesicherten Menschenrechten, einer funktionierenden Gewaltenteilung und einer unabhängigen Rechtsprechung. Ihre Politik, alle Bevölkerungsgruppen an der politischen Willensbildung zu beteiligen, genießt internationale Anerkennung. Herr Präsident, erlauben Sie mir, daß ich mich dem Chor derer anschließe, die Ihnen für Ihr politisches Werk Respekt zollen.
Sie verfolgen in Ihrer Politik einen Grundsatz, den ich für die Entwicklung nicht nur Ihrer, sondern auch unserer Gesellschaft für wesentlich halte: Nur ein Staatswesen, das sich der Transparenz und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet fühlt, kann seine Bürger hinreichend motivieren, die schwieriger werdenden Aufgaben der Zukunft zu bewältigen.
Ich empfinde diese Reise als einen Besuch unter Freunden. Unsere beiden Länder pflegen außerordentlich enge Beziehungen. Das hervorzuheben ist wichtig, denn wir haben auch eine kurze Periode gemeinsamer Geschichte, die nicht sehr glücklich war. Für Deutschland war diese Periode mit dem Ende des Ersten Weltkriegs abgeschlossen. Namibia aber mußte noch bis in das Jahr 1990 warten, bevor es das Ziel der Unabhängigkeit erreichte.
Deutschland hat gegenüber Namibia Verpflichtungen übernommen. Der Deutsche Bundestag hat der deutschen Regierung aufgetragen, die bilateralen Beziehungen substantiell auszubauen. Wir werden dieses Ziel selbst in fiskalisch schwierigen Zeiten weiter verfolgen.
Denn Deutschland hat ein Interesse daran, daß Ihre Politik, Namibia zu einem demokratischen Rechtsstaat mit soliden marktwirtschaftlichen Strukturen zu entwickeln, Erfolg hat. Es ist kein Zufall, daß die deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit in Namibia die weltweit höchsten Mittel je Einwohner einsetzt.
Doch darum allein geht es nicht. Besser als Hilfe sind erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen. Ich möchte mit diesem Besuch auch die deutsche Öffentlichkeit und die deutsche Wirtschaft auf die solide Grundlage aufmerksam machen, die Namibia für ausländische Investitionen und Handel geschaffen hat.
Die bisherigen deutschen Investitionen sind überwiegend von Kennern Namibias getätigt worden, denen man nicht erklären muß, worum es in diesem jungen Staat geht. Damit sollten wir uns aber nicht zufrieden geben. Es gibt genügend Ansatzpunkte für weitere Investitionen, und zwar nicht nur im touristischen Bereich, sondern auch im verarbeitenden Sektor. Sie haben die Rahmenbedingungen hierfür geschaffen. Die zwischen unseren Ländern geschlossenen bilateralen Verträge dürften ein übriges tun, um Investoren zu ermutigen.
Die positiven Entwicklungen, die sich in den vergangenen Jahren in Ihrem Land und im ganzen im südlichen Afrika vollzogen, haben auch die deutsche Wirtschaft mobilisiert. Mit der Gründung einer Initiative für das südliche Afrika, SAFRI, hat sie ein Forum geschaffen, durch das ihr wirtschaftliches Engagement in dieser Region verstärkt werden soll. Wir hoffen, daß die 1997 in Windhuk durchgeführte gemeinsame Konferenz von SADC und SAFRI zu weiteren Investitionen deutscher Unternehmen in Namibia führt.
Eine wichtige Rolle beim Werben um deutsche Investitionen kann das in Namibia noch lebendige deutsche Erbe spielen. Verbindungen, die sich über deutschsprachige Namibier herstellen lassen, sind ein unschätzbarer Vorteil, den es zu nutzen gilt.
Ich freue mich zu sehen, wie die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe Namibias sich in ihrem Mutterland engagiert. Das gilt nicht nur für den wirtschaftlichen, sondern auch für den ehrenamtlichen Bereich, dessen Bedeutung man gerade für ein Land im Aufbau nicht hoch genug einschätzen kann.
Hierzu zählen kulturelle Institutionen wie die namibisch-deutsche Stiftung oder die von Ihnen, Herr Präsident, persönlich ins Leben gerufene namibisch-deutsche Freundschaftsgesellschaft. Hierzu gehören auch die humanitären Organisationen, die sich der Bildung, Behindertenfürsorge, Betreuung Benachteiligter und dem Schutz von Minoritäten widmen. Demokratien leben gerade auch vom Bürgersinn solcher ehrenamtlicher Einrichtungen.
Lassen Sie mich, Herr Präsident, auch ein gutes Wort einlegen für die Pflege der deutschen Sprache in Ihrem Lande. Es ist Zeichen des Heimatgefühls, nicht der Distanz, wenn Minderheiten den Wunsch haben, ihre eigenen Traditionen zu pflegen. Die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe ist eine von mehreren in Ihrem Lande. Sie will nichts beanspruchen, was sie den anderen Gruppen nicht ebenfalls zugesteht. Ihre Politik, eine Nationalsprache zu pflegen, dient der Einheit Namibias. Die Pflege der kulturellen Tradition dient der Vielfalt innerhalb dieser Einheit. Sie ist keine Schwäche - im Gegenteil: Sie kann zur Stärke eines Staatswesens werden, weil sie dem einzelnen Heimat gibt und ihn motiviert, mit seinen ganzen Fähigkeiten der Gesellschaft zu dienen.
Wenn ich mich hier für die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe in Namibia verwende, so kann das aber nur die eine Seite der Medaille sein. Auf der anderen Seite appelliere ich nachdrücklich an die deutschsprachigen Namibier, sich in diesem Land, das ihnen ein Zuhause gibt, nicht nur wirtschaftlich und kulturell zu betätigen, sondern sich auch mit ganzem Herzen in der Politik zu engagieren. Nur eine Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen am demokratischen Prozeß kann die gesellschaftliche Geschlossenheit und den Wohlstand herbeiführen, die Sie und wir uns für Namibia erhoffen.
Ihr Land, Herr Präsident, hat sich auch in der Regionalorganisation SADC vorbildlich engagiert. Wichtige Initiativen innerhalb der SADC gingen von Ihnen aus.
Sie haben damit auf einen globalen Trend reagiert, der uns alle beschäftigt: Bei der Größe der internationalen wirtschaftlichen und politischen Probleme sind es nicht mehr nur die Einzelstaaten, die gültige Lösungen anzubieten haben, sondern zunehmend auch die regionalen Organisationen. Regionale Zusammenarbeit trägt somit zu Stabilität und Wohlstand bei.
Wir machen diese Erfahrung in Europa seit langer Zeit. Das Ergebnis war ein für alle steigender Lebensstandard. Und nur wachsender Wohlstand kann letztlich auch Wohlstand für alle bedeuten. Die Wachstumschancen sind in dem offenen System einer Regionalgemeinschaft wesentlich größer, als sie einem in sich gekehrten, abgeschlossenen Staatswesen jemals sein könnten.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, mit mir das Glas zu erheben und einen Toast auszubringen auf das persönliche Wohl von Präsident Nujoma und seiner Frau, auf eine friedliche und glückliche Zukunft des namibischen Volkes und auf die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern.