Er hat Bildung und Disziplin, Gespür und Geist. Auftritt, nicht Auftrieb ist sein Stil und sein gesellschaftliches Engagement vorbildlich. ‚Königliche Hoheit‘ ist er schon; jetzt brauchen wir nur eine kleine Verfassungsänderung
, bemerkte Josef Joffe vor einigen Jahren. Es waren Sie, lieber Franz Herzog von Bayern, den der Zeit-Herausgeber für das Amt des Staatsoberhaupts empfahl. Nun ganz so ist es nicht gekommen, aber immerhin sind Sie heute mein lieber Gast.
Sie sehen, es sinnen bisweilen auch Republikaner über die Qualitäten eines Monarchen nach. Von Ihnen wiederum wissen wir, dass Sie ein Verfechter der parlamentarischen Demokratie sind und recht zufrieden mit der gegenwärtigen Staatsform. Ich schließe die anwesenden Damen und Herren hier großzügig mit ein. Und wir wissen auch, dass alle Vorzüge Ihrer Person, die hier beschrieben wurden, zutreffen. Deshalb sind Sie heute hier.
Jemanden für sein Lebenswerk auszuzeichnen, heißt, seine Haltung zu würdigen. Aber was heißt das genau? Ist Haltung eine durch Werte vermittelte Gesinnung? Oder ist es die Art, wie wir anderen, unseren Mitmenschen, begegnen, und uns ihnen gegenüber verhalten? Ich würde sagen, Haltung steht zwingend für beides, das Auftreten eines Menschen und sein Eintreten für andere. Disziplin, Geist, Stil und Gespür sind noble Attribute. Sie zeichnen jemanden vor anderen aus, doch nicht, weil sie qua Geburt erworben wurden.
Sie, Königliche Hoheit, haben sich diese Auszeichnung erworben, weil Ihr Wirken für die Kultur, Ihr Auftreten als Förderer moderner Kunst, Ihre Sammlung bedeutender Werke immer auf das Gemeinwohl gerichtet waren. Ihr Engagement verfolgt ein Ziel: Kunst, vor allem die moderne und zeitgenössische Kunst, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie wollen vermitteln. Ihr Interesse und Ihre Freude an der Kunst wollen Sie mit anderen teilen.
Und wo könnte man das besser als in einem Museum? Der Bau der Pinakothek der Moderne in München als eines der größten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst, Architektur und Design in Europa wäre ohne Ihr Engagement nicht denkbar gewesen. Die vielen von Ihnen gestifteten Kunstwerke bilden den Grundstock der Sammlung. Ebenso großherzig überließen Sie Ihre rund 15.000 Bände umfassende Privatbibliothek zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München und unterstützen bis heute die Bibliothek bei ihren laufenden Erwerbungen.
Sie engagieren sich überdies in den Gremien vieler Museen. Sie sind Kuratoriumsvorsitzender des Pinakothek-Vereins zur Förderung der Alten und Neuen Pinakothek München und Schirmherr der Stiftung Pinakothek der Moderne.
Wollte ich alle Ihre Mitgliedschaften und Ämter in Vereinen, Gremien oder Kuratorien aufzählen, ich müsste die Aufmerksamkeit unseres kleinen Kreises hier noch lange in Anspruch nehmen. Engagement beweisen Sie nicht allein für Ihr Lebensthema, Sie sind auch auf andere Weise um das Gemeinwohl bemüht. In nahezu 200 Organisationen, die überwiegend karitativ, kirchlich oder kulturell ausgerichtet sind, sind Sie ideeller Schirmherr, materieller oder immaterieller Förderer. So haben Sie den von Ihrer Mutter gegründeten Hilfsverein Nymphenburg e.V. fortgeführt, der Bedürftige im ehemaligen Ostblock, besonders in Ungarn, Rumänien und Albanien unterstützt und sind seit 1959 Protektor des Malteser Ordens und seiner Werke in Bayern. Auch die Wissenschaft kann auf Ihre Unterstützung zählen. Sie waren Mitglied des Hochschulrates und des Kuratoriums der Ludwig-Maximilians Universität München und sind Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Die Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der LMU hat Ihnen für Ihre Verdienste die Würde eines Ehrendoktors verliehen.
Ein Beispiel, das ich noch hervorheben möchte, verdeutlicht auch Ihr privates Engagement: Weihnachten 2014 – also bereits bevor die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in unserem Land ihren Höhepunkt erreichte – spendeten Sie einen namhaften Betrag aus Ihrem Privatvermögen an die Polizeivereine in München, um deren Einsatz bei der Aufnahme von Flüchtlingen am Münchner Hauptbahnhof zu unterstützen.
Flucht und Verfolgung sind keine Unbekannten in Ihrem Leben, lieber Herzog Franz. Sie waren elf Jahre alt, als Ihr Vater Albrecht 1944 von der Gestapo verhaftet wurde. Die Monate bis zum Kriegsende wurde die gesamte Familie in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau inhaftiert. Auch diese Erfahrung prägt die Haltung eines Menschen. Obgleich schon vielfach ausgezeichnet, haben Sie in Ihrer zurückhaltenden Art nie die Aufmerksamkeit auf sich oder diese, Ihre Geschichte lenken wollen.
Ich möchte heute aber ganz bewusst auch diese frühe Prägung ansprechen. Denn es ist ja auch dieser Hintergrund tiefdunkler Erfahrungen, der den engagierten Nachkriegsdeutschen vor Augen stand, als es darum ging, ein ganz anderes, demokratisches, dem Recht verpflichtetes Deutschland neu zu errichten. Das ist das Werk unzähliger demokratisch gesinnter, häufig opferbereiter Frauen und Männer der vergangenen Jahrzehnte. Und ich nehme diese Feier zum Anlass, meine Freude darüber zum Ausdruck zu bringen, dass unter diesen Vielen auch zahlreiche Menschen waren, deren Vorfahren aus uralten Adelsgeschlechtern stammten und die teilweise einst Monarchen waren. In der Bejahung und Mitgestaltung der Demokratie sind Sie, Königliche Hoheit, wie manch andere Vertreter der alten Adelsfamilien zu Bezugsgrößen und Impulsgebern für manche konservative Landsleute geworden, die in den frühen Jahren der Demokratie zu dieser durchaus etwas ferner standen und zum Teil mit ihr fremdelten.
Lieber Herzog Franz,
Sie müssen es heute einfach ertragen, gerühmt zu werden. Wir alle wissen, dass Ihnen das nicht leicht fällt. Als ein bescheidener Christenmensch fällt Ihnen das schwer. Aber wenn Sie nun den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland erhalten, geschieht ja zweierlei: Einmal dankt Ihnen Deutschland für vorbildliches Tun. Zum anderen ist jede Verleihung auch ein Signal an das Land: Schaut, unter uns leben Menschen, die in besonderer Weise ihr eigenes Ich und die Leben und Interessen aller Bürger miteinander in Verbindung bringen – indem wir eine/n aus unserer Mitte ehren, machen wir uns bewusst, dass in jedem von uns Kräfte wohnen, die unserem Gemeinwesen einen beständigen Zug zum Besseren verleihen. So gesehen, verehrter künftiger Ordensträger, ist die nun folgende Ehrung auch für Sie leicht zu ertragen: Der, der zu dienen vermochte, dient seinem Land auch jetzt.