Mitttagessen zu Ehren von Klaus Töpfer anlässlich seines 75. Geburtstages

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 28. August 2013

Der Bundespräsident hat am 28. August bei einem Mittagessen anlässlich des 75. Geburtstages von Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer dessen Verdienste gewürdigt: "Wenige Politiker Ihrer Generation haben so weitsichtig und dauerhaft, mit einem Wort, nachhaltig – hier passt der Begriff! – wie Sie Verantwortung übernommen und Veränderung gestaltet: in Deutschland und weit darüber hinaus."

Bundespräsident Joachim Gauck und Daniela Schadt empfangen Klaus Töpfer zu einem Mittagessen anlässlich dessen 75. Geburtstages

Wie schön, Sie heute mit Ihrer Familie und mit Freunden und Weggefährten aus vielen Jahrzehnten im Schloss Bellevue zu feiern. Alles Gute nachträglich zu Ihrem 75. Geburtstag!

Wenige Politiker Ihrer Generation haben so weitsichtig und dauerhaft, mit einem Wort, nachhaltig – hier passt der Begriff! – wie Sie Verantwortung übernommen und Veränderung gestaltet: in Deutschland und weit darüber hinaus. Wer kann schon von sich sagen, etwas geprägt zu haben, was heute allseits als "typisch deutsch" gilt? Wie wurde gespottet über unsere Gewissenhaftigkeit in Sachen Mülltrennung, was wurde geschimpft über Kreislaufwirtschaftsgesetz und Verpackungsverordnung, über Grünen Punkt und Wertstofftonne! Heute spricht man neudeutsch von "Urban Mining" und macht guten Gewinn damit, wertvolle Rohstoffe aus dem zu bergen, was früher in Mülldeponien vor sich hin rottete – oder vielmehr leider nicht verrottete.

Wir mögen das dahinter liegende, langfristige Ziel einer Kreislaufwirtschaft noch nicht erreicht haben. Aber dieses Ziel, das Sie schon früh erkannt und benannt haben, es motiviert! Es motiviert zu Kreativität und Innovationsgeist. Es ruft zu Realitätssinn und Aufbruch auf. Denn allzu oft blenden wir noch immer aus, was Sie nicht müde werden zu betonen: Die Erde ist kein unendliches Rohstofflager und auch keine unendliche Deponie für unseren Müll und unsere Emissionen, jedenfalls nicht bei inzwischen sieben und bald noch mehr Milliarden Menschen. Aber schon ein Blick auf die Erfolgsbilanz deutscher Umwelttechnologie zeigt: Ein schonender und vorausschauender Umgang mit Ressourcen und Umweltleistungen ist nicht nur ökologisch wünschenswert und technisch möglich, sondern auch ökonomisch vorteilhaft.

Nun muss ich Ihnen, liebe Gäste, weder die Philosophie noch die Praxis eines klugen und weitsichtigen Umgangs mit Ressourcen und Energie erklären. Im Gegenteil: Um diesen Tisch ist so viel Sachverstand und Erfahrung versammelt, dass ich mich darauf freue, von Ihnen zu lernen. Aber ich will Ihnen doch sagen, was mich an dem erwähnten Beispiel praktischer Umweltpolitik, wie Klaus Töpfer sie betrieben hat, interessiert: Es zeigt, wie große Veränderungen im Kleinen beginnen, und es zeigt, wie wichtig nicht nur die technologischen, sondern auch die politischen und gesellschaftlichen Innovationen sind. Und schließlich zeigt es auch sehr schön Ihre Haltung und Ihre Fähigkeiten, lieber Herr Töpfer. Und ich denke dabei auch besonders an den Mut und die Fähigkeit, die als wichtig erkannten Schwerpunkte im eigenen Milieu durchzusetzen.

Da träumt sich einer nicht nur die Welt besser, sondern verändert das, was er als in seiner Verantwortung und in unseren Möglichkeiten liegend erkannt hat. Da bezieht einer seine Weltanschauung nicht aus Ideologie, sondern aus dem Anschauen der Welt – nicht erst seit Ihrer Zeit als Direktor des UN-Umweltprogramms in Nairobi. Da überwindet einer Widerstände – durchaus auch in Ihrer eigenen Partei – mit Überzeugungskraft und Sinn fürs Machbare, mit Geschick beim Aushandeln von Kompromissen und Hartnäckigkeit bei der Durchsetzung. Kein Wunder, dass Sie immer wieder gefragt werden, wenn es darum geht, widerstreitende Parteien zu gemeinsamen Zielen zu führen. Immer in dem Bewusstsein: Dort, wo wir Politik machen, wird es sich bestenfalls um das etwas Bessere handeln. Und immer in der Bereitschaft, das einmal für richtig Befundene in der jeweiligen Gegenwart neu zu betrachten und zu bewerten.

"Hoffnung ist Wahrnehmung des Möglichen", hat Carl Friedrich von Weizsäcker einmal gesagt. Darf ich Sie, lieber Herr Töpfer, einen hoffnungsvollen, einen fröhlichen Weltverbesserer nennen? Sie sind nicht einer von denen, die die Welt schlechter reden, als sie ist, sondern einer von denen, die sagen: "Aus Resignation heraus sind noch nie Probleme gelöst worden." Sie haben die so wichtige Gabe, die wir mit dem altertümlichen Begriff Zuversicht beschreiben, einer, der glaubt: Wir Menschen sind lernfähig, wir lassen uns von Erkenntnissen leiten, wir können "verändern durch Wissen". Und Sie stehen für eine zutiefst demokratische Überzeugung: Menschen müssen die Dinge zu ihrer Sache machen, aber das können sie nur, wenn sie sich kundig machen und eine Meinung bilden konnten. Es ist bewundernswert, wie unermüdlich Sie – als Gründungsdirektor des Potsdamer Instituts für Nachhaltigkeitsstudien und vielbeschäftigter Honorarprofessor – vor großem und kleinem Publikum immer wieder aufs Neue die politischen, wirtschaftlichen und – ganz wichtig – gesellschaftlichen Gelingensbedingungen für die Umstellung unserer Energieversorgung auf erneuerbare Quellen diskutieren. Wenn wir Ihre Energie anzapfen könnten, müsste uns um die Energiewende jedenfalls nicht bange sein!

Wollte ich jetzt die Liste Ihrer weiteren Verdienste auch nur halbwegs komplett vortragen, würde unser – übrigens mit regionalen Zutaten bereitetes – Mittagessen kalt. Darum nur ein paar Stichworte zu dem, was wir Ihnen sonst noch verdanken: die Errichtung eines Bundesamtes für Strahlenschutz, das FCKW-Verbot in Deutschland und Dioxin-Grenzwerte, das erfolgreiche Management der ökologischen Sanierung der ostdeutschen Länder nach der Wiedervereinigung und als Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau die Planung des für unser Land nicht minder wichtigen Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin. Wir verdanken Ihnen den Erfolg des sogenannten „Erdgipfels“ 1992 in Rio de Janeiro – und damit ein Aufbruchsignal an die gesamte Welt, die Aushandlung von Klimakonventionen der UN sowie die Stärkung der UN als umweltpolitischem Akteur.

All das haben Sie erreicht als hoffnungsvoller, fröhlicher Weltverbesserer und als pragmatisch handelnder Mann der politischen Praxis. Die Kombination aus beidem, sie hat Entscheidungen und Erfolge ermöglicht, für die ich Ihnen heute danke.

Erheben wir das Glas auf alles, was Sie, Herr Töpfer, geleistet haben und noch weiter leisten! Bleiben Sie nachhaltig gesund und energiegeladen!