Das ist heute ein bedeutender Tag und ein guter Tag. Die Auszahlungen an die ehemaligen Zwangsarbeiter konnten verwirklicht werden. Mehr als anderthalb Millionen Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft haben nun wenigstens eine symbolische materielle Entschädigung bekommen, und damit - was wohl mindestens genauso wichtig ist - eine öffentliche Anerkennung ihres Schicksals als Opfer des Nationalsozialismus.
Lange Zeit waren die Zwangsarbeiter die vergessenen, ja auch die verdrängten Opfer. Indem ihre Ansprüche auf Entschädigung abgelehnt wurden, wurde faktisch auch ihr Leid nicht als Leid anerkannt.
Dabei stellt gerade das Schicksal der Zwangsarbeiter ein besonders bezeichnendes Kapitel in der Schreckensgeschichte des Nationalsozialismus dar. Unter dessen Herrschaft in Europa wurden die Menschen in den besetzten Ländern nicht nur aus ideologischen und rassistischen Motiven terrorisiert, sondern auch massiv ökonomisch ausgebeutet. Zu dieser ökonomischen Ausbeutung gehört die Versklavung der Menschen, die als Zwangsarbeiter verschleppt wurden.
Auf nahezu allen Gebieten, in der Industrie wie in der Landwirtschaft, aber auch in Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen wurden sie eingesetzt. Davon haben letztlich - ob gewollt oder ungewollt - viele Deutsche profitiert.
Darum war es richtig und sinnvoll, dass nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern zu gleichen Teilen auch der Staat sich dazu verpflichtete, diesen Opfern eine materielle Anerkennung ihres Leids zuzusprechen. Die Gründung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft hatte darum eine außerordentlich hohe moralische und politische Bedeutung. Mein Vorgänger, Bundespräsident Johannes Rau, hat aus diesem Anlass am 17. Dezember 1999 eine feierliche Erklärung abgegeben, hier im Schloss Bellevue. Sie ist international stark beachtet worden.
Johannes Rau gab damals nicht nur seiner Erleichterung und seiner Dankbarkeit Ausdruck, dass es so viele Jahrzehnte nach dem Krieg nun endlich zu einer derartigen gemeinsamen Anstrengung gekommen war. Er machte gleichzeitig deutlich, dass sich alle, die sich an der Stiftungsinitiative beteiligten, Staat und Unternehmen, zu der gemeinsamen Verantwortung und zu der moralischen Pflicht bekannten, die sich aus dem begangenen Unrecht ergeben. Im Namen des Deutschen Volkes bat er um Vergebung.
Heute nun kann ich meinerseits Dankbarkeit und Erleichterung zum Ausdruck bringen. Darüber nämlich, dass die Stiftung die Aufgabe, die sie sich damals gestellt hat, nach sieben Jahren - und das ist in Anbetracht der Zahl der Betroffenen eine kurze Zeit - erfolgreich erfüllt und abgeschlossen hat. Mehr als 1,66 Millionen Opfer des Nationalsozialismus konnten so eine finanzielle Leistung empfangen.
Wir können alle gemeinsam froh darüber sein. Nicht nur die einhellige Unterstützung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages für das Stiftungsgesetz, auch die zu gleichen Teilen mit freiwilligen Beiträgen der deutschen Wirtschaft und des Staates finanzierte Stiftung stellt eine beispiellose Initiative dar. Eine Initiative allerdings, die bitter notwendig war auf dem Weg zu Frieden und Aussöhnung. Leid kann zwar nicht wiedergutgemacht werden, Opfer von Verbrechen können mit Geld nicht wirklich "entschädigt" werden, aber diese von der Stiftung erbrachten Leistungen haben doch dazu beigetragen, dass Leid als Leid anerkannt wurde und Schuld und Verantwortung einen auch materiell spürbaren Ausdruck bekamen.
Ich danke allen, die zu der erfolgreichen Arbeit der Stiftung beigetragen haben. Sie haben eine schwere Aufgabe in Angriff genommen, die die Vergangenheit gestellt hat. Sie haben dadurch aber gleichzeitig ein Tor geöffnet in eine gute, gemeinsame Zukunft.