"Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand"

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 6. Mai 2025

Bundespräsident Steinmeier hat dem Bundeskanzler und den Mitgliedern des Bundeskabinetts ihre Ernennungsurkunden überreicht. "In dieser Zeit ist es entscheidend, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und beherzt zu handeln", sagte der Bundespräsident an die neue Bundesregierung gerichtet.

Bundespräsident Steinmeier hält eine Ansprache zur Ernennung des neuen Bundeskabinetts

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, in der Demokratie verlaufen manche Tage mit etwas mehr Aufregung als von der Öffentlichkeit erwartet. Deshalb: Mit kleiner Verspätung gratuliere ich Ihnen noch einmal von Herzen zu Ihrer Wahl.

Sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister, ich darf Ihnen zu Ihrer Ernennung ebenfalls herzlich gratulieren.

Sie übernehmen gemeinsam große Verantwortung, für unser Land, für die Bürgerinnen und Bürger, für unsere Zukunft. Und so haben Sie auch Ihre Koalitionsvereinbarung überschrieben: Verantwortung für Deutschland.

Sie treten heute mit vereinten Kräften als neue Bundesregierung an und Sie tun dies in einer schwierigen Zeit. Einer Zeit, in der Frieden, Freiheit und Demokratie von verschiedenen Seiten zugleich angegriffen werden. Einer Zeit, in der vieles, was wir für stabil und sicher gehalten hatten, in Frage gestellt wird, unterhöhlt oder gar offen attackiert wird. Einer Zeit, in der wir neues Wachstum für unsere Wirtschaft brauchen, neues Vertrauen in unsere Demokratie, neue Wehrhaftigkeit nach innen und nach außen und neue Anstrengungen in der Diplomatie.

Die Erwartungen an unser Land sind groß: als wirtschaftlicher Anker und Motor, als Stimme der Vernunft, als Partner in Europa und in der Welt. Und all diese Erwartungen erfüllen sich nicht von selbst. Sie bedeuten Arbeit – viel Arbeit für die neue Regierung.

Sie wissen um die Größe der Herausforderung. Sie trauen sich zu, in dieser schwierigen Zeit Regierungsverantwortung zu übernehmen und die Dinge zum Besseren zu wenden. Das ist ehrenwert, das erfordert Mut. Und ich wünsche Ihnen und unserem Land, dass Sie sich diesen Mut bewahren, gerade dann, wenn es zwischendurch mal holpert und hakt, wenn Kompromisse schwer fallen, wenn der Wind Ihnen ins Gesicht weht.

Ich bin überzeugt: In dieser Zeit ist es entscheidend, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und beherzt zu handeln – überall da, wo unser Land besser, handlungsfähiger und zukunftsfähiger werden kann und werden muss. In dieser Zeit ist es entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen können und erfahren, dass der demokratische Staat handlungsfähig ist und Probleme lösen kann, dass er neue Antworten findet, wo alte nicht mehr tragen. Die Demokratie als Staatsform legitimiert sich nicht nur durch die Freiheit, die sie garantiert, sondern auch durch den Erfolg, mit dem Wohlstand und Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger geschützt und gestärkt werden.

Wenn diese Regierung Erfolg haben soll, dann kommt es ganz besonders auf die Frauen und Männer an, die heute hier stehen. Aber eben nicht nur auf die! Wenn wir Krisen überwinden, wenn wir einen neuen Aufbruch wollen, dann hängt es nicht nur an der Regierung, ob das gelingt, sondern auch an den Bürgerinnen und Bürgern. Auf uns alle kommt es an! Das Gelingen eines neuen Aufbruchs hängt auch daran, ob wir in Kleinmut und Selbstzweifeln verharren und die vermeintlich bessere Vergangenheit beschwören, oder ob wir mit Selbstbewusstsein und Zuversicht in die Zukunft schauen und die Chancen sehen, die wir ganz ohne Zweifel haben.

Ich bin mir sehr sicher, es würde unserem Land insgesamt guttun, wenn wir weniger darüber klagen, was fehlt, sondern mehr darüber sprechen, was wir gut können. Wo unsere Stärken sind. Wie viel wir schaffen, wenn wir gemeinsam anpacken. Die Bedrohungen, die Stürme unserer Zeit um uns herum: Vielleicht lassen sie uns ja ein Stück zusammenrücken in all unserer Verschiedenheit, aber mit dem gemeinsamen Interesse, dass dieses Land stark und gerecht und frei bleibt, friedlich und weltoffen zugleich und wirtschaftlich erfolgreich.

Die politische Verantwortung, die Sie übernehmen, ist groß. Sie verdienen unseren Dank, unseren Respekt, aber vor allem auch unsere Fairness im Umgang mit Ihnen und Ihren Entscheidungen. Es ist – ich sage das so klar – im Interesse unseres Landes, dass Sie Erfolg haben. Ich wünsche Ihnen Mut und Maß, Geduld in der Auseinandersetzung, Entschlossenheit im Handeln, Klarheit im Ziel und das stete Bewusstsein für das, was uns alle verbindet: die Verantwortung für die Demokratie und das Wohl derer, in deren Namen Sie handeln.

Ich wünsche Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihnen allen, verehrte Ministerinnen und Minister, eine glückliche Hand, und das zum Wohle unseres Landes.

Vielen Dank und gutes Gelingen!