Bundespräsident Joachim Gauck hat am 31. Januar Marianne Freifrau von Weizsäcker zum Tode ihres Mannes, des sechsten Bundespräsidenten Richard Freiherr von Weizsäcker, kondoliert. Bundespräsident Gauck schreibt:
"Die Nachricht erfüllt mich mit tiefer Trauer. Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt. Richard von Weizsäcker hat das Amt des Bundespräsidenten auf bleibende Weise geprägt.
Er war ein Zeuge des Jahrhunderts. Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa. Als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Mitglied des Deutschen Bundestages und Regierender Bürgermeister von Berlin hat er Brücken zu den Nachbarn gebaut. Das gilt in besonderer Weise auch für sein Wirken als Bundespräsident. Er vertiefte die Freundschaft mit den Partnern im Westen und suchte die Verständigung mit den Völkern im Osten. Schon früh sah er in der Überwindung der Spaltung Europas die einzige Möglichkeit zur Überwindung der Spaltung Deutschlands.
Richard von Weizsäcker stand weltweit für ein Deutschland, das seinen Weg in die Mitte der demokratischen Völkerfamilie gefunden hatte. Er stand für eine Bundesrepublik, die sich ihrer Vergangenheit stellt. In seiner großen Rede zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation machte er als Bundespräsident unmissverständlich klar: Der 8. Mai 1945 war ein ‚Tag der Befreiung‘ vom ‚menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft‘. Sein Diktum, dass der 8. Mai nicht vom 30. Januar 1933 zu trennen ist, ist eine nicht revidierbare Grundlage für unser Selbstverständnis und unser Handeln geworden.
Als erster Bundespräsident des vereinten Deutschland hat er einen großen Beitrag zum Zusammenwachsen der Bürgerinnen und Bürger aus Ost und West geleistet. Vielen Menschen hat er in dieser Zeit Halt und Orientierung gegeben. Als Bundespräsident verstand er es, auf Probleme und Missstände aufmerksam zu machen, Debatten anzustoßen und Perspektiven zu eröffnen. Für die meisten Menschen war er eine moralische Instanz.
Richard von Weizsäcker war ein Welt- und Staatsbürger im besten Sinne. Bis ins hohe Alter hat er sich auf nationaler und internationaler Ebene engagiert. Sein Rat war stets begehrt, denn er gründete auf geistiger Unabhängigkeit, intellektueller Weitsicht und einem Sinn für das politisch Machbare.
‚Gute Zukunft braucht klare Erinnerung‘ –, das war seine feste Überzeugung. Die Erinnerung zu bewahren und hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, waren ihm wichtige Anliegen, gerade auch im Hinblick auf die junge Generation. Es wäre gewiss in seinem Sinne, wenn wir dies als sein Vermächtnis annehmen und in Ehren halten.
Ich bekunde meinen aufrichtigen Respekt und tiefe Dankbarkeit gegenüber einem Mann, dessen Denken und Wirken für uns alle Ansporn und bleibende Verpflichtung sein wird. Richard von Weizsäcker hat sich um unser Land verdient gemacht. Wir werden ihn nicht vergessen."
Kondolenz zum Tod von Richard von Weizsäcker
Schwerpunktthema: Bericht
31. Januar 2015
Bundespräsident Joachim Gauck hat am 31. Januar Marianne Freifrau von Weizsäcker zum Tode ihres Mannes, des sechsten Bundespräsidenten Richard Freiherr von Weizsäcker, kondoliert. In dem Schreiben heißt es: "Richard von Weizsäcker hat das Amt des Bundespräsidenten auf bleibende Weise geprägt. Er war ein Zeuge des Jahrhunderts. Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa."