Teilnahme am Festival der Philosophie

Schwerpunktthema: Bericht

14. März 2014

Daniela Schadt eröffnete am 14. März eine Diskussionsrunde zum Thema Was ist Gerechtigkeit? im Rahmen des 4. Festivals der Philosophie in Hannover. Unter der Moderation von Michael Quante, Präsident der deutschen Gesellschaft für Philosophie, diskutierten der Philosoph Axel Honneth, der Soziologe Hartmut Rosa, Jena, und der Jurist Horst Dreier, Universität Würzburg, das Thema unter dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Fachrichtung.

Daniela Schadt im Austausch mit dem Italienischen Generalkonsul Gianpaolo Ceprini, Assunta Verrone und  Erich Barke (v.li.)

Daniela Schadt eröffnete am 14. März eine Diskussionsrunde zum Thema Was ist Gerechtigkeit? im Rahmen des 4. Festivals der Philosophie in Hannover. Unter der Moderation von Michael Quante, Präsident der deutschen Gesellschaft für Philosophie, diskutierten der Philosoph Axel Honneth, der Soziologe Hartmut Rosa, Jena, und der Jurist Horst Dreier, Universität Würzburg, das Thema unter dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Fachrichtung.

Das 4. Festival der Philosophie stand unter dem Motto Wie bitte geht Gerechtigkeit. Das Festival der Philosophie wird von der Leibniz Universität Hannover und der Landeshauptstadt Hannover unter Mitwirkung zahlreicher Institutionen und Kooperationspartner veranstaltet. Das Festival der Philosophie ist eine italienische Idee. Sie kommt aus Modena, wo seit 2001 jährlich ein Festival di filosofia stattfindet.

Ansprache von Daniela Schadt:

Was ist Gerechtigkeit? Ja, wenn wir das wüssten!

Seit Jahrtausenden wird darüber debattiert. Immerhin herrscht Konsens darüber, dass sie ein erstrebenswertes Ziel ist. Denn wie immer wir den Begriff definieren: Gerechtigkeit bezeichnet stets einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, eines Miteinanders, das durch eine Vielzahl von Individuen geprägt ist. Und genau da liegt die Krux: Die subjektive Komponente, die den Begriff für jeden ein klein wenig anders einfärbt, ist eines der zentralen Elemente, warum wir bislang kein allgemein- bzw. endgültiges Ergebnis erzielen konnten: Was für den einen gerecht sein mag, ist für den anderen womöglich eine Zumutung.

Nehmen wir zum Beispiel Robin Hood, den literarischen Helden unserer Kindertage. Er nahm den Reichen und teilte mit den Armen. Er wurde so zum Sinnbild für soziale Gerechtigkeit, aber auch für die willkürliche Umverteilung. War sein Handeln gerecht? Kann aus Willkür und Rechtsbruch Gerechtigkeit erwachsen? Juristisch gesehen dürfte die Frage sicherlich anders zu beurteilen sein als philosophisch oder soziologisch.

So wie es bislang aussieht, müssen wir uns mit der Erkenntnis bescheiden:

Es gibt keine absolute Gerechtigkeit, sondern nur das permanente Streben nach ihr. Gerechtigkeit ist das große Ziel, auf das wir täglich hinarbeiten. Wir werden es nie ganz erreichen, sagte der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof. Und er steht damit in einer langen, langen Tradition. Wir werden sicherlich auch heute keine allgemeingültige und zeitlose Definition der Gerechtigkeit festlegen. Das darf uns aber nicht daran hindern, uns immer wieder und in den unterschiedlichsten Kontexten mit dem Begriff auseinanderzusetzen. Jeder Mensch hat die gleiche Würde – wer das weiß und akzeptiert, muss die gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen aller Menschen, muss Gerechtigkeit, anstreben.

Wie wir uns dem Begriff der Gerechtigkeit unter philosophischem, soziologischem und juristischem Blickwinkel annähern können, werden gleich die Professoren Axel Honneth, Hartmut Rosa und Horst Dreier diskutieren.

Neben dem Thema der heutigen Diskussion hat mich die Idee interessiert, ein Festival der Philosophie zu veranstalten.

Aber warum sollten wir, die wir uns nicht wissenschaftlich mit Philosophie beschäftigen, ein solches Festival begehen? Überspitzt gesagt: Warum sollten wir uns neben unseren familiären Aufgaben und beruflichen Herausforderungen damit beschäftigen, was Intellektuelle und akademische Zirkel sich ausdenken und untereinander diskutieren?

Ich glaube, dass für viele Philosophie neben oder anstatt der Religion eine Art Kompass ist, der uns im unübersichtlichen Geflecht der Moderne vielleicht nicht den richtigen Weg, aber zumindest die Richtung weisen kann. Ich könnte mir vorstellen, dass das immense Informationsangebot im digitalen Zeitalter zu einer Orientierungslosigkeit führt, die für immer mehr Menschen eine Rückbesinnung auf eine der zentralen Fragen der Philosophie und der Religion notwendig erscheinen lässt.

Kurz: Es ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Lebens, die schon Sokrates, Platon und Aristoteles vor weit über 2000 Jahren beschäftigte. Soweit wir wissen, ist der Mensch das einzige Lebewesen, das sich diese Frage stellt. Ein fragiles Fragezeichen wird somit zum Bollwerk gegen eine Realität, die uns stets aufs Neue zu überwältigen droht. Weil wir darauf pochen, Subjekte – und nicht nur Objekte – unserer Geschichte zu sein, suchen wir eine Alternative zu Wirtschaftsinteressen und materiellem Wachstumszwang, zu unreflektiertem Medienkonsum, zur Kapitulation des Individuums vor den Erkenntnissen der Neurobiologie und Genetik.

Nicht zuletzt die Tatsache, dass Ratgeber zu allgemeinen Lebensfragen und philosophische Zeitschriften seit Jahren boomen, zeigt, dass die Philosophie wieder dorthin will, wo sie herkommt: in den öffentlichen Raum, auf den Marktplatz, die Agora, wo einst Sokrates seine Mitbürger ins Gespräch zog. Noch von der Athenreise des Bundespräsidenten in der vergangene Woche inspiriert, freue ich mich, dass das Festival der Philosophie eine solche Agora bieten kann. Dafür möchte ich den Veranstaltern und ihren Unterstützern im Namen aller Teilnehmer danken.

Nun bin ich gespannt, wie uns die Experten der unterschiedlichen Fachrichtungen durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten des Begriffs der Gerechtigkeit navigieren und hoffe, dass sie uns damit Kompass für eine nicht ausschließlich durch Unterhaltungsmedien und Wirtschaftsinteressen geprägte Gesellschaft sein können.